0938 - Armada der Orbiter
Sendung „Abenteurer unserer Zeit erzählen", die alle vierzehn Tage durch die Trivideo-Scheinkuben flimmerte.
Danach streckte er sich auf der Varioliege aus, tastete sich am danebenstehenden Servotisch einen doppelten Whisky und konzentrierte seine Aufmerksamkeit auf die Sendung.
Der Vorspann zeigte kurze Ausschnitte aus den bisherigen Sendungen, dann „sprangen" die dreidimensionalen Abbilder zweier Kleingalaxien in den Scheinkubus. Gleichzeitig ertönten die Klänge einer Sinfonie. Als Tifflor sah, daß der Mischcomputer des Sendekomplexes eine normalerweise kaum sichtbare Materiebrücke aus Wasserstoff verstärkte, wußte er, daß es sich bei den beiden Kleingalaxien um die Magellanschen Wolken handelte.
Er nippte an seinem Glas, genoß das Aroma des uralten Malzwhiskys und hatte alle Probleme vergessen.
Im nächsten Moment hätte er beinahe den kostbaren Whisky verschüttet, denn das Abbild des Abenteurers, der an diesem Abend vorgestellt wurde, erinnerte ihn an zuviel Ärger und Verdruß, als daß er ruhig bleiben konnte.
Für einen Augenblick glaubte er sogar, Cern Jost wüßte, daß er, Julian Tifflor, sein Vorgesetzter, die Sendung ebenfalls verfolgte, denn der Liga-Kundschafter lächelte maliziös.
Ansonsten war Cern Jost schon eine beeindruckende Persönlichkeit. Er war erst vierzig Jahre alt, athletisch gebaut, hatte ein hohes braungebranntes Gesicht, einen schmalen Schädel mit leicht gewelltem hellblondem Haar und trug eine gehörige Portion Selbstbewußtsein zur Schau.
Als Tifflor ihn zum letztenmal gesehen hatte, war Cern Jost an Bord seines Kundschafterschiffs gewesen und hatte den rechten Arm um die Schultern eines zierlichen und außergewöhnlich schönen weiblichen Wesens gelegt, das er süffisant als Kmya Loo Tlyander, Botschafterin eines akonischen Splittervolks vorgestellt hatte - und damals war er gerade von einem Erkundungsflug aus den Magellanschen Wolken zurückgekehrt.
Das war vor über einem Jahr gewesen!
Einen Monat später war Cern Jost Homer G. Adams überstellt und mit einem Sonderauftrag zur galaktischen Eastside geschickt worden.
Wie lange mag er schon zurück sein - ohne sich bei mir zurückgemeldet zu haben?
Als Cern Jost über seine Erlebnisse während des Erkundungsflugs durch die Magellanschen Wolken berichtete und laufend Filmaufnahmen eingeblendet wurden, die er anscheinend als sein privates Eigentum betrachtete, denn er hatte sie Tifflors Stab niemals zur Auswertung vorgelegt, was seine Pflicht gewesen wäre, tastete Julian Tifflor wütend ein anderes Programm.
Doch er sah überhaupt nicht, was durch den Trivideo-Scheinkubus flimmerte - und er hörte auch nichts, denn seine Gedanken kreisten um den Mann, der schon immer durch seine Disziplinlosigkeit aufgefallen war, aber auch durch seine Erfolge.
In Tifflor stritten sich gegensätzliche Regungen. Die eine sagte ihm, diesmal müsse er Jost endlich für seine neuerliche Disziplinverletzung bestrafen, denn es war ungeheuerlich, daß der Vorgesetzte erst durch eine Televisionssendung erfuhr, daß sein bester Liga-Kundschafter vor Tagen, Wochen oder Monaten von einem Einsatz zurückgekehrt war - und die andere sagte ihm, daß Cern Jost genau der richtige Mann dafür war, herauszufinden, wie die mehrfach vorhandenen Flibustier dorthin gekommen waren, wo man sie schließlich erkannt und verhaftet hatte. Wenn einer es schaffen konnte, ihrer Herkunft nachzugehen, dann hieß er Cern Jost.
Tifflor stellte sein Glas auf den Servotisch zurück, schwang sich von der Varioliege und eilte zum Schott.
Kurz davor blieb er nachdenklich stehen, dann kehrte er um, leerte das Glas, seufzte und verließ endgültig seine Unterkunft.
Er fuhr mit einem der Gleitbänder, die sich durch die Korridore bewegten, zur nächsten Schwebehalle, bestieg eines der elliptischen Fahrzeuge und programmierte mit Hilfe der Sensorpunkte des Programmpults den Kurs.
Wenige Minuten später betrat er die Hauptkontaktzentrale NATHANs, die von den Benutzern seit einiger Zeit den Scherznamen Inpotron-Palast erhalten hatte. Es handelte sich um eine ganze Sektion innerhalb von Imperium Alpha.
Als Erster Terraner erhielt er anstandlos eine Direktverbindung mit der lunaren Inpotronik. Er berichtete NATHAN in knappen Sätzen von den Verhaftungen mehrfacher Flibustier und dem Verhör Kayna Schattens und Markon Treffners und ließ sich eine Analyse geben.
Wie er erwartet hatte, warnte NATHAN vor Spekulationen und forderte mehr Fakten an, um eine brauchbare
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