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0949 - Das Kind, das mit den Toten sprach

0949 - Das Kind, das mit den Toten sprach

Titel: 0949 - Das Kind, das mit den Toten sprach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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durchaus sein.«
    Ich nickte. »Wenn Sie die Schnitzereien genauer betrachten, werden Sie feststellen, daß es sehr böse Auswüchse sind. Auf dem Rahmen sehen Sie zunächst einmal Gesichter, aber bei genauerem Betrachten wird Ihnen auffallen, daß dies keine Gesichter sind, sondern einfach nur widerliche Fratzen. Ja, Fratzen, Mrs. Bates. Und ich möchte auch nicht bei dem Begriff widerlich bleiben, sondern sie als dämonisch bezeichnen. Dämonische, abstoßende Gebilde, die sicherlich nicht grundlos im Rahmen hinterlassen worden sind.«
    Ich schwieg und wartete auf eine Antwort. Die Frau ließ sich Zeit und meinte: »Da können Sie recht haben, Mr. Sinclair, bestimmt sogar. Aber ich komme nicht ganz mit.«
    »Fragen Sie?«
    »Das muß doch nichts zu bedeuten haben, denn ich habe auch an Kirchenportalen oft genug Fratzen gesehen. Scheußliche Köpfe, widerliche Körper, die mich einfach anekelten und ich eigentlich nie verstand, weshalb man sie angebracht hat, bis ich später erfuhr, daß man eben im Mittelalter oder kurz danach noch anders dachte.«
    »Das stimmt alles, Mrs. Bates. Vielleicht verhält es sich hier ähnlich, aber bitte nur ähnlich und nicht ebenso. Man brachte früher die schrecklichsten Gestalten an den Mauern der Kirchen und Dome an, um irgendwelche Geister zu vertreiben. Es ist durchaus möglich, daß hier der umgekehrte Erfolg damit erreicht werden sollte.«
    Ellen nickte und hielt dabei den Mund offen. »Jetzt verstehe ich. Sie glauben, daß die Dämonen oder Geister angelockt werden sollten. Dieser Spiegel ist gewissermaßen ein Nest, eine Heimat für sie.«
    »So ähnlich.«
    Ellen Bates starrte das Oval an, als wollte sie im nächsten Augenblick einen Stein hineinwerfen. Dann zuckte sie zusammen und schüttelte den Kopf. »Und jetzt hat dieses Monstrum meine Tochter geholt. – Ich kann es einfach nicht fassen.«
    »Wir werden Marion wieder zurückbekommen, davon bin ich fest überzeugt.« Ich war während der Worte zu ihr gegangen und ließ mich in Ellens Nähe nieder.
    »Sagen Sie das nur so, oder meinen Sie das auch?«
    »Ich meine es so.«
    Ellen schwieg und senkte den Kopf. Ich ahnte, welche Gedanken sie quälten und riet ihr, nicht in einen schlechten Zustand zu verfallen und zunächst einmal abzuwarten. Es mußte nicht alles schlecht ausgehen. Ich erzählte ihr auch davon, daß ich Spiegel dieser Art kannte und auch Menschen aus anderen Welten zurückgeholt hatte.
    »Aber davon habe ich jetzt nichts. Marion ist verschwunden. Wenn Sie sich wundern, daß ich trotzdem so ruhig hier sitze, muß ich Ihnen sagen, daß es nicht an mir liegt. Ich habe eine relativ hohe Dosis Valium geschluckt. Jetzt geht es mir zwar innerlich nicht besser, aber ich habe mich zumindest wieder unter Kontrolle.«
    »Ja, okay. Ich möchte noch mit Ihnen reden, bevor ich den Spiegel mitnehme.«
    »Wollen Sie mich allein lassen?«
    »Nicht unbedingt. Ich kann hier bei Ihnen bleiben oder Ihnen einen Schutz zukommen lassen.«
    Sie lehnte sich zurück und atmete tief durch. »Das weiß ich alles nicht, Mr. Sinclair. Für mich sind die Dinge einfach zu neu und auch zu fremd. Ich muß darüber nachdenken, aber ich sehe die Zukunft nicht sehr rosig. Ich weiß überhaupt nicht, warum das alles geschehen ist. Welch einen Zusammenhang es mit dem Spiegel und meiner Tochter gibt.«
    »Sie bekam ihn von ihrem Vater geschenkt, wenn ich mich nicht irre.«
    »Ja, Tillman brachte ihn mit.«
    »Wann war das?«
    »Kurz vor unserer Trennung.«
    »Weshalb schenkte er Ihrer Tochter den Spiegel?«
    Sie hob die Schultern. »Das möchte ich auch gern wissen, Mr. Sinclair. Ich kann es Ihnen nicht genau sagen, weil ich einfach keine Ahnung habe. Er brachte ihn mit, hängte ihn auf und fragte Marion, ob er ihr gefiele, und sie stimmte zu. Sie war auch dafür, daß er in ihrem Zimmer aufgehängt wurde. Damals habe ich nicht richtig darüber nachgedacht, ich hatte andere Sorgen. Heute aber fange ich an zu kombinieren und bin jetzt der Meinung, daß Tillman schon genau gewußt hat, was er tut. Er hatte den Spiegel nicht grundlos abgegeben, Mr. Sinclair. Er hatte irgend etwas damit bezweckt, nur weiß ich wirklich nicht, was es sein könnte. Ob er vielleicht mit meiner Tochter in Verbindung bleiben wollte? Eben durch diesen Spiegel? Können Sie sich das vorstellen?«
    »Auch.«
    »Und was noch?«
    Ich sah ihren bittenden Blick, aber eine konkrete Antwort kriegte die Frau von mir nicht. »Sie haben den Namen Ihres ehemaligen Mannes angesprochen.

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