0939 - Das Gesetz der Dynastie
Fähigkeiten.« Merlins Stern lag kühl in Zamorras rechter Hand. Das Amulett spürte offenbar keinerlei Bedrohung, doch was hatte das jetzt schon noch zu bedeuten? Zamorra hatte lernen müssen, dass es so etwas wie eine automatisch erfolgende Abwehr gegen Feinde im Amulett jetzt nicht mehr gab. Er selbst musste eine entsprechende Attacke befehlen . Und wenn er das tat, dann bediente sich Merlins Stern kräftig an Zamorras Lebensenergie - zumindest war das bisher die logischste Erklärung, die Zamorra für sich hatte finden können. Asmodis selbst hatte da etwas verworren geklungen bei seinen Erläuterungen.
Was sich noch alles im Verhalten der Silberscheibe geändert hatte, konnte er bislang nicht einmal erahnen. Geschor zumindest hatte zu Merlins Stern eine ganz eigene Sicht der Dinge.
»Es ist eine starke Waffe, mächtig und nahezu unbesiegbar. Doch sei auf der Hut - was du sicher zu wissen glaubst, muss nicht mehr die Wahrheit sein. Dein Leben könnte von diesen Worten einmal abhängen.«
Zamorra starrte die riesige Kugel an. Er verstand nicht, was Geschor damit hatte sagen wollen, doch jetzt ging es erst einmal um andere Dinge.
»Ich will mit Ted sprechen. Du solltest mir das nicht verwehren.« Die leise Drohung war nicht zu überhören, und Zamorra war tatsächlich bereit, die Kugel anzugreifen, wenn sie seiner Bitte nicht entsprechen würde.
»Ich werde ihn fragen.«
Zamorra, Lakir und Artimus sahen einander verblüfft an. Offenbar wollte Geschor Ewigk die Entscheidung überlassen. Zamorra kam sich wie ein Bittsteller vor, als er hier warten musste. Geduld war nicht immer seine größte Stärke - und die eines Artimus van Zant erst recht nicht. Dann endlich erklang eine Stimme, die aus dem Inneren der Kugel kam.
»Wer will mich sprechen? Ich habe keine Zeit, denn ich muss lernen. Ich muss mich selbst lernen .«
Es war eindeutig Teds Stimme, und wie zum optischen Beweis presste sich reliefartig ein Körper aus dem Korpus der Kugel nach außen. Die Silhouette von Ted Ewigk!
»Wir sind es - Zamorra, Artimus und ich.« Lakir reagierte als Erste.
Einige Sekunden vergingen, dann schien sich Ted orientiert zu haben.
»Wollt ihr mich besuchen? Nein, ihr habt sicher einen anderen Grund, nicht wahr?«
Zamorra übernahm das Gespräch.
»Ted, sage mir, ob du wirklich freiwillig in die Kugel gegangen bist. Wenn nicht, dann werden wir dich herausholen.«
Ewigk schien verblüfft, dann lachte er auf.
»Freiwillig? Aber natürlich. Geschor hat mir angeboten, die weißen Felder in meinem Kopf wieder zu altem Leben zu erwecken. Keine Ahnung wieso, aber er kann das. Zamorra, da wo nichts war, da kommen Bilder zu mir. Die meisten davon kann ich noch nicht verstehen, aber nun glaube ich wirklich, dass es ein früheres Leben für mich gegeben hat.«
Der Parapsychologe konnte seine Zweifel noch immer nicht ablegen.
»Diese Bilder kann dir vielleicht auch jemand zurückgeben, der dich dabei nicht wie einen Gefangenen hält.« Zamorra fühlte, dass die Verantwortung für den Freund schwerer in ihm wog, als er es je gedacht hatte.
»Gefangener?« Ted lachte wieder. »Das bin ich nicht. Ich weiß jetzt, dass ich meinen Stein zurückbekommen kann, wenn ich meine Vergangenheit annehme. Und Geschor soll sie mir bringen.«
Ted Ewigk bezeichnete den Machtkristall, der ihm von Starless gestohlen worden war, als Stein , der ihm nach wie vor wichtig war, an dessen wahre Bedeutung er sich jedoch auch nicht erinnern konnte.
»Also gut, wenn du es wirklich so haben willst, dann überlassen wir dich der Kugel. Lakir wird in deiner Nähe sein, so oft sie es nur kann. Und auch ich werde nach dir sehen, ich verspreche es dir. Wenn wir uns das nächste Mal gegenüberstehen, wird ja vielleicht alles wie früher sein.«
Zamorra wusste, dass sicher nie mehr alles wie früher sein würde, denn zu viel hatte sich in den vergangenen Wochen und Monaten ereignet. Es war eine Zeit des Wandels, der Neuorientierung, die sicherlich noch nicht beendet war. Möglich, dass der größte Teil ihnen allen noch bevorstand. Zamorra wusste es nicht zu sagen.
»Wir gehen nun, damit du dich auf das konzentrieren kannst, was man dir genommen hat. Bis bald, mein Freund.«
Zamorra wandte sich von der Kugel ab, die nun langsam wieder in die Höhe zu steigen begann. Er nickte Lakir zu, die in der nächsten Sekunde mit van Zant verschwand. Gleich würde sie erneut hier auftauchen und mit Zamorra zur ersten Phase zurückkehren.
Eine Stimme, die immer leiser
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