0940 - Geburt einer Dunkelwolke
bittet Khara.
„Ich gehe nicht wirklich fort", versichere ich ihr. „Ich bleibe in meinem Psychod zurück und werde stets für euch da sein. Ich werde über euch und Arla Mandra wachen, bis auch ihr die Vollkommenheit des körperlosen Seins erreicht habt."
Draußen wird Ailand von Orkanen geschüttelt. Die Welt versinkt im Aschestaub. Flora und Fauna sterben langsam. Die Kälte vereist das Land, die Hitze dörrt es aus.
Nur im großen Wohnberg ist davon nichts zu merken. Es herrscht eine heilige Stille. Eine Million Auserwählte machen sich für den Exodus zur anderen Existenzebene bereit. Sie werden ihren Körper zur Auflösung bringen und aus einer Substanz ein Paraplasma erschaffen. Jeder wird eine andere Form wählen, jeder wird sein Psychod individuell gestalten. Wichtig ist nur, daß es Parusie enthält.
Ich will versuchen, in meinem Psychod Thoton festzuhalten, bevor der Planet explodierte und zu kosmischem Staub wurde. Und ich will jede Phase seiner Metamorphose von der rasenden Rotation bis zur Bildung des Staubmantels festhalten. Dieses Ziel habe ich mir gesetzt, und wenn ich das Vorhaben verwirklichen kann, dann wird es mir auch gelingen, im Staubmantel aufzugehen und gleichzeitig auch innerhalb der paraplasmatischen Sphäre gegenwärtig zu bleiben - als Mittler zwischen paraplasmätischer Sphäre und den Zurückgebliebenen.
Mein Psychod wird mir das Auge ersetzen und alle jene Sinne, auf die ich im zukünftigen Sein sonst würde verzichten müssen.
Ich werde über die Läander wachen und dafür sorgen, daß auch sie ihre Bestimmung erhalten.
Mein Psychod wächst, es nimmt Form an. Es ähnelt schon sehr einem Himmelskörper, der durch die bei schneller Rotation hervorgerufene Fliehkraft an den Polen stark abgeplattet ist.
Im selben Maß wie sich mein Psychod vervollkommnet, entferne ich mich von dieser Welt und werde zur paraplasmatischen Sphäre des Staubmantels, zu der sich eine Million Geister vereinen.
Aber etwas von mir bleibt in dem Psychod zurück und stellt einen Bezugspunkt zur anderen Welt her. Ich bin durch mehr als durch meine Parusie in dem Psychod gegenwärtig. Ich kann sehen, was sich auf Ailand zuträgt.
Und ich werde Zeuge der beginnenden Katastrophe, die an Schrecken alles übertrifft, was, die Ingenieure durch die Erschaffung des Staubmantels meinem Volk und meiner Heimat angetan haben.
3.
Jennifer Thyron
Es folgte eine kurze Erholungspause.
Jennifer konnte sich etwas entspannen und ihren von Informationen, Fakten und Daten durchtränkten Geist ausruhen. Sie hatte die Geburt der Dunkelwolke mit den Sinnen eines Beteiligten erlebt.
Arla Mandra, das Reich der 22 Sonnen, war in ihrer Zeit als Provcon-Faust oder Point Allegro bekannt.
Aber durch die Erschaffung des Staubmantels allein war die Dunkelwolke noch weit von ihrer extremen Beschaffenheit entfernt, wie man sie in Jennys Gegenwart kannte.
Die Petronier, jene kosmischen Ingenieure, die friedfertige Wesen durch die bereitgestellte Technik in ihre Abhängigkeit brachten und sie dann zu Kriegern umzuerziehen trachteten, diese Technokraten hatten durch die Atomisierung von Thoton nur für die physikalische Komponente des mörderischen Mahlstroms gesorgt.
Es fehlte noch die geistige Komponente, die aus dem Staubmantel eine schier unpassierbare paraplasmatische Sphäre machen würde. Und diesen Bestandteil wollten eine Million Läander durch die Loslösung ihres Geistes vom Körper beitragen.
Dies war der Augenblick, da Jenny teilweise wieder zu sich zurückfand. Tezohr gönnte ihr diese Atempause, damit ihr Geist nicht überfordert wurde. Sie brauchte diese Pause für die Identifikation mit der Gegenwart und um die Distanz zur Vergangenheit zu wahren.
Sie mußte vergleichen und die Begriffe miteinander abwägen, um sich nicht in der Nomenklatur der PräZwotter zu verlieren.
Die Läander waren jenes ausgestorbene Volk, das sie als Prä-Zwotter kannte. .
Thoton, jener Planet, aus dessen Materie die Staubwolke zum Teil entstanden war, war einst die dritte Welt der Sonne Alwal gewesen, die bei den Prä-Zwottern Thoto geheißen hatte. Das erkannte sie mühelos, und dieses Erkennen erleichterte sie.
Alwalal hatte einst vier Planeten gehabt, heute - in Jennys Gegenwart - gab es an Stelle des dritten Planeten eine große Lücke im Alwalal-System, und die Astronomen rätselten schon lange darüber, was aus diesem Himmelskörper geworden war. Jenny hatte die Antwort erfahren, sie war phantastisch und doch so
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