0933 - Die Horror-Mühle
Stolze.«
Sie dachte kurz nach. »Grillhütten«, murmelte sie dann. »Es gibt zwei Grillhütten in der Nähe.«
»Sehr gut.«
»Nein, nicht sehr gut, Herr Sinclair. Die Hütten eignen sich nicht. Sie liegen zu frei. Es gibt Zufahrten, die extra hergerichtet wurden. Dort halten sich auch zu viele Spaziergänger auf. Nicht alle befinden sich auf dem Rummel. Wir leben hier in einer Gegend, wo andere Urlaub machen. Die Menschen suchen die Ruhe in der Natur. Viele Spaziergänger und Wanderer sind hier unterwegs. Vielleicht hat ihn jemand mit den Kindern gesehen.«
»Aber sicherlich existieren auch Blockhütten im Wald«, sagte Harry Stahl.
»Nicht daß ich wüßte.«
»Und zwischen den Orten? Ich kann mir vorstellen, daß es immer einsame Gehöfte gibt, die leerstehen. Keine Menschen, aber Scheunen und Schober, denke ich.«
Die Frau überlegte. »Da haben Sie schon recht, Herr Stahl«, sagte sie nach einer Weile.
»Das ist gut.«
»Aber sie liegen ziemlich verstreut. Es dauert immer eine Weile, bis man sie erreicht hat. Ich habe das Gefühl, daß sie gar nicht so weit weg sind.« Plötzlich sprach sie schneller weiter. »Aber Sie haben mich da auf eine Idee gebracht.«
»Und?«
»Es gibt hier in der Nähe einen Bau, der leersteht. Er soll unter Denkmalschutz gestellt werden. Man will ihn auch renovieren, damit er besichtigt werden kann. Es ist eine alte Mühle. Sie liegt ziemlich dicht an der Straße und…«
»Ist sie bewohnt?«
»Nein, man hat sie stillgelegt.«
Harry schaute mich an. »John, was sagst du dazu? Wäre das nicht eine Chance?«
Ich brauchte nicht lange nachzudenken. »Immer. Außerdem ist es besser, als hier herumzusitzen. Wir werden uns die Mühle anschauen. Können Sie uns den Weg beschreiben, Frau Stolze?«
»Können schon, aber das werde ich nicht.«
»Warum nicht?«
»Weil ich mitgehen werde.« Sie sah es meinem Gesicht an, daß es mir nicht paßte, und sie sprach sofort dagegen. »Hören Sie, es sind meine Kinder. Ich bin letztendlich für sie verantwortlich, trotz allem. Ich will wenigstens etwas tun. Etwas wiedergutmachen. Verstehen Sie?«
»Ja, ich habe begriffen.«
Harry Stahl winkte der Bedienung, um zu zahlen. Wir alle wußten nicht, ob wir richtig lagen oder ob wir durch die Fahrt zur Mühle nur Zeit verloren.
Hätten wir es nicht versucht, wären die Vorwürfe groß gewesen. Also mußten wir endlich einmal anfangen…
***
Es gab diese Gudrun nicht. Es gab also auch kein Essen, das sie gekocht hatte. Aber was gab es denn?
Nur ihn!
Nur diesen Mann, der beiden Kindern plötzlich suspekt war. Er kam ihnen nicht mehr geheuer vor. Seine Worte hatten sie geschockt und steif gemacht. Sie wußten nicht, was sie darauf sagen sollten. Aber beide spürten sie die Furcht, die wie Eiswasser in ihren Blutgefäßen von unten nach oben kroch.
»Keine Gudrun?« flüsterte Silvia. Wieder konnte Buzea ein Kichern nicht unterdrücken. »Nein, keine Gudrun. Du hast es schon richtig verstanden, meine Kleine. Ihr und ich, wir sind hier allein.« Er schlich näher an die Kinder heran und legte ihnen die Hände auf die Schultern. »Wir sind ganz unter uns, versteht ihr das? Ganz allein.«
Sie hatten es verstanden. Alt genug waren sie. Aber sie konnten beide nichts sagen. Die Kehlen waren zugeschnürt von den unsichtbaren Fesseln der Furcht. Vielleicht wollten sie an etwas denken, aber auch das schafften sie nicht. Zuviel wirbelte durch ihre Köpfe, und sie merkten den leichten Druck, mit dem sie nach vorn geschoben wurden. »Wir werden jetzt gehen«, sagte Buzea, »und ich werde euch mein kleines Reich hier zeigen. Diese Mühle gehört jetzt mir. Niemand aus dem Ort weiß davon. Ich habe sie einfach in Besitz genommen. Das war ich mir und der verdammten Gesellschaft schuldig, die mich über acht Jahre aus dem Verkehr gezogen hat. Außerdem werde ich euch meine Heiligen zeigen, und das ist etwas Besonderes.«
»Welche Heiligen?« flüsterte der Junge.
»Keine Sorge, ihr werdet sie noch sehen. Ihr werdet alles zu Gesicht bekommen. Freunden soll man es zeigen, und ihr seid doch meine Freunde, oder nicht?«
Die Kinder schwiegen, was Buzea wiederum ärgerte. »Warum sagt ihr nicht, daß ihr meine Freunde seid?«
Silvia gab eine Antwort. Es war besser, wenn sie sprach, das wußte sie.
»Ja, wir sind deine Freunde.«
Er löste den Druck der Hände von ihren Schultern. »Gut, dann wollen wir gehen…«
Seine Worte klangen wie ein böses Versprechen. Um sich gegenseitig Halt zu geben, faßten
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