0945 - Zielort Kristallwelt
seit sie wieder hier im Palast gewesen war, gespürt. Wieder bleckte sie ihre schneeweißen Fänge. »Ich kann dir gerne klarmachen, inwiefern ich dir, auch ohne einen Dhyarra zu Hilfe zu nehmen, überlegen bin. Viel wird dabei von dir nicht übrig bleiben!«
Der andere Ewige verzog keine Miene bei dieser Drohung und trat nur sehr langsam aus Sinje-Lis Weg.
Jetzt kamen aus dem Schlafgemach Tan Moranos endlich die beiden Vampire, die dort mehr oder weniger unsichtbar Dienst taten.
»Der ERHABENE fragt nach Euch, Sinje-Li«, sagte der eine und nickte kurz.
»Gut!«, sagte die Raubvampirin, ohne den Blick von dem unbewegten Gesicht des Ewigen zu nehmen, der sie daran gehindert hatte, direkt zu den Zimmern Tan Moranos zu laufen. »Ich entnehme euren Mienen, dass dem ERHABENEN nichts Ernstes geschehen ist.«
»Nein, Herrin.«
»In Ordnung.« Dann ging sie langsam an dem Ewigen vorbei und wandte sich schließlich von ihm ab. »Bedient euch an ihm und dem anderen«, sagte sie verächtlich. »Bis nichts, kein Tropfen übrig ist. Sie haben es gewagt, mir in meinem Dienst am ERHABENEN im Weg zu stehen. Werft sie dann in den Garten. Vielleicht lehrt das die anderen, in Zukunft vorsichtiger und weniger aufsässig zu sein.«
Es war ihr eine Genugtuung, den Palastdiener hinter sich vor Angst und Schreck aufschreien zu hören, als sie um die Ecke ins Schlafzimmer Tan Moranos abbog.
Seine Schreie erstickten schnell.
Sinje-Li glaubte zufrieden, das Geräusch zu hören, mit denen ihre Leibwächter ihre Fänge in die Halsschlagader des Ewigen bohrten und in gierigen Schlucken tranken.
Doch dann verdrängte sie diesen angenehmen Gedanken und trat auf das überdimensionale Bett zu, in dem Tan Morano nächtigte.
»Mein Herr, du hast gerufen?«
»Konntest du nicht schneller kommen?«
»Herr, die Ewigen im Palast scheinen noch nicht verstanden zu haben, dass jetzt ein Vampir hier das Sagen hat. Vielleicht war es auch Eure Demonstration heute, die einige von ihnen so verbittert hat. Ich musste etwas tun, um meine und damit auch Eure Autorität zu untermauern.«
Der ERHABENE sah nachdenklich auf Sinje-Li herunter. »Ist das so?« Er schien ein wenig nachzudenken. »Sie sind also nicht damit einverstanden, dass ein Vampir, ein Blutsauger, wie sie sagen, an der Spitze ihres Volkes steht, meinst du?«
»Das könnte ich mir vorstellen, Herr. Niemand steht gern unter der Knute, aber noch viel weniger dann, wenn der… Herrscher nicht aus den eigenen Reihen stammt.«
Tan Morano lachte leise. »Du wolltest sagen, Tyrann. Dafür sollte ich dich töten, meine Liebe.«
Sinje-Li durchfuhr ein heißer Schrecken. Das war richtig. Sie hatte sich noch nicht daran gewöhnt, was Morano jetzt alles konnte.
»Streite es nicht ab«, sagte der ERHABENE nicht unfreundlich. »Gewöhne dich besser schnell daran, dass der Gehorsam mir gegenüber unbedingt zu sein hat. Deine Gedanken, dein Fühlen sind für mich wie ein offenes Buch. Und ich verlange unbedingte Loyalität.«
Er stand auf und zog einen prachtvollen in allen Regenbogenfarben schillernden Seidenmantel um sich. »Ich habe schlecht geträumt«, sagte er dann langsam.
»Geträumt?«, fragte Sinje-Li verwirrt.
»Ja. Eine Vision, die mir der Kristall geschickt hat.« Das klang in den Ohren der Raubvampirin ein wenig zu ungeduldig. Unwillkürlich schoss ihr die Frage durch den Kopf, ob Morano wirklich gut mit diesem Machtzuwachs, den die Verschmelzung mit dem Kristall bedeutete, fertig wurde. Doch sie verscheuchte den Gedanken, bevor sie ihn in Worte hatte fassen können.
»Diese Vision besagt, dass alle Vampire in Gefahr sind. Die auf der Erde und die in der Hölle. Besonders diese. Ich werde den Blutruf wieder aussenden. Den Blutzwang ausüben, damit alle Vampire hier auf den Kristallplaneten kommen und Sicherheit finden können.«
Für einige Sekunden war Sinje-Li sprachlos. »Aber, ERHABENER«, sagte sie schließlich, »haltet Ihr das für eine gute Idee?«
»Es muss einen Grund gegeben haben, warum das Schicksal mich gerade jetzt mit dem Kristall hat verschmelzen lassen. Warum es mir gerade jetzt diese unglaubliche Macht in die Hände spielte und warum ausgerechnet ich es war, der sie sich nehmen konnte.«
»Aber… aber wovor genau wollt Ihr die Vampire denn retten?«
»Vor einer unglaublichen Gefahr«, sagte Morano. Sein Tonfall machte klar, dass Sinje-Li jetzt besser keine Fragen mehr stellte. Und so hielt sie den Mund und ließ ihn weiterreden. »Lass dir gesagt sein, dass es
Weitere Kostenlose Bücher