0939 - Das Gesetz der Dynastie
sicher noch nicht wieder stark genug, um einen Mehrfrontenkampf erfolgreich zu bestehen.
Doch wenn Starless an den Zustand dachte, in dem Morano sich befunden hatte, als er ihn verließ, so war er es, der ganz sicher nicht kampfbereit war. Starless hatte sich für Loyalität entschieden, denn noch war Tan Morano ja nicht endgültig gescheitert. Doch es war mehr als klar, dass der so stark gealterte Vampir seine Schwierigkeiten im Umgang mit dem Machtkristall nun in den Griff bekommen musste.
Der Dhyarra hatte aus dem jederzeit auf der Höhe der Zeit stehenden eitlen Modegecken einen Greis gemacht! Man musste kein Prophet sein, um zu erkennen, dass Morano das nicht mehr lange überleben konnte.
Und dann?
Starless war kein Dummkopf. Wenn es denn tatsächlich so kommen sollte, dann hatte er also auf das falsche Pferd gesetzt. Mehr noch - er hatte sich für Morano Nazarena Nerukkar zur Todfeindin gemacht. Keine rosigen Aussichten für eine Zukunft ohne Tan Morano. Doch auch sicher nicht das erste Mal, dass Starless - oder auch Bibleblack, wie er oft genannt worden war - ohne Perspektive dastehen würde. Bisher hatte er sich immer aus allen Zwickmühlen herauswinden können. Warum also dann nicht auch in diesem fiktiven Fall?
Als Starless sich dem Dorf näherte, das am Fuß der Anhöhe lag, auf der Moranos Herrenhaus und dahinter die alte römische Villa lagen, verlangsamte er seine Schritte. Im Dorf lebten keine Menschen mehr. Die wenigen, die es hier ausgehalten hatten, waren von den Vampiren der Clans getötet worden, die sich gegen Moranos Machtergreifung zur Wehr gesetzt hatten.
Nein, hier gab es höchstens noch Katzen und jede Menge Ratten, die sich an dem gütlich taten, was in den Häusern der ehemaligen Bewohner nun langsam vor sich hin schimmelte. Es war ja auch kein Geräusch gewesen, dass Starless hatte stutzen lassen. Viel mehr war es ein Gefühl, eine Vorahnung, die ihm deutlich anzeigte, dass sich doch jemand hier aufhielt. Allerdings ganz sicher kein Mensch, denn die waren überhaupt nicht in der Lage, sich geräuschlos zu bewegen.
Für lange Sekunden war der Blutsauger sich sicher, dass er beobachtet wurde. Dann drang etwas wie ein Lufthauch zu ihm, nur ein mildes Rauschen. Dann ebbte das Gefühl rapide ab, hier nicht ganz allein zu sein.
Doch ein anderer Eindruck sprang ihn nun direkt an. Die Luft schien elektrisch aufgeladen zu sein. Nicht sonderlich stark, doch immerhin so, dass nun auch ein leises Summen zu vernehmen war. Starless blickte zum Ende des Dorfes, wo sich die halbwegs ausgebaute Straße befand, die sich dann immer steiler zu Moranos Anwesen anhob. Es war eine mondlose Nacht, die selbst Starless' scharf blickenden Augen zu trotzen vermochte.
Irgendetwas geschieht dort oben.
Wie selten zuvor hätte er sich gewünscht, ein wenig Sonne zu sehen, doch die schlief noch tief und fest. Das Summen verstärkte sich mit jeder Sekunde. Und plötzlich hatte Starless es sehr eilig.
Seine Vampirfähigkeiten ermöglichten es ihm, den mühsamen Anstieg ganz einfach zu überspringen . Er materialisierte mitten in Moranos Herrenhaus.
Und schlagartig wurde ihm klar, dass er wahrscheinlich ganz einfach zu spät gekommen war.
***
War er wirklich mit der neu entstandenen Situation zufrieden?
Zamorra saß in der Küche des Château Montagne. Sicher war er nie alleine in diesen alten Mauern, doch exakt so hatte er sich wieder einmal gefühlt, als er hier angekommen war. Er hatte sich von Artimus van Zant verabschiedet - und das war kein leichter Abschied gewesen. Zamorra fühlte sich mies bei dem Gedanken, den Freund nun vielleicht über Monate hinweg nicht sehen zu können.
Beide waren sich einig gewesen, dass Ted Ewigk in guten Händen war. Sie hatten es sich gegenseitig so oft und lange versichert, bis sie es am Ende selbst glaubten. Artimus hatte noch ein schwieriges Gespräch vor sich, denn an diesem Abend musste es sich klären, ob Rola diBurn ihn begleiten würde oder eben nicht. Van Zant versprach Zamorra, ihn über den Ausgang dieser Debatte zu informieren, ehe er dann die USA verlassen wollte.
Algerien. Kolumbien. Das wollte dem Parapsychologen nicht in den Kopf.
Und er selbst? Er hatte es in dem großen Wohnraum nicht ausgehalten, war mit dem Vorwand, sich etwas zu essen zubereiten zu wollen, in die kleinere Küche gewechselt.
Nach solchen Tagen, die mit neuen Entwicklungen und Ergebnissen nur so gespickt waren, hatte der restliche Abend immer Nicole und ihm gehört. Oft hatten sie
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