0938 - Rabenherz
Butler! Er würde dir alles bestätigen.«
Zamorra lachte. »Da kennst du William aber schlecht.«
Es war ein regnerischer Nachmittag gewesen, doch inzwischen war die Wolkendecke aufgerissen und ließ ein paar zaghafte Strahlen der Abendsonne passieren. Gott sei Dank, denn der Professor wollte die M-Abwehr noch unbedingt vor Sonnenuntergang erneuern, selbst wenn es aus Kübeln gegossen hätte.
Dämonen und ähnliches Kroppzeug waren in der Regel nachtaktive Wesen. Da sich in der Zwischenzeit herumgesprochen hatte, dass Château Montagne von einem für Schwarzblütler undurchdringlichen Schirm umgeben war, rechnete Zamorra nicht damit, dass ausgerechnet in dieser Nacht ein Angriff erfolgen würde. Woher sollten die bösen Buben auch wissen, dass die M-Abwehr kurzzeitig außer Betrieb war? Dennoch wollte er es nicht riskieren.
Als Zamorra und Dylan Rhetts Zimmer verlassen hatten, war ihnen William über den Weg gelaufen. Der Butler hatte angesichts der schleimbesudelten Dämonenjäger nicht für einen Augenblick die Contenance verloren.
»Ich nehme an, die Experimente mit dem Amulett haben ihren vorläufigen Abschluss gefunden«, sagte er stattdessen.
»Das ist fein beobachtet«, entgegnete Dylan.
»Wünschen Sie, dass ich das fehlende Symbol an der Umfassungsmauer erneuere, Herr Professor?«
Zamorra schüttelte den Kopf. »Nein.« Er warf einen Blick zu Rhetts verschlossener Zimmertür. »Es wäre mir lieber, wenn Sie hier auf dem Gang etwas… Ordnung schaffen könnten. Stauben Sie doch die Bilder ab!«
»Ich erlaube mir, darauf hinzuweisen, dass ich das gerade vor einer Stunde getan habe.«
»Ach, Sie wissen doch, wie staubig es im Château ist.« Er zwinkerte dem Butler zu, um ihm zu signalisieren, dass er das keineswegs ernst meinte. Doch er wollte jemanden in Rhetts Nähe haben, ohne dass der sich überwacht oder beobachtet vorkam. Da Lady Patricia nach dem Mittagessen nach Lyon gefahren war, um bei Pierre Robin, dem Leiter der dortigen Mordkommission, noch eine Aussage wegen der Vorkommnisse auf der Danielle Casanova zu Protokoll zu geben und danach noch vorhatte, eine Freundin zu besuchen, blieb niemand anders für diesen Job übrig.
William runzelte kurz die Stirn, dann erhellte sich sein Blick. »O ja! Sie haben vollkommen recht. Außerordentlich staubig. Ich werde mich sofort an die Arbeit machen. Sie entschuldigen mich?«
Als sie ihn nach ausgiebiger Körperpflege erneut auf dem Gang trafen, war er noch immer hingebungsvoll mit Reinigungsarbeiten beschäftigt.
Nur zwischendurch hatte er kurz Zeit gefunden, ihnen ihren Wohlgeruch zu bestätigen.
Sie erreichten die Stelle in der Nähe der Zugbrücke. Zamorra zog die magisch präparierte Kreide aus der Jacke und wollte sie gerade ansetzen, als ihn Dylans Stimme von diesem Vorhaben abhielt.
»Was ist denn das für eine süße Schnecke?«
Zamorra wandte sich dem Schotten zu, der mit großen Augen Richtung Tor sah. Der Professor folgte dem Blick und entdeckte jenseits der Zugbrücke eine Frau Anfang zwanzig mit schulterlangem, schwarzem Haar.
»Die ist einfach so erschienen. Wie aus dem Nichts. So wie dein Freund Gryf mit seinem zeitlosen Sprung , du weißt schon. Ob sie auch eine Druidin ist?«
»Gryf ist Silbermond-Druide«, sagte Zamorra automatisch. »Das ist etwas anderes.«
Der Professor hatte sie noch nie zuvor gesehen, da war er sich sicher. Auch wenn Nicole die einzige Frau für ihn war - gewesen war , keifte eine boshafte Stimme in seinem Hinterkopf -, könnte er sich an dieses außergewöhnlich schöne Mitglied der Damenwelt andernfalls ganz bestimmt erinnern. Und dennoch: Sie hatte etwas an sich, dass dem Meister des Übersinnlichen vertraut vorkam.
Sie hatte den Kopf in den Nacken gelegt und musterte das Château von oben bis unten.
»Kann ich Ihnen helfen?«, fragte Zamorra.
Jetzt erst konnte die Frau den Blick vom Schloss reißen und lächelte den Professor an. Sie überquerte die Zugbrücke und betrat den Vorplatz. Ihr Lächeln wirkte aufrichtig und warm:
»Sie sind Zamorra!«, sagte sie.
»Ich weiß.« Für diese Antwort erntete er ein unterdrücktes Lachen von Dylan. »Und Sie sind?«
»Mein Name ist Dunja Bigelow. Ich bin…« Sie stutzte und kniff die Augen zusammen. Ihr Blick wanderte an dem Professor auf und ab, dann wechselte er zu Dylan, unterzog ihn der gleichen Untersuchung und kehrte schließlich zu Zamorra zurück. »Ihr auch?«, fragte sie plötzlich. »Alle beide?«
»Ich verstehe nicht ganz, was Sie
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