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0941 - Echsenauge

0941 - Echsenauge

Titel: 0941 - Echsenauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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vorbeifloß, wie ein Film mit schwachen Bildern. Auch die Geräusche kamen ihm so leise und fern vor, obwohl er mittendrin steckte.
    Er mußte weiter. Durch die Stadt. Nach Norden, wo Deliah wohnte. Er kannte die Straße nicht. Er wußte nur, daß sie nicht allzu weit vom Zoo entfernt war, und deshalb lag auf dem Beifahrersitz seines Autos auch ein korrekt gefalteter Stadtplan, der das Gebiet zeigte, in das er fahren wollte.
    Nahe des Regent Parks verteilte sich der Verkehr. Sie kamen jetzt besser voran. Auf dem Straßenbelag huschten die Lichter wie verlorene Seelen entlang, die den Weg in ihre Welt nicht finden konnten.
    Latow fuhr und fuhr. Ampeln, Kreisverkehr, er bewältigte alles automatisch. Seine Gedanken beschäftigten sich nach wie vor mit der Frau, so stark, daß seine Konzentration auf die Realität nachließ und er plötzlich das harte Kreischen hörte, als wäre eine Säge über Metall geglitten. Der Mann erschrak und schaute nach links, wo ihn Scheinwerfer anglotzten und ihr Licht in seinen Wagen schossen, das Innere erleuchteten, was auch so blieb, denn er hatte gebremst.
    Der andere ebenfalls.
    Nur wäre der ihm fast in den Wagen gefahren, weil Kurt ihm die Vorfahrt genommen hatte.
    Er erwachte wie aus einem Traum. Sekundenlang tat er nichts. Nur sein Herz schlug heftig. Als er hinter sich das böse Geräusch der Hupen hörte, erwachte er wieder.
    Jemand riß die rechte Fahrertür auf. Ein böses Gesicht, zwei Augen, ein Mund, der sich heftig bewegte, eine Stimme, die wie megaphonverstärkt in sein Ohr trompetete. »Bist du denn verrückt, du Penner. Du hast mir die Vorfahrt genommen, verdammt! Fast hätte es hier gekracht. Dann wäre ich dir in die Seite gefahren, Arschloch!«
    Kurt nickte. »Ja, ja«, flüsterte er. »Ich weiß es. Ich - ich habe es erfahren.«
    »Stehst du unter Drogen?«
    »Nein, es ging mir nicht gut.«
    »Dann laß deine Karre stehen.« Der andere Fahrer sagte nichts mehr und knallte die Tür zu.
    Latow atmete tief durch. Er startete den Motor wieder, den er abgewürgt hatte, ballte die Hände zu Fäusten und nahm sich vor, mit seinen Gedanken bei der Aufgabe zu bleiben, die vor ihm lag.
    Er mußte sich konzentrieren, sonst war alles umsonst. Ein Unfall hätte ihm noch gefehlt, dann hätte er sich das Treffen mit Deliah abschminken können.
    Durch die Bremsmanöver der beiden Fahrzeuge hatte es einen kleinen Stau gegeben, der sich aber rasch wieder auflöste, als beide gestartet waren. Kurt schaffte es tatsächlich, konzentrierter zu fahren, aber sehr bald schon hielt er an, um sich im Licht der Innenbeleuchtung den Stadtplan anzuschauen.
    Die Richtung stimmte. Er würde weiterhin nach Norden fahren müssen und nach ein paar Kilometern links abbiegen. Genau war es nicht zu erkennen, aber diese Straße führte in ein Gebiet hinein, über das er jetzt schon nachdachte. War es eine Industrieanlage? Es hatte ihm fast den Anschein, denn er entdeckte auf dem Stadtplan die Straße als Sackgasse mit Wendehammer.
    Man würde sehen.
    Die vielen Lichter waren verschwunden. Die künstliche Helligkeit des Abends hatte ihn verlassen, und er rollte durch die Dunkelheit, die nur von wenigen Lampen aufgehellt wurde.
    Wohngegenden passierte er. Häuser standen dicht an dicht. Er kam an Kanälen vorbei, rollte auch über eine Brücke hinweg, sah Bahngleise schimmern, auch Züge fahren, entdeckte die dunklen Mauern von Fabriken und war froh darüber, daß sich an diesem Abend kein Nebel über die Stadt gelegt hatte. Ein leichter Dunst war zwar vorhanden, der aber behinderte so gut wie nicht.
    Er fuhr am Zoo vorbei, dann hielt er noch einmal nahe einer kleinen Anlage an, um sich erneut zu orientieren. Als Berufsfahrer kam er mit dem Stadtplan gut zurecht. Über seine Lippen huschte ein Lächeln. Durch diese Mimik lobte er sich selbst, denn er befand sich auf dem richtigen und dem direkten Weg zum Ziel.
    Es würde alles klappen.
    Er fuhr weiter.
    Das Industriegebiet gab es tatsächlich. Wenn tagsüber hier gearbeitet wurde, so trat am Abend genau das Gegenteil ein. Schlafende Riesen, leere Straßen, wenige Laternen, kaum Menschen. Eine Gegend, die man in der Dunkelheit lieber mied, es sei denn, man war verliebt und wollte sich zurückziehen.
    Die schlafenden Riesen waren für ihn die hohen Hallen, die auf entsprechenden Grundstücken standen, wo er die parkenden Trucks oder Omnibusse sah, die zu den Firmen gehörten.
    Hier sollte jemand wohnen?
    Er konnte es sich nicht vorstellen, aber er glaubte

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