094 - Der Teufel von Tidal Basin
kommt mir irgendwie bekannt vor. Wo habe ich nur solche Ampullen zuletzt gesehen?«
»Ich werde sie vom Polizeichemiker untersuchen lassen«, erwiderte Mason und steckte das Ding in die Tasche. »Sie haben entschieden Glück, Mike. Versuchen Sie es noch einmal.«
Michaels geschickte Finger glitten wieder durch das Wasser, aber er fand nichts mehr. Plötzlich sah er jedoch etwas, das alle anderen übersehen hatten. Es lag an der Ecke des Gehsteiges, als ob es jemand sorgfältig dorthin gelegt hätte. Aber der Ring konnte natürlich nur zufällig dort hingefallen sein. Das Platin war angelaufen und feucht vom Regen, so daß man es vom Straßenpflaster kaum unterscheiden konnte.
Mike nahm das Schmuckstück auf, sein Herz klopfte heftig.
»Was haben Sie denn da?«
Mason nahm es ihm aus der Hand.
»Ein Ring! Es ist doch unglaublich, daß meine Leute das übersehen haben«, sagte er. »Der Rubin scheint echt zu sein, aber jedenfalls ist es eine tadellose Imitation.«
Mike schwieg. Die Gestalten schwammen plötzlich vor seinen Augen, und er atmete schwer. Sein sonderbares Benehmen fiel Mason auf.
»Was ist denn mit Ihnen los? Sie sind ja kreidebleich. Haben Sie sich zu lange gebückt?«
Mike wußte, daß der Chefinspektor ihn mit dieser Bemerkung nur vor den anderen Detektiven entschuldigen wollte, und seine Vermutung bestätigte sich, als der Beamte sie anwies weiterzusuchen. Dann nahm Mason ihn am Arm.
»Mein Junge, Sie haben diesen Ring schon gesehen.«
Mike schüttelte den Kopf.
»Welchen Zweck hat es denn, mir etwas vorzulügen?« fragte Mason vorwurfsvoll.
»Ich kann mich nicht besinnen, ihn schon gesehen zu haben«, entgegnete Mike hart. Seine Stimme klang unnatürlich.
»Sie verheimlichen mir etwas. Aber wozu? Kurz vorher haben Sie noch selbst gesagt, daß es töricht ist, der Polizei nicht alles mitzuteilen. Es kommt doch wahrhaftig auf diese Kleinigkeiten nicht an.«
»Ich habe den Ring noch nie gesehen.«
Es fiel Mike sehr schwer zu sprechen, und Mr. Mason, der von Natur aus skeptisch veranlagt war, ließ sich nicht leicht überzeugen.
»Ich weiß genau, daß Sie ihn schon gesehen haben und daß Sie sehr wohl wissen, wem er gehört. Hören Sie, Michael, ich will Ihnen gegenüber nicht die Tricks anwenden, mit denen ich bei Verbrechern arbeiten muß. Sie ersparen sich und mir aber viele Unannehmlichkeiten, wenn Sie mich ins Vertrauen ziehen. Die Person, der der Ring gehört, wird doch nicht verhaftet, und wir können die Sache auch geheimhalten. Sie kennen mich doch wirklich gut genug. Wie soll die Polizei denn vorwärtskommen, wenn alle mit ihren Angaben zurückhalten?«
Mike hatte sich wieder etwas erholt.
»Wenn das so weitergeht, beschuldigen Sie mich in ein paar Minuten noch, daß ich den Mord begangen habe! Nein, ich kenne diesen Ring wirklich nicht. Ich war nur etwas benommen, weil ich mich so lange gebückt hatte. Probieren Sie doch selbst einmal aus, welche Wirkung das auf Sie hat.« Mason schaute ihn lange an, dann betrachtete er den Ring. »Es ist ein Damenring.« Er versuchte, ihn auf den kleinen Finger zu streifen. »Sehen Sie, er geht nicht einmal über das erste Gelenk. Nun gut, dann bleibt mir eben nichts anderes übrig, als die Sache in die Zeitungen zu bringen«, sagte er leichthin. »Ich will nicht über euch Zeitungsleute schimpfen, aber Sie selbst können ja über die kleinste Kleinigkeit eine große Geschichte schreiben, und ich wäre nicht erstaunt, wenn ich morgen das Porträt einer jungen Dame . . .« Er brach plötzlich ab. »Gehört der Ring am Ende Miss Harman?«
»Nein«, erwiderte Mike laut.
»Sie Lügner! Natürlich gehört er Miss Harman! Und Sie haben es sofort gewußt, als Sie ihn sahen!«
Er warf noch einen Blick auf den Ring und steckte ihn dann ein.
»Kam der Mann, der ermordet wurde, aus Südafrika?«
Mason nickte.
»Ist er erst kürzlich von dort hierhergekommen?«
»Das wissen wir nicht. Aber wahrscheinlich kam er vor ein oder zwei Wochen an.«
»Wie heißt er denn?«
»Sein Vorname ist Donald. Mehr ist uns nicht bekannt.«
Mason sah den jungen Mann scharf an.
»Wen heiratet Miss Harman?«
»Einen Iren, einen gewissen Feeney«, log Michael. »Aber sie hat diesen Plan schon wieder aufgegeben . . . Ich war nur ein wenig über Kreuz mit ihr. Aber jetzt möchte ich mir doch einmal den Toten ansehen.«
»Wir wollen zusammen gehen«, entgegnete Mason und faßte Quigleys Arm.
Sie blieben nur wenige Minuten bei dem Ermordeten, und Michaels Verwirrung
Weitere Kostenlose Bücher