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0947 - Geballte Wut

0947 - Geballte Wut

Titel: 0947 - Geballte Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Borner
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neben seiner Sinneswahrnehmung auch seine Kräfte zurückkehrten. »Aber ich weiß, dass mir da kein Mediziner dieser Welt helfen kann. Das… war magischen Ursprungs, so viel steht fest!«
    Kathrynes Blick war eine Mischung aus Sorge und Unglaube. »Das kann nicht sein, Zamorra«, sagte sie in erstaunlich bemutterndem Ton. »Wärst du halbwegs auf dem Damm, wüsstest du das.«
    »Warum?«, erwiderte Rhett, der sich neben sie gehockt hatte und sie fragend ansah. »Etwa wegen des Amuletts?«
    »Genau«, antwortete seine Freundin. » Merlins Stern hätte ihn vor einem schwarzmagischen Angriff beschützt, wenn…«
    » Merlins Stern ist nicht mehr, was er einmal war«, unterbrach der Meister des Übersinnlichen ihren Redefluss. »Seit ich ihn von Asmodis' TÜV-Diensstelle zurückerhielt, [2] ist seine Funktionsweise anders, als ich es gewöhnt war. Nicht unbedingt grundlegend, aber im Detail.«
    Rhett nickte. »Außerdem steht nicht zweifelsfrei fest, dass die Attacke - was immer sie auch gewesen sein mag - schwarzmagischen Ursprungs war.«
    Kathryne sah sie beide an, als hätten sie gerade verkündet, von nun an unter dem Namen »Der große Zampino und der kleine Rhettandio«, als Bühnenzauberer im Varieté auftreten zu wollen. »Zamorra kollabiert am helllichten Tag mitten auf der Straße und ist selbst jetzt - Minuten später - kaum ansprechbar. Und du zweifelst daran, es mit Schwarzer Magie zu tun zu haben?«
    Rhett hob die Schultern. »Ich meine doch nur…! Wer weiß, wie verlässlich das Amulett überhaupt noch ist?«
    »Und was jetzt?«, schaltete sich Dylan wieder ein. Der junge Unsterbliche war hinter das streitende Pärchen getreten und sah Zamorra aufmunternd an. »Einfach abschütteln und weiter?«
    »Ganz genau«, antwortete Zamorra, schenkte seinen Begleitern ein Lächeln, das hoffentlich zuversichtlicher aussah, als er sich fühlte, und erhob sich langsam. Dann ging er zur Metro.
    Kapitel 6 - Jenseits der Zeit
    Dass etwas nicht stimmte, sah doch ein Blinder.
    Oder besser: Er spürte es. Kathryne schritt über den menschenleeren Bahnsteig, betrachtete die Fahrpläne, Werbeplakate und Plastikstühle, und ließ die Atmosphäre der unterirdischen Haltestelle auf sich wirken. Es war keine gute.
    Dabei war Cité wirklich schön, optisch zumindest. Weiß umrahmte, an Jugendstil-Design erinnernde Lampen hingen an goldenen Haltern von der gewölbten Decke. Die weiß gefliesten Wände waren sauber und ordentlich, auf dem steinernen Boden lag kaum Schmutz, und selbst die opulenten Werbetafeln, mit deren Vermietung sich die RATP fraglos ein kleines Vermögen verdiente, fielen nicht negativ ins Auge.
    Doch die Fassade hatte Risse, und man musste kein Meister des Übersinnlichen sein, um sie zu bemerken.
    Die Deckenlampen leuchteten nicht, sie flackerten, Flammen gleich, mal heller und mal dunkler. Das Licht, das sie verströmten, wirkte auf eine absurde Art krank , die Kathryne nicht einmal unter Androhung von Lebensgefahr hätte in Worte fassen können. Die elektronischen Anzeigetafeln, die das Eintreffen und die Abfahrt der nächsten Züge der Linie 4 ankündigen sollten, funktionierten allem Anschein nach nur äußerst sporadisch - wenn überhaupt. Einmal war ihr sogar, als sähe sie im Augenwinkel, wie statt des Fahrplans eine obszöne Beleidigung auf einer der Tafeln erschien. Doch als sie genauer hingeschaut hatte, waren da nur sinnfrei zusammengesetzte Buchstaben gewesen.
    Dieser Ort… war wie verhext.
    Schon oben am Anfang der Treppe war es ihr aufgefallen. Metro-Stationen in der Pariser Innenstadt waren beliebte Anlauf stellen für Touristen und Stadtbewohner aller Art, aber Cité blieb an diesem Morgen leer. Anstatt die Bahn zu nehmen, wandten sich die hiesigen Touristen und die Berufspendler an die Taxistände, die den Boulevard an beiden Seiten des Stationseingangs säumten, und bescherten den dort parkenden Fahrern vermutlich den Umsatz ihres Lebens. Oben hatte sich Kathryne noch über dieses Verhalten gewundert. Unten glaubte sie, es zu verstehen.
    »Als hätten sie instinktiv gespürt, dass hier etwas Böses lauert, oder?«, fragte Rhett. Sie hatte den Erbfolger gar nicht kommen hören, so sehr hatten ihre Gedanken sie in ihren Bann gezogen. Rhett sprach mit leiser, sanfter Stimme - wie ein Besucher einer Kathedrale, der die Stille des Bauwerks nicht stören wollte.
    Also geht die Atmosphäre nicht nur mir an die Substanz. »Liest du jetzt auch Gedanken?«, fragte Kathryne zurück und bemühte sich

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