0933 - Die Horror-Mühle
genau verstanden.
Eigentlich hatten sie damit gerechnet, daß es ausgesprochen werden würde, und sie waren nicht überrascht deswegen. Aber jetzt, wo es tatsächlich über die Lippen dieses Menschen geflossen war, da sahen sie ihn mit anderen Augen an, und auch bei Jens war der Widerstand zusammengebrochen. Er nickte zum Zeichen, daß er einverstanden war, dann lief er auf die Tür zu und zerrte sie auf.
Buzea hielt noch immer Jens Schwester. Sie war steif geworden. Sie wagte nicht, sich zu rühren, denn die Hand des Killers lag wie ein stumpfes Fallbeil auf ihrem Nacken.
Er schaute in einen düsteren Raum, in dem zunächst nichts zu erkennen war. Abgesehen von zwei helleren Flecken, die allerdings von den Schatten mehr verschluckt wurden. So konnte er nichts Genauer erkennen und wurde zudem von der Stimme des Mannes abgelenkt.
»Ihr werdet dort hineingehen. Der Raum ist dunkel. Ihr könnt aber Licht machen. Ich werde euch eine Taschenlampe geben.« Er hatte sie bereits hervorgeholt und steckte sie in Silvias rechte hintere Hosentasche. Dann drückte er das Mädchen vor, damit es ebenfalls die Schwelle überschreiten konnte wie sein Bruder.
Beide Kinder traten in das Dunkel hinein, und es wurde noch finsterer, als Buzea die Tür zuknallte und sie das Geräusch eines sich zweimal drehenden Schlüssels hörten.
Die Kinder waren eingeschlossen, gefangen in der Finsternis. Und sie hörten von draußen die helle Stimme des Mannes, der mit sich selbst sprach.
Dann drang das Geräusch von Tritten an ihre Ohren. Zuerst noch recht deutlich. Sekunden später aber hörten sie nichts mehr. Da hatte sich der Mann entfernt.
Um sie herum war es still geworden. Totenstill…
Und beide hielten den Atem an, als trauten sie sich nicht, irgendein Wort zu sagen.
Jens machte den Anfang. »Silvia…?«
»Ich bin neben dir.«
»Gut, gut.«
»Wir haben kein Fenster, Jens.«
»Ich weiß.«
»Der Mann hat abgeschlossen.«
Jens schluckte. »Wir sind gefangen.«
»Und mir ist kalt. Ich friere richtig.«
Der Junge hätte seiner Schwester gern seine Jacke gegeben, aber er hatte ja gar keine dabei. So konnte er nur vorschlagen, sie in den Arm zu nehmen und zu wärmen.
»Ja, tu das. Du zitterst ja«, flüsterte Silvia.
»Du aber auch.«
»Frierst du denn?«
»Nicht so besonders.«
»Ich immer noch.«
Jens zog die Schwester zu sich herum. Die beiden Kinder umarmten sich, und sie mußten beide weinen. Jens wollte nachdenken. Es fiel ihm schwer. Er wußte nur, daß sie gefangen waren, und das erinnerte ihn wieder an manches Märchen. Da waren auch Kinder gefangen genommen worden. Von bösen Menschen oder Hexen. Von irgendwelchen Riesentieren oder Monstren, und im Märchen waren die Kinder immer gut aus der Sache herausgekommen. Da hatte das Böse stets verloren.
Das Böse hatte verloren!
Jens versuchte, sich aufzurichten, aber viel Hoffnung hatte er nicht. Trotz seines jungen Alters wußte er, daß Märchen eben Märchen waren und keine Wirklichkeit. Geschichten, die sich jemand ausgedacht hatte. Hier aber waren sie tatsächlich gefangen genommen und eingesperrt worden.
Silvia zitterte. Sie fror schlimm. Oder war es einfach nur die Angst, gegen die sie nicht ankam?
Jens streichelte den Rücken seiner Schwester. Es sagte ihr etwas ins Ohr, aber er wußte selbst nicht, was er da gesprochen hatte. Zudem kriegte er keine Antwort.
Die beiden Kinder standen in der Stille ihres Gefängnisses und wußten nicht, was sie tun sollten. Die Angst vor Buzea war groß geworden. Er hatte von irgendwelchen Heiligen gesprochen, nur glaubten sie nicht daran, daß es die gab.
Heilige sind gute Menschen. Buzea aber war schlecht, er war abgrundtief schlecht und widerlich. Er war der böse Mann aus dem Märchen, und er hatte auch vom Teufel gesprochen, denn der kam in den Märchen auch vor.
Jens hielt seine Schwester nicht so fest, als daß sie sich nicht hätte bewegen können. Sie drehte sich etwas zur Seite, und beide hörten plötzlich ein dumpfes Geräusch, weil neben ihnen etwas zu Boden gefallen war.
Silvia erschrak. »Was war das?«
»Weiß nicht.«
»Es war aber hier - nicht?«
»Ja, ja«, sprach der Junge zitternd. »Wollen wir nachschauen?«
»Willst du denn?«
»Ich will hier weg!« Jens hörte einen überraschten Laut. »Jetzt weiß ich es.«
»Was weißt du?«
»Das Geräusch, Jens. Da ist was gefallen. Die Lampe. Sie ist mir aus der Tasche gerutscht.« Silvia konnte plötzlich lachen, und es klang sogar
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