0937 - Die Rückkehr des Amuletts
Jahre vergöttert und verflucht und in den letzten Wochen schmerzlich vermisst hatte.
Merlins Stern!
Freudige Erregung packte den Professor. Er machte zwei Schritte auf das Amulett zu, aber Asmodis' ausgestreckte Hand hielt ihn zurück. »Du hast es so lange nicht gehabt. Jetzt sollte es auf ein paar weitere Minuten auch nicht mehr ankommen, oder was meinst du? Es sei denn, du möchtest auf meine Erläuterungen verzichten. Das würde ich dir allerdings nicht raten.«
»Ja, schon gut.« Zamorra stand betont lässig da, die Hände in der Hosentasche. Wieder grinste er. »Mich hat gerade die Wiedersehensfreude übermannt, weißt du. Denn irgendwie habe ich das Gefühl, dass in diesem Moment die große Familienzusammenführung beginnt. Merlins Stern kommt wieder zu mir zurück. Auch wenn's blöd klingt, das ist, als ob ein verlorenes Kind nach Hause findet. Und wenn das alles wieder passt, dann findet auch Nicole wieder zu mir zurück.«
»Was sicher kein allzu großer Verlust wäre, wenn's nicht so kommt«, erwiderte Asmodis, der Duval nach wie vor in gegenseitiger herzlicher Abneigung zugetan war.
»Schon klar, dass wir in diesem Punkt total gegensätzlicher Auffassung sind. Was mir aber gerade auffällt: Wenn ich Erläuterungen brauche, dann ist eben nicht mehr alles wie zuvor. Oder willst du lediglich mein Wissen über die Geheimnisse des Amuletts ein wenig erweitern?«
»Willst du noch auf eine Tasse Kaffee mit nach oben kommen?« Heute schien der Tag des Grinsens und Gegenfragens angesagt zu sein. »Ich denke, im Sitzen plaudert sich's leichter.«
Zamorra nickte. »Aber immer doch. Heißt das, dass hiermit der Entzug des Besuchsrechts wieder aufgehoben ist?«
»Vorübergehend. Denn ich habe immer noch nicht aufgeräumt.« Mit diesem Spruch hielt Asmodis momentan alle Besucher von den heiligen Hallen Caermardhins fern. »Deswegen gilt meine großzügige Einladung auch nur für den Raum, in den wir uns nun begeben werden.«
Zamorra zuckte die Schultern und machte erneut einen Schritt auf das Amulett zu.
»Stopp. Das bleibt im Moment noch, wo es ist«, befahl Asmodis. Er drehte sich dreimal um seine Achse, murmelte einen Zauberspruch und berührte Zamorra, bevor er in die Para-Linien des Magischen Universums eintauchte. So riss er den Meister des Übersinnlichen mit in die Teleportation, die in einem kleinen Raum endete. Aber was für ein Raum! Zamorra hatte das Gefühl, sich plötzlich inmitten des Universums zu befinden, frei darin zu schweben. Dann merkte er, dass er auf festem Grund stand, fast wie auf Glas und so kamen ihm auch die Wände vor. Für einen Moment genoss er die praktisch unbegrenzte Rundumsicht. Überall glitzerte und funkelte es auf dem tief schwarzen, samtenen Hintergrund, er sah bunte Nebel, eine Supernova-Explosion und gigantische Gluten, die auch in seine Richtung geschleudert wurden. Doch er empfand keine Angst mehr davor. Dann ging er zum Tisch und den beiden Stühlen, die frei im All zu stehen schienen. Dabei erinnerte er sich an das untergegangene Spiegeluniversum von Myrrian-ey-Llyrana , in dem er Zeuge der Entstehung von Merlins Stern geworden war. Auf dem Planeten, auf den ihn Merlin gebracht hatte, war es so ähnlich gewesen, vom Tisch und den Stühlen einmal abgesehen. [3]
»Was sagst du zu meiner Aussichtsplattform, Zamorra? Schon beeindruckend, nicht wahr. Aber nimm doch Platz.« Asmodis deutete auf einen der Stühle.
Zamorra ging darauf zu. Fast staksend, wie auf Eis. Bei jedem Schritt fühlte er sein Herz höher schlagen, denn jetzt, da er sich bewegte, kam das unangenehme Empfinden zurück, schutzlos zu sein, gleich über eine Kante zu treten und direkt in diesen unglaublichen Abgrund hinein zu stürzen. Auch als er sich setzte, traute er der Sache immer noch nicht so recht. »Wahnsinn«, flüsterte er. »Hast du diesen Raum von Merlin geerbt? Oder ihn selbst angelegt?«
Asmodis kicherte. »Ich will mich nicht mit falschen Lorbeeren schmücken. Dieses Prunkstück hier hat mein toter Bruder geschaffen.« Er setzte sich Zamorra gegenüber. Zwei Sterne, die direkt über dem Tisch zu schweben schienen, verwandelten sich wie von Geisterhand in Gläser. In dem Zamorras glänzte eine gelbliche Flüssigkeit.
»Islay Single Malt, mindestens dreißig Jahre alt, so wie du ihn liebst«, klärte ihn der Hausherr auf.
»Danke, sehr nett.« Zamorra war wider Willen beeindruckt.
Asmodis kippte sein Glas mit einer tiefroten Flüssigkeit und seufzte behaglich. »Menschenblut tut
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