0930 - Angriff der DYNASTIE
verbringen. Jede Trennung war ihnen von je her schwer gefallen. Es dauerte eine ganze Weile, bis sie sich voneinander lösen konnten.
Dann jedoch blieb Vinca allein in dem Haus unweit von El Paso zurück. Die Trennung musste sein, denn hier zeigten sich bei Lakir erneut die Entzugserscheinungen. Auf Maiisaros Welt würden sie gelindert und irgendwann einmal vollkommen verschwunden sein.
Vinca tröstete sich mit diesem Gedanken.
Dennoch dauerte es sehr lange, ehe er alleine in dem großen Bett Schlaf finden konnte.
***
Nazarena Nerukkar trat an eines der Wandregale heran.
Ihr kritischer Blick hatte registriert, dass ihr Folterwerkzeug gereinigt werden musste.
Starless' Arm bot nun einen entsetzlichen Anblick, doch das reichte der ERHABENEN noch lange nicht. Sie wollte ein Exempel statuieren, ein Paradigma sondergleichen.
Wenn sie mit dem Vampir fertig war, würde sie ihr Werk dokumentieren und es bei der passenden Gelegenheit an bestimmen Stellen öffentlich machen. Offenbar gab es noch immer Kreise, die davon ausgingen, man könne mit den ERHABENEN der DYNASTIE gewisse Spielchen spielen.
Das weiche Tuch war mit einer reinigenden Flüssigkeit getränkt. Vorsichtig zog Nerukkar es über die Klinge, bis sie mit dem Ergebnis zufrieden war. Hinter sich hörte sie, wie Starless mit den Beinen gegen den Glaskasten schlug, der nun tatsächlich sein Sarg werden würde. Nazarena erinnerte sich an etwas, dass ihr vor langer Zeit zugetragen worden war. Die Menschen kannten und schätzen Geschichten, die sie Märchen nannten - völlig übertriebene, oft mit sexuellen und gewalttätigen Anspielungen durchsetzte Erzählungen von Königen, Prinzessinnen und merkwürdigen Monstrositäten. In einem dieser Märchen spielte ein gläserner Sarg eine Rolle, nicht unähnlich dem Behältnis, in dem der Vampir nun sterben sollte.
Das Märchen endete allerdings - wenn die ERHABENE sich da richtig erinnern konnte - mit einem sogenannten Happy End, denn die Prinzessin, die in diesem transparenten Sarg zur ewigen Ruhe getragen werden sollte, erwachte aus ihrer todesähnlichen Starre und heiratete einen schönen Prinzen. Ewige Ruhe… welch seltsame Übereinstimmung, denn es war eine Ewige, die Bibleblacks Dasein beenden würde, die ihn zur Ruhe führte - wenn auch auf eine äußerst unangenehme Art und Weise.
Noch einmal klang das knackende Geräusch auf, der Körper des Vampirs wehrte sich noch gegen das nahende Ende. Nazarena beendete den Reinigungsvorgang und hielt die Klinge hoch ins Licht. Ja, jetzt glänzte sie wieder und war bereit für den Einsatz.
»Findest du nicht auch, dass du einen mehr als dummen Fehler gemacht hast?« Sie sprach - mit dem Rücken zu Starless stehend - mit dem Vampir, der doch keines ihrer Worte mehr bewusst wahrnehmen konnte. Das war ihr natürlich klar, doch dieser Monolog bereitete ihr eine gewisse zusätzliche Befriedigung.
»Du hättest den Machtkristall nie und nimmer diesem Tan Morano übergeben dürfen. Was hat er dir versprochen, damit du mich verraten solltest? Blut? Nein, dass hast du dir sicher auch ohne den Alten immer leicht besorgen können. Reichtum? Den hättest du auch bei mir haben können. Vielleicht war es Macht - ja, das wird es wohl gewesen sein. Der kleine Bibleblack wollte nicht nur dienen, er wollte beherrschen. Irgendwo kann ich das sogar verstehen. Macht ist wie eine Droge, der wir nicht widerstehen können, nicht wahr? Macht, sich nehmen zu können, wonach es einem gelüstet. Egal ob das Gegenstände sind, vielleicht sogar ganze Welten… oder nur einen Körper, nach dem es einen gelüstet. Doch auch bei mir hättest du eine gewisse Macht bekommen können - du hättest mir nur treu sein müssen. Treu und loyal…«
»Vielleicht war es ja auch nur der Wunsch, einem wahren König dienen zu können, einem Herrn über alle Vampire - oder die Tatsache, dass ich von dir und deiner DYNASTIE einfach nur angeekelt war.«
Nazarena Nerukkar erstarrte mitten in der Bewegung.
Die Stimme, die in ihrem Rücken erklungen war, musste einfach die Ausgeburt ihrer Fantasie sein. Für eine Sekunde schloss die ERHABENE die Augen. Nein, das war Realität, auch wenn es absolut unmöglich war.
Ganz langsam drehte sie sich um ihre eigene Achse. Starless stand aufrecht neben dem Glasgefängnis, das er mit dem Fuß zur Seite schob. Sein Arm sah grauenvoll aus, doch das schien ihn nicht großartig zu behindern.
»Du… du warst schon beinahe tot… du…« Nazarena fand keine Worte.
Starless
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