094 - Das Monster aus dem Eis
lassen.“
„Sie haben recht, Sven“, entgegnete sie. „Wie sollten wir außerdem wissen, daß er sich nach Thule wendet? Wir wissen nichts über dieses Monster. Vielleicht findet es in dieser Eiswüste ideale Lebensbedingungen? Ich halte es für durchaus möglich, daß es sich irgendwo versteckt und in aller Ruhe die Eier ausbrütet. Danach hätten wir es dann mit drei Exemplaren zu tun, aus denen weitere hervorgehen könnten.“
„Es kann auf jeden Fall nichts schaden, wenn wir ihm folgen“, erklärte der Professor, der ihre Worte gehört hatte.
„Ich habe Thule“, berichtete Bai Entner. Er schüttelte den Kopf. „Es ist zum Verrücktwerden. Die glauben mir kein Wort. Sie scheinen anzunehmen, daß ich durchgedreht habe.“
„Lassen Sie mich mit ihnen reden“, bat der Professor. Er setzte den Kopfhörer auf und hielt sich das Mikrophon vor den Mund. Einige Minuten lang sprach er erregt auf seinen Gesprächspartner ein, dann ließ er das Mikrophon sinken und schaltete das Funkgerät aus.
„Es ist nicht zu fassen“, erklärte er bestürzt. „Man versucht, mich behutsam und sanft zu beruhigen, als ob ich ein Narr wäre. Man erwägt noch nicht einmal die Möglichkeit, daß ich die Wahrheit sage. Kommen Sie, meine Damen und Herren, wir machen Jagd auf das Monster und töten es.“
Er griff nach seinem Gewehr.
„Sollte nicht jemand hierbleiben?“ fragte Sven Dirdal.
„Warum? Wir verschließen die Zelte, dann kann nichts passieren.“
„Ich dachte an die Eisbären, Professor.“
„Und ich denke daran, daß dieses Ungeheuer unter Umständen zurückkehrt. Sollte das der Fall sein, dann ist es wohl besser, wenn es keine Einzelperson antrifft. Wir müssen immerhin damit rechnen, daß es aggressiv ist.“
„Die Reißzähne lassen zumindest vermuten, daß es gefährlich ist“, ergänzte Dr. Brey. Sie schüttelte sich. „Außerdem gebe ich offen zu, daß ich keine Lust hätte, diesem Biest allein in dunkler Nacht zu begegnen.“
„Wir bleiben alle zusammen“, entschied der Professor.
Die Expeditionsmitglieder rüsteten sich für den Marsch in die Kälte aus, hüllten sich in ihre Schutzkleidung und folgten wenig später der Spur durch den Schnee. Als sie etwa eine Viertelstunde marschiert waren, stellte Sven Dirdal fest: „Es geht genau auf Thule zu, als wüßte es, wo es liegt.“
„Wir wissen nichts über sein Wahrnehmungsvermögen“, sagte der Professor. „Vermutlich kann es tatsächlich spüren, wohin es sich wenden muß.“
Je länger sie sich durch Schnee und Eis voran kämpften, desto deutlicher wurde ihnen bewußt, daß der Gejagte mit zunehmender Entfernung vom Lager immer frischer und kräftiger geworden war. Dann erreichten sie ein Eisfeld voller Klippen. Alice Brey blieb stehen. Sie streckte den Arm aus.
„Dort liegt etwas“, sagte sie.
Sven Dirdal überholte sie. Er hielt das Gewehr schußbereit in der Armbeuge.
„Es ist ein Eisbär“, stellte er fest.
Die Spur des Schuppenwesens führte genau auf den Kadaver zu. So konnte keiner der Expeditionsteilnehmer daran zweifeln, wer das Raubtier erlegt und zerfetzt hatte.
„Mein Gott“, stammelte die Ärztin entsetzt. „So etwas habe ich noch nie gesehen. Professor, wir haben ein Ungeheuer zum Leben erweckt. Wir müssen etwas tun, um eine Katastrophe zu verhindern.“
„Ich hoffe, daß bald ein Hubschrauber kommt und uns abholt. Wenn er rechtzeitig erscheint, ist es vielleicht noch nicht zu spät. Wir kehren zum Lager zurück. Es wäre sinnlos, dieses Geschöpf noch länger jagen zu wollen. Wir sind viel zu langsam.“
Müde und erschöpft machten sich die Männer und Frauen auf den Rückweg. Ihre Gedanken beschäftigten sich mit dem Schuppenwesen, das durch ihre Hilfe frei geworden war. Sie hatten Angst, weil sie wußten, daß man sie irgendwann verantwortlich machen würde.
Es dauerte lange, bis sie das Lager endlich wieder erreichten. Sven Dirdal führte die Gruppe an. Er blieb stehen, als sie die Zelte sehen konnten.
„Ich habe es doch geahnt“, sagte er. „Die Eisbären waren da.“
Er nahm noch einmal alle Kräfte zusammen und eilte auf den Stützpunkt zu. Eines der Zelte war halb zusammengebrochen. Das Hauptzelt stand noch, es schien unbeschädigt zu sein.
Dirdal öffnete es vorsichtig mit dem Gewehrlauf und leuchtete mit der Taschenlampe hinein. Die Eisbären waren jedoch schon weg.
„Sie können nicht viel angerichtet haben“, rief Professor Moellersen, der dem Biologen gefolgt war.
„Immerhin
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