0945 - Zielort Kristallwelt
diese Gefahr war, die mich den Schrei hat ausstoßen lassen«, fügte Morano nach einer Pause noch hinzu.
Sinje-Li starrte ihn an. Tan Morano hatte vor etwas so große Angst, dass er schrie? Doch sie kam nicht zum Nachdenken, denn er sprach bereits wieder. »Ich habe dich aber nicht rufen lassen, weil ich selbst befürchte, von dieser Gefahr bedroht zu sein, denn ich bin in meinem Zustand kaum angreifbar. - Ich habe Anweisungen an dich. Starless ist immer noch auf der Jagd nach Miso Vorrog, also bist du auf dich allein gestellt. Bereite alles auf die Ankunft meiner Kinder vor. Besorge Unterkünfte. Sage den Ewigen, dass sie damit rechnen müssen, dass mein Volk es sein wird, das meine Kinder zu ernähren hat.«
Sinje-Li zögerte etwas, aber sie konnte ihren Einwand nicht unterdrücken. »Herr, ich glaube, das wird zu Unruhen führen. Die Ewigen werden sich nicht einfach so aussaugen lassen.«
Tan Morano schnitt eine Grimasse der Achtlosigkeit und des Desinteresses. »Das ist mir egal«, sagte er. »Dann sollen sie eben dafür sorgen, dass es genügend Hilfsvölker gibt, von denen sich mein Volk ernähren kann. Für alles andere haben sie ja auch Dienervölker. Warum also nicht auch dafür?«
»Aber…«
»Sinje-Li, du aber-aberst zu viel herum. Ja, die Ewigen sind mein Volk. Aber ich bin Vampir. Zuerst kommen meine Kinder , dann erst mein Volk. Du magst das den Ewigen gerne mitteilen. Wer dagegen murrt, wird festgenommen. Sag Bescheid, wenn die Verliese voll sind, dann werden sie das gleiche Schicksal erleiden wie die Sampi. Auch das kannst du ihnen sagen. Und nun geh. Du wirst viel zu tun haben, denn ich werde den Ruf noch diese Nacht losschicken.«
Damit wandte er sich ab. Die Audienz war beendet. Sinje-Li erhob sich langsam und verließ das Gemach.
Was war das nur für eine Bedrohung, von der Tan Morano sprach?
Nun, ihr würde wohl genügen müssen, dass der ERHABENE ihr das zu gegebener Zeit mitteilte. In der Zwischenzeit würde sie dafür sorgen müssen, dass hier auf dem Kristallplaneten nicht ebenfalls eine Bedrohung erwuchs, vor der man die Vampire zu schützen hatte…
***
Morano hörte nur noch mit halbem Ohr, dass Sinje-Li den Raum verließ. Er registrierte, dass sie neben dem Türrahmen stehen blieb und ihn verstohlen beobachtete. Er lächelte leise. Einerseits bedeutete das Ungehorsam, andererseits würde sie so Zeuge seines Rufs und damit auch seiner Macht werden.
Er hatte sich schon in Richtung des Fensters gedreht, hinter dem wieder die blau leuchtende Nacht über dem Kristallplaneten zu sehen war, und musste sich konzentrieren, um den Ruf des Herrschers über die Vampire quer durch die Galaxis zu schicken, damit er auch wirklich alle Kinder der Nacht erreichte. Und der Ruf musste nicht nur in dieser Dimension, sondern auch in der der Hölle zu hören sein.
Tan Morano versenkte sich in sich selbst. Er musste jeden Vampir erreichen, jeden Blutsauger, jedes einzelne seiner Kinder. Aber er wollte nicht nur zu hören sein, er wollte auch, dass jeder Vampir die Dringlichkeit verstand, und dass er, der König, sich Sorgen um den Erhalt seiner Rasse machte. Er erfüllte nur seine Pflicht. Der ERHABENE spürte nicht, dass sein Dhyarra an seinem Halsansatz zu leuchten begann, während sich der Ruf in Tan Moranos Kopf manifestierte, immer deutlicher wurde und Gestalt und Form anzunehmen schien. Was er jedoch am Rand seines Bewusstseins spürte, war der Schrecken seiner Dienerin Sinje-Li. Sie sog die Luft ein, als die Stimme in ihrem Kopf widerhallte und sie unter den Zwang stellte, den er ausübte. Er sah am Rand seiner Gedanken, wie sie in die Knie ging, sich die Ohren zuhielt und den Mund öffnete, als wolle sie schreien. Doch angesichts des durch die Dimensionen hallenden Rufs drang kein Laut von ihr zu ihm durch.
Tan Morano schloss die Augen und konzentrierte sich darauf, den Ruf wieder und wieder zu senden.
Gefahr droht! Ich rufe alle Kinder der Nacht in meine Obhut - zögert nicht, folgt dem Ruf eures Königs!
Der Wunsch des ERHABENEN DER DYNASTIE verbreitete sich in die Galaxis, überall hin. Er durchdrang Köpfe, Gedanken und Wünsche aller Vampire.
Niemand, keines der Kinder der Nacht, entkam dem Ruf des Königs.
***
Das Chaos war perfekt.
Zamorra hielt sich im Hintergrund, doch wahrscheinlich hätte es keinen Unterschied gemacht, wenn er sich auch noch in das Gewühl gestürzt hätte - gesetzt den Fall, die Vampirfürsten und Clanchefs hätten ihn überhaupt gesehen.
Fu Long war
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