094 - Das Monster aus dem Eis
Gepäckraum.
„Ich freue mich, daß alles so gut geklappt hat“, sagte er. „Das Flugzeug war pünktlich, und du siehst prächtig aus.“
Sie lächelte. In den vergangenen Tagen waren sie sich bedeutend nähergekommen, als sie es bei der Expedition ins Eis je erhofft hatten.
„Ich mache mir Sorgen, Sven“, erwiderte sie. Er blickte sie überrascht an.
„Warum?“
„Wegen des Monsters. Ich habe deinen Vortrag im Fernsehen gehört.“
„Du meinst, es war ein Fehler, das Biest in aller Öffentlichkeit zu schildern?“ Nun lächelte er. Er startete und fädelte sich in den stadteinwärts fließenden Verkehr ein.
„Nein, Sven“, sagte sie ernst. „Das meine ich nicht. Ich wollte sagen, daß es gefährlich ist, zuzugeben, daß wir an der Expedition beteiligt waren. Sven, ich habe Angst.“
Er griff nach ihrer Hand.
„Du brauchst keine Angst zu haben, Alice. Fürchtest du, das Ungeheuer könnte dich aufsuchen, um sich zu rächen?“
„Das ist vielleicht übertrieben, aber ich habe nun einmal Angst. Hast du von dieser abgestürzten Cessna gehört?“
„Nein. Was war damit?“
„Die Maschine ist hier in dieser Gegend heruntergekommen. In den Trümmern fand man die Leiche eines Mannes. Sein Genick war von einem Raubtier zerbissen, wie es heißt. Das Flugzeug war in Kanada registriert. Es stammt aus dem Nordosten des Landes. Niemand kann sich erklären, was es hier zu suchen hatte.“
„Ist das alles?“
„Genügt das noch nicht?“ fragte sie gereizt. „Kannst du mir erklären, wieso das Genick des Piloten von einem Raubtier zerbissen war, obwohl hier bekannterweise keine Raubtiere frei herumlaufen?“
„Ich gebe zu, daß dieser Flugzeugabsturz mysteriös ist. Dennoch glaube ich nicht, daß du Angst zu haben brauchst. Nehmen wir doch einmal an, daß dieses Schuppenuntier tatsächlich hier in der Gegend ist. Wie sollte es wissen, daß wir hier sind? Und warum sollte es sich rächen wollen?“
„Vielleicht ist es intelligenter als wir glauben? Ich habe mir das alles lange überlegt. Stell dir doch, bitte, einmal vor, was du fühlen würdest, wenn du nach einem langen Schlaf erwachst, und als erstes siehst du mich, von fremdartigen Lebewesen seziert.“
„Scheußlich. Sei, bitte still.“
„Nein, ich will nicht. Würdest du dich nicht fragen, warum du lebst und ich nicht? Würdest du dann nicht zwangsläufig annehmen, daß die fremdartigen Lebewesen mich getötet haben, nur um sich mein Inneres ansehen zu können? Und wie würdest du reagieren.“
„Ich würde sie alle umbringen, Alice.“
„Genau das tut das Monster auch.“
„Ich glaube nicht, daß es intelligent ist.“
„Es ist aus Thule entkommen. Daran besteht kein Zweifel mehr. Man hat den Helikopter gefunden. Major Alaska lag darin. Mich würde nicht wundern, wenn sich in ein paar Tagen herausstellt, daß die abgestürzte Cessna irgend jemandem gehört, der dort oben in der Einsamkeit gehaust hat. Wenn das stimmt, dann hat das Monster mit seiner Hilfe den Fluchtweg fortgesetzt, bis hierher an die Ostküste der USA. Sven, ich möchte nach Dänemark zurück. Ich fühle mich hier einfach nicht mehr sicher.“
Sven Dirdal bog in eine Seitenstraße ein und hielt schließlich vor einem Bungalow.
„Hier wohnen die Grays“, erklärte er. „Es sind wirklich nette Leute.“
Sie stiegen aus und gingen auf das Haus zu. Die Tür öffnete sich, und ein großer, sportlich wirkender Mann kam ihnen lächelnd entgegen, um sie zu begrüßen.
„Das ist Amerikas berühmtester Raketeningenieur, Richard Gray“, stellte Sven Dirdal vor.
„Ich dachte, Wernher von Braun sei der berühmteste“, entgegnete Alice Brey und reichte dem Ingenieur die Hand.
„Ich bin so berühmt, daß gerade meine Nachbarn meinen Namen kennen“, erklärte Gray. „Kommt herein.“
„Wo ist Suzan?“ fragte Dirdal.
„Sie hat den Life-Auftrag bekommen, Sven, und mußte sofort weg. Es tut mir leid. Sie wird erst in einer Woche wieder hier sein“, antwortete der Ingenieur. „Suzan ist Fotografin, Miß Brey. Auf eine solche Chance hat sie schon lange gewartet.“
Alice Brey fand, daß der Ingenieur ausgesprochen gut aussah. Das braune Haar reichte ihm fast bis auf die Schultern herab, und seine lebhaften, braunen Augen ließen erkennen, daß er ein selbstsicherer und erfolgsgewohnter Mann war.
„Ich habe eine Überraschung für Sie“, sagte Gray. „Wenn Sie Lust haben, werden wir mit meinem Boot zum Kap hinaus fahren.“
Dr. Brey war sofort begeistert,
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