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0941 - Das unheile London

0941 - Das unheile London

Titel: 0941 - Das unheile London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adrian Doyle
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erklärliche Fantasien weckte, die stets etwas mit Gefahr zu tun hatten. Lance empfand es genau umgekehrt. Der Tag, die entlarvende Helligkeit, die kaum Raum zum Verkriechen ließ, stellte aus seiner Sicht die wahre Bedrohung dar.
    Von Natur aus war die Sache eigentlich klar geregelt und unterstützte seine Lebensthese.
    Betrachtete man den Planeten Erde nicht isoliert, sondern als Bestandteil des Universums insgesamt, musste selbst der letzte Volltrottel zugeben, dass die Nacht das eigentlich dominierende und natürliche Element war.
    Dunkelheit war der Zustand, der das Gesicht des Kosmos prägte. All die verlorenen Lichtlein - Sterne -, die sich wie furchtsame Tiere zu Galaxien scharten, waren nur der jämmerliche und zum Scheitern verurteilte Versuch eines »Gegenentwurfs« - Lance weigerte sich, an Gott oder eine höhere Fügung zu glauben -, sich gegen die eigentlich normale und alles ausfüllende Finsternis zu behaupten.
    Aber selbst Sterne verloschen. Das Weltall expandierte. Die Galaxien drifteten immer weiter auseinander.
    Moderne Thesen verwendeten immer häufiger den Begriff Dunkle Materie . Sie hielt nach Meinung der Astrophysik das Universum zusammen.
    Ein zynisches Schmunzeln legte sich um Eisenhuths Mund.
    Er mochte es, solche - von anderen als abstrus verlachte - Gedanken zu hegen.
    Im Park gingen die ersten Lampen an. Manchmal, wenn es ihn überkam, nahm er faustgroße Steine und warf damit die Laternen aus. Das Geräusch splitternden Glases und der Gewinn an Dunkelheit, den seine Tat herbeiführte, gaben ihm ein gutes Gefühl - zumindest für eine kurze Weile.
    Heute war ihm nicht danach. Heute wollte er nur seine Ruhe, vielleicht noch ein paar Liebespaare auf Parkbänken bespannen… aber später.
    Ein zermürbender Tag lag hinter ihm. Das Büro war manchmal schlimmer als jede Galeere, vor allem, wenn Jenkins, sein Chef, schlechte Laune hatte.
    Und die hatte er fast immer.
    Lance Eisenhuths Mundwinkel hatten ihr Lächeln längst wieder verloren. Mit gesenktem Haupt trottete er die Wege entlang. Andere Leute, die noch unterwegs waren, ignorierte er, seine Gedanken wanderten immer wieder zu dem Tag, als er im Büro von der Explosion in der städtischen U-Bahn gehört, den Anschlag aber noch nicht mit seinen Eltern in Verbindung gebracht hatte.
    Die traurige Wahrheit hatte ihn erst nach Feierabend ereilt. Die Wohnung war bei seiner Heimkehr leer gewesen, und es auch spätabends noch geblieben. Seine Eltern hatten ihm am Vorabend, als er sie das letzte Mal sah, nicht gesagt, dass sie vorhatten, länger wegzubleiben - und es war auch nicht ihre Art, sich nicht wenigstens einmal zwischendurch zu melden. Da sie sich beharrlich weigerten, sich ein Handy anzuschaffen oder schenken zu lassen, wusste sich Lance schließlich keinen anderen Rat mehr als bei der Polizei anzurufen. Man versprach, sich darum zu kümmern, und schon eine halbe Stunde nach seiner Vermisstenmeldung kam der Rückruf der Behörde. Man hatte die Toten des Sprengstoffanschlags inzwischen größtenteils identifiziert, und auch die Namen seiner Mum und seines Dads befanden sich auf der Liste.
    Für Lance war eine Welt zusammengebrochen, und die Scherben hatte er bis heute nicht kitten können.
    Nach außen hin tat er, als würde er ein relativ normales Leben führen, aber in ihm drin war etwas gestorben. Er hatte noch nie so viel an die Möglichkeit des eigenen Todes gedacht, und je länger er darüber grübelte, desto weniger erschreckend kam ihm der Gedanke vor.
    Er seufzte.
    Vielleicht, wenn er Freunde gehabt hätte, wenigstens einen einzigen, auf den er sich hätte verlassen, mit dem er über alles hätte reden können…
    Aber da war niemand, erst recht keine Frau, die den Schutzwall, den er um sich errichtet hatte, durchbrochen oder auf die er ein Auge geworfen hätte.
    Niemand.
    Und vielleicht war das Schlimmste daran, dass er nicht einmal das Gefühl hatte, die Freundschaft oder Liebe eines anderen oder für einen anderen zu vermissen.
    Lance steuerte eine verlassene Sitzbank vor einem kleinen Teich an. Er war ganz in Gedanken, wie so oft, und er wusste erst, dass er sich setzen wollte, als er bereits saß. Fast verwundert schaute er auf das Wasser, wo zwischen Halmen ein paar Enten schwammen.
    Er hasste Enten.
    Nein, so stimmte das auch nicht. Er hasste alte Männer und Frauen, die auf Bänken saßen und Enten mit alten Brotstücken aus raschelnden Papiertüten fütterten. Irgendwie bekam er davon immer Aggressionen und hätte

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