0939 - Das Gesetz der Dynastie
an den geborstenen Rand der Plattform gestellt. Die Angst, nach unten zu fallen, musste hier niemand haben, denn dieser riesige Raum verfügte über physikalische Verhältnisse, die Artimus van Zant als gestandenem Physiker die Tränen in die Augen treiben konnten.
Machte man einen Schritt über den Plattformrand hinaus, klappte man herum und kam auf der Unterseite des Plateaus zu stehen. Es kostete Überwindung, einen solchen Schritt aus freiem Willen zu tun, doch die frühe Wächterin der weißen Stadt auf Parom schaffte diese Übung inzwischen ohne Angstgefühl. Nur wenige Sekunden später erschien sie wieder auf dieser Seite der Platte. Sie schüttelte den Kopf.
»Nichts von Ted zu entdecken. Und ich halte es für nahezu unmöglich, dass er an einer anderen Stelle als dieser in diese Phase gekommen ist.«
Zamorra nickte zustimmend. »Wo ist Geschor?« Als Lakir nur die Schultern zuckte, fuhr der Professor fort. »Kannst du das Wesen rufen?«
Sie nickte. »Geschor, bist du in der Nähe? Komm bitte zu mir.«
Van Zant kniff die Augen ein wenig zusammen. Die Lichtausbeute hier war eher mager, doch auch wenn er sich noch solche Mühe gab, irgendetwas zu entdecken, so wollte ihm das nicht gelingen. Hatte Zamorra nicht gesagt, dieser Geschor würde gut und gerne 30 Meter im Durchmesser aufweisen? Sollte sich so ein Brocken nähern, musste man das doch irgendwie registrieren.
»Ich grüße dich, Geschor.«
Artimus blickte Lakir unverständig an, die den Kopf weit in den Nacken gelegt hatte. Als er es ihr gleichtat, stieß der Physiker einen verblüfften Ausruf hervor. »Bei allen Teufeln, der Bursche hätte einen guten Indianer abgegeben. So etwas nenne ich anpirschen.«
Die Kugel, die wie ein wirklich gewaltiges 3-D-Puzzle wirkte, zusammengefügt aus Millionen von teilweise winzigen Fragmenten, senkte sich langsam ab, doch sie berührte die Plattform nicht, als sie schließlich zum Stillstand kam. Die dunkle Stimme des Wurzelwesens erklang. Van Zant war überrascht, wie angenehm sie klang, wie freundlich und distinguiert.
»Du hast nach mir gerufen, Lakir. Wie kann ich dir helfen?«
Lakir stand nur eine Armlänge von der Kugel entfernt. »Kannst du mir sagen, wo sich mein Schutzbefohlener aufhält, der auf den Namen Ted Ewigk hört? Ich kann ihn nirgendwo finden.«
Geschor bewegte sich nicht einen Millimeter. Seine Antwort verblüffte Lakir und ihre Freunde.
»Natürlich kann ich das. Er ist in mir. Ich werde ihn heilen, denn das ist wohl der Sinn meiner Existenz.«
Lakir hob beruhigend beide Hände, denn Zamorra hatte zwei Schritte auf Geschor zu gemacht.
»Geschor, Ted ist nicht körperlich krank, er…«
Das Kugelwesen unterbrach sie.
»Das weiß ich doch. In seinem Kopf sind weiße Felder, die wieder mit den Farben seiner Vergangenheit gefüllt werden müssen. Nicht alles ist fort, nahezu alles noch vorhanden, doch es ist versperrt. Ich muss es langsam und vorsichtig für ihn aufschließen.«
Van Zant raunte Zamorra zu. »Der redet, als wäre Ewigks Bewusstsein wie eine gelöschte Festplatte, auf der jedoch nicht alle Daten wirklich rettungslos zerstört wurden. Kann das sein?«
Professor Zamorra wusste keine Antwort darauf. Und wenn es so war?
Sollte er das Risiko eingehen, seinen alten Freund Ted in der Obhut eines Wesens zu belassen, das er selbst absolut nicht einschätzen konnte? Was konnte Geschor wirklich? Konnte man ihm trauen? So wie er entstanden war, konnte er nicht ebenfalls auch so wieder vergehen? War dieses Wesen in sich stabil? Wenn nicht, dann mochte das auf Ted schlimme Auswirkungen haben.
Immerhin war diese Kugel aus den Fetzen der Wurzeln entstanden, die einmal die Herzen von weißen Städten hätten werden sollen. Man konnte nicht behaupten, dass diese Städte zum Wohl der Galaxie beigetragen hätten. Zamorras Zweifel stiegen mit jeder Sekunde.
Andererseits - wäre Geschor tatsächlich in der Lage, Ted Ewigk die Erinnerung an seine Vergangenheit zurückzugeben, dann wäre das nicht nur fantastisch für Zamorras alten Kampfgefährten, sondern zugleich auch eine Geheimwaffe im Kampf gegen Tan Morano. Mit einem geistig gesunden Ted Ewigk sollte es möglich sein, Morano den Machtkristall abzujagen.
Die warme Stimme von Geschor klang erneut auf.
»Es ist eine Waffe, die du da in deiner Hand hältst, nicht wahr?«
Zamorra registrierte, dass er von dem Wesen direkt angesprochen wurde. Er nickte bejahend.
»Es kann eine Waffe sein, doch darin liegen nicht all seine
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