0940 - Die Zombie-Zeche
Vielleicht war sein Freund John schon einen Schritt weitergekommen. Nur konnte er ihn leider nicht fragen.
Suko wollte aber etwas tun und sich nicht irgendwo hinsetzen und einfach warten.
Den Kopf ließ er in der Dunkelheit zurück. Suko würde sich später darum kümmern. Da er über genügend Zeit verfügte, wollte er sich umschauen, und er dachte auch an die Masse der dämonischen Aale. Irgendwohin mußten sie ja verschwunden sein.
Sie hatten natürlich die idealen Möglichkeiten. Sie konnten in Schlupflöcher eintauchen und sich unter der Erde weiterbewegen.
Möglicherweise auf irgendwelche Verstecke zu, die sie sich im Laufe der Zeit angelegt hatten, aber es gab noch eine zweite Möglichkeit, über die Suko nachdachte.
Sein Blick glitt über die düsteren und geschwärzten Außenmauern der Kokerei hinweg.
Ein Versteck?
Suko wollte es herausfinden. Er war vorsichtig, als er sich dem Eingang näherte. Es gab da keine Tür. An einer Seite war das Gebäude offen, und zwei Schienenstränge führten hinein, die allerdings von Wildkräutern überwuchert waren.
Suko blieb-vor dieser Öffnung stehen. Er dachte daran, daß sich auf dem Dach der Kokerei die hohen Schornsteine befanden, aus denen kein Rauch mehr drang.
Dennoch roch es noch seltsam. Nach Arbeit, nach kaltem Rauch und auch irgendwie ein wenig nach Hölle…
***
Ich starrte auf das Gewimmel und kam damit erst einmal nicht zurecht.
Mit mir war etwas geschehen, das auch mit einem anderen Menschen passiert wäre, der diesen Beruf nicht ausübte. Ich war völlig von der Rolle, ich war entsetzt und stand gleichzeitig unter Schock.
Ich hatte damit gerechnet, eine Leiche zu sehen. Möglicherweise auch eine lebende Leiche, einen Zombie, aber nicht dieses Gewimmel häßlicher, aalartiger Wesen, die einmal einen Körper gebildet hatten, aber sich nicht für einen Kopf interessierten, denn der lag auf dem Kissen.
Augen und Mund weit geöffnet. Er sah künstlich aus, aber er hatte einmal einem Menschen gehört.
Die Decke hielt ich an ihrem Zipfel noch immer fest, und war nicht in der Lage, mich zu bewegen.
Das taten die anderen Wesen.
Sie huschten über das helle Laken hinweg, ohne auch nur ein Ziel zu finden. Sie waren eben da. Sie glitten aufeinander zu, sie drehten sich zusammen, sie bildeten mal ein Knaul, als wollten sie mir damit ihre Gelenkigkeit dokumentieren.
Obwohl sie vorn und hinten gleich aussahen, hatten sie doch so etwas wie Mäuler. Sie hatten sie weit aufgerissen, sogar kleine spitze Zähne waren zu sehen. Aber keine Augen.
Wenn sie »sehen« wollten, dann mußten sie sich auf ihren magischen Tastsinn verlassen, der sie dann zum Ziel führte.
Ich wußte nicht, wie lange ich auf der Stelle gestanden und gestarrt hatte, aber der Schock löste sich zum Glück, und ich konnte wieder nachdenken und Schlüsse daraus ziehen.
Wenn diese Wesen nicht meine Freunde waren, dann gehörten sie zu meinen Feinden.
Und sie würden angreifen!
Ich ließ die Decke wieder fallen, als ich daran dachte. Mir wurde auch bewußt, daß ich mich nicht allein im Schlafzimmer befand. Während sich die Decke nach unten bewegte, dachte ich darüber nach. Mir fiel auch auf, daß ich keinen Laut des Entsetzens vernommen hatte. Wußte die Frau etwa Bescheid?
Ich sah sie an der Tür.
Auch sie bewegte sich nicht, aber sie stand nicht unter einem harten Schock, wie es bei mir der Fall gewesen war. Sie machte mir eher einen verbissenen Eindruck und auch einen haßerfüllten dazu, wobei sich dieser Haß gegen mich richtete.
Ich wollte sie ansprechen, als sich Helma Bennet bewegte. Sie drehte sich mit einer kurzen, aber heftigen Bewegung um, war eine Sekunde später an der Tür und zerrte sie auf.
Es ging alles so schnell, daß ich davon überrascht wurde. Zwei Schritte, dann war Helma draußen.
Die Tür schlug zu.
Ich hörte den Knall, der wie ein scharfer Schuß durch den Raum peitschte, dann war die Tür verschlossen, und auch ein anderes Geräusch drang an meine Ohren.
Von der anderen Seite der Tür her drehte sich ein Schlüssel im Schloß.
Ich war eingesperrt. Ich war allein mit den verdammten Aalen oder kurzen Schlangen, die mich sicherlich nicht zu ihren Freunden zählten und mir ein Schicksal zugedacht hatten wie auch Gordon Bennet. Seinen Kopf hatten sie, aus welchen Gründen auch immer, verschont. Nicht so den Körper. Da hatten sie sich regelrecht festgebissen, und nicht nur das. Er war von ihnen zerfleischt worden, aufgefressen und nicht mehr
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