0933 - Die Horror-Mühle
umstanden ihn. Sie waren überall, sie hatten sich verteilt, die Mühle gehörte ihnen.
Seine Heiligen waren da. Sie hatten ihn ge- und erhört. Und sie warteten darauf, daß er ihnen die Opfer brachte…
***
Ich konnte mir vorstellen, daß es Harry Stahl und Helga Storze ebenso erging wie mir. Irgendwo kam es jetzt auf jede Minute an, und deshalb beeilten wir uns auch so. Ich war aufgeregt, mein Herzschlag konnte nicht mehr als normal angesehen werden. Ich fürchtete mich vor der nahen Zukunft wie ein Kind vor der Finsternis des Kellers.
Wir hatten es hier zwar mit einem Menschen zu tun, einem Mörder, aber auf der anderen Seite sah ich ihn auch als ein magisches Phänomen an.
Ich wußte nicht genau, wie ich ihn einordnen sollte. Er gehörte zum Kreis der Menschen, aber er war auch jemand, dem sich die andere Welt eröffnet hatte.
Eine Welt, die so vielfältig und unberechenbar war, daß man sie weder erfassen, noch beschreiben konnte. Sie hatte einfach zu viele Facetten, aber im Prinzip war sie düster und ungemein schlecht. Die Welt der Dämonen, des Bösen, des Teufels, wie auch immer. Und zugleich die Welt, die von jemandem regiert und in Bewegung gehalten wurde, das absolut Böse schlechthin war, nämlich Luzifer.
Ich hatte über diesen Buzea nachgedacht. Vom Ansehen her kannte ich ihn nicht. Was in den Akten stand, mochte zwar der Polizei dienen, mir allerdings weniger. Denn dort gab es nur Fakten zu lesen. Da war aufgeführt worden, welche Taten dieser Mann begangen hatte, aber über Motive hatte ich nichts lesen können.
Sie waren nach wie vor in einer tiefen Dunkelheit versteckt. So tief wie die schwarze Seele dieses Alfons Buzea.
Ich hatte auch daran gedacht, ihn zu den Kreaturen der Finsternis zu zählen. Daran aber glaubte ich nicht so recht, denn als Kreatur der Finsternis hätte er sich nicht jahrelang hinter Gitter sperren lassen. Da wäre er früher ausgebrochen. Aber er hatte gewartet. Eiskalt auf seine Rache hingearbeitet, die er teilweise schon hatte erfüllen können.
Und noch eine unbekannte Größe beschäftigte mich. Es war die Stimme, die ich in der Höhle vernommen hatte. Dieses geisterhafte Wesen, dessen Sprache so neutral gewesen war. Und doch kannte ich sie.
Während wir den Weg zur Mühle eingeschlagen hatten, zerbrach ich mir darüber den Kopf. Noch immer bekam ich es nicht in den Griff. Sie war eine Größe, auch eine bekannte, aber…
Harry sprach mich an, weil Helga Stolze, die vor uns herging, stehengeblieben war. Sie hielt sich am Rand der Straße auf, atmete tief durch und wußte nicht, wie sie sich verhalten sollte. Noch immer schien die Sonne mit voller Kraft und hatte uns alle drei ins Schwitzen gebracht.
»Was ist denn los?« fragte ich. »Keine Ahnung. Sie sing plötzlich nicht mehr weiter. Als ich sie fragte, gab sie mir keine Antwort. Versuch du es mal.«
Helga Stolze stöhnte. Ihre Lippen zitterten. Die Augen waren weit geöffnet und wirkten gläsern. Sie starrte über die Straße hinweg, als wäre sie mit ihren Gedanken woanders. Als ein Wagen dicht an ihr vorbeifuhr, reagierte sie nicht mal. Helga Stolze schien sich gedanklich weit weg zu befinden. Erst als ich sie sanft vom Rand der Straße zurückzog, da kam sie wieder zu sich, und ihr Blick wurde normal.
»Frau Stolze…?«
Sie hörte meine Stimme. Mit einer langsamen Bewegung wischte sie über ihr Gesicht und hauchte: »Das ist es wohl gewesen. Ja, das ist es wohl gewesen…«
»Was gewesen?«
»Die Kinder - sie sind seine Gefangenen. Er hat sie sich gekrallt und wird sie töten wollen.«
Ich stellte mich vor die Frau und drehte der Fahrbahn den Rücken zu.
»Ruhig, Frau Stolze, bitte seien Sie ruhig. Sie dürfen jetzt nichts überstürzen.«
»Nein, das tue ich auch nicht. Aber ich…« Sie konnte es kaum aussprechen. »Ich hatte wieder Kontakt. Verstehen Sie?«
»Sie meinen die Stimme?«
»Ja, ja.« Die Antwort wurde von einem zweimaligen Nicken begleitet.
»Die Geisterstimme.«
»Das ist gut.«
»Warum?«
»Es zeigt uns, daß wir nicht allein sind, Frau Stolze. Wir werden beobachtet.«
»Und weiter?«
»Nichts weiter. Ich möchte nur wissen, was Ihnen die Stimme gesagt hat. Wissen Sie jetzt mehr?«
»Ja, ich glaube schon, daß ich jetzt mehr weiß. Der will sie töten, er will Silvia und Jens einfach töten. Ist das nicht grauenvoll, Herr Sinclair?«
»Ja, das ist es«, stimmte ich ihr zu. »Aber ich denke doch, daß wir noch eine Chance haben.«
»Ha«, krächzte sie. »Welche
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