0945 - Zielort Kristallwelt
in Choquai bewohnte, ließen wirklich glauben, sich in einem chinesischen Heimatmuseum zu befinden. Blau bemalte Vasen aus allerfeinstem Porzellan, Möbel aus antikem Holz standen im Zimmer und Kalligrafien, von denen Zamorra sicher war, dass sie von Fu Long selbst stammten, hingen an der Wand.
Eine klassizistisch aussehende kleine Uhr auf einer Kommode tickte leise. Das einzige Geräusch in dieser Stille der Bibliothek.
»Ist der Tee nicht nach deinem Geschmack?«
Zamorra, der eine Seidenrolle mit einem Landschaftsaquarell bewundert hatte, fuhr zusammen. »Oh doch!«, beeilte er sich zu sagen. Er nahm die unendlich feine Porzellanschale auf und nippte daran. »Ich habe selten so delikaten Tee getrunken. Selbst damals nicht, als ich hier in Choquai gelebt habe.«
In Fu Longs Mundwinkeln zuckte es. »Du bist ungeduldig, denn du fühlst dich hier nicht wohl. Das verstehe ich. Immerhin bin ich der Fürst der Finsternis. Ich sollte von Rechts wegen dein größter Feind sein.« Er richtete sich auf und klatschte zweimal laut in die Hände. Die Faltwand, die den Raum vom Hof abschloss, in dem sich Pfingstrosenbüsche und ein Seerosenteich mit Goldfischen befanden, öffnete sich.
Herein kam Liang, der Haushälter Fu Longs. Er fiel auf die Knie und legte die Stirn auf den Boden.
»Liang ist mein Haushofmeister«, sagte Fu Long. »Und er ist auch der Chef meines kleinen Geheimdienstnetzes, das ich an Stygias, an Astaroths und an Zarkahrs Hof unterhalte. Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich an Tan Moranos Hof niemanden hatte, denn ich habe ihn wohl unterschätzt. Ein Fehler, wie ich einräumen muss. Aber ich denke, das kann ich ausgleichen.«
Er betrachtete Zamorra kurz, als wolle er wissen, welche Reaktion diese Eröffnung hervorrufe, aber Zamorra gab sich alle Mühe, keinen Muskel zu bewegen. Doch innerlich war er durchaus überrascht und auch wieder nicht. Da mischte Fu Long in der Hölle entgegen seiner eigenen Aussagen wohl doch eifrig mit. Auch wenn er ständig erklärte, sich aus allem heraushalten zu wollen, so sorgte er doch dafür, über alles informiert zu sein. Nicht, dass Zamorra das nicht verstanden hätte. Das war wohl die einzige Möglichkeit für Fu Long, seine Hütte in Schuss zu halten, wenn man das so sagen wollte - sich eben herauszuhalten und dabei nicht übertölpelt zu werden.
Fu Long nickte nach ein paar Sekunden beinahe unmerklich, als er sah, dass Zamorra das nicht kommentieren wollte, und wandte sich dann Liang zu.
»Komm her, Liang. Du bist über die Meldungen von den Dämonenhöfen und dem Straßenklatsch informiert. Unser Gast hier wünscht einen Bericht darüber, was in der Hölle in letzter Zeit vor sich geht.«
»Herr, wo soll ich anfangen«, meinte Liang zögernd. »Hier in der Stadt haben die Menschen und Vampire selten Angst. Sie wissen, dass unser guter Herr über sie wacht. Die obersten Dämonen verhalten sich still, sie wissen, dass mein Herr sie von Lucifuge Rofocale befreit hat. Sie wagen unter anderem deshalb nicht, sich gegen ihn zu erheben. Doch die Dämonenkönige haben trotz allem Angst. Von Stygias Hof hört man nichts, aber die anderen Dämonenfürsten sind sicher, dass sich etwas Besonderes tut. Sie spüren eine Präsenz. Nicht an ihren Höfen, auch nicht in den Ländereien. Aber sie haben Vorahnungen. Vorahnungen von einem Wesen, dessen Bösartigkeit alles Dagewesene in den Schatten stellt und sich in der Hölle manifestiert hat. Sie glauben, dass es noch wächst, Astaroth meinte gar, dass es sich erst am Anfang seiner Entwicklung befindet. Doch schon jetzt macht es ihnen Angst.«
Liang unterbrach sich. Zamorra schwieg und starrte den Haushofmeister betroffen an. Was konnte denn so bösartig und allmächtig sein, allein durch seine Anwesenheit die Dämonenfürsten zu beunruhigen, ohne dass diese wussten, um wen es sich handelte?
»Herr, man erzählt sich, dass Stygia vielleicht etwas damit zu tun hat. Sie verhält sich auffallend still. Das ist man von ihr nicht gewohnt. Oder nur dann, wenn sie etwas im Schilde führt.«
Zamorra nickte nachdenklich. »Das ist es, was dir Sorgen macht«, sagte er dann zu Fu Long. »Ein Wesen, das mächtiger ist als alles andere. Das könnte auf Tan Morano in seinem Zustand glatt zutreffen. Aber warum spüren die Dämonenfürsten es dann in der Hölle? Der Kristallplanet ist vielleicht nicht gerade der idyllischste Ort im Universum, aber in der Hölle ist er definitiv nicht.«
Der chinesische Vampir nickte langsam. »Tan
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