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0952 - Nacht über New Amsterdam

0952 - Nacht über New Amsterdam

Titel: 0952 - Nacht über New Amsterdam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Borner
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vermischte sich mit den Gerüchen diverser Schnellküchen, dem Leder der teuren Handtaschen in der Auslage von Zara's und dem Duft der Massen, die von hier nach dort gingen, schlenderten, eilten. Es war Nacht geworden, und zumindest hier im Vergnügungsviertel machte die Stadt, die niemals schlief, keinerlei Anstalten, sich von irgendwelchen Zombie-Meldungen die Freizeitplanung verderben zu lassen.
    Auch die Fenster der Film Acting School & New York Film Academy waren hell erleuchtet, und aus der offen stehenden, zweiflügligen Tür drang leise Jazzmusik nach draußen. Das Gebäude war typisch Big Apple: ein zehnstöckiger Kubus von einem Haus, mit Flachdach und einer Grundfläche, die anderswo schon fast einen ganzen Straßenblock ausgemacht hätte. Rote Fahnen, auf Höhe der ersten Etage schräg von der Außenfassade abstehend, trugen den Namen der altehrwürdigen Einrichtung und ließen Passanten wissen, dass hinter diesen Mauern und Fenstern am Schönen, Edlen und Guten gearbeitet wurde - an der Kunst. Die FAS/NYFA war eine der führendsten Schauspiel- und Filmschulen des gesamten Landes.
    »Und Sie sind sicher, dass der Typ hier steckt?« Steven Zandt grunzte und strich sich Flusen von seinem Trenchcoat. »Um diese Zeit?«
    »Winston? Ohne Frage.« Sanders nickte. »Das lässt der sich nicht entgehen.«
    Zamorra ließ seinen Blick schweifen. Sie standen zu dritt vor dem Eingang des Gebäudes, und nach rechts und links war nahezu jede freie Fläche mit Plakaten der Veranstaltung zugekleistert, auf die Sanders sich bezog: die »American Giallo Retrospective - Retrospektive einer (fast) vergessenen Kunstform«.
    »Kunstform«, murmelte der Lieutenant abschätzig. »Als ob dieses intellektuelle Studentenpack hier auch nur eine Ahnung davon hätte, was am Giallo wahre Kunst war…«
    Sanders hob die Brauen. »Respekt, Lieutenant. So viel Leidenschaft, so viel Begeisterung!«
    »Kann ich was dafür, dass mir das Genre gefällt?«, blaffte Zandt zurück, grinste aber. »Wäre ich heute Nacht nicht im Dienst, säße ich jetzt garantiert ebenfalls da drin.«
    Das Da , auf das er sich bezog, war das hausinterne Kino des Instituts, das sich im Keller des Hauses 568 Broadway befand und in dem seit zwei Tagen, so machten die Plakate deutlich, nichts anderes, als die splatterhaften Kultstreifen gezeigt wurden, in denen Leute wie Eric Brognosian zu kurzem Ruhm gekommen waren. Dem Aussehen der Plakate - und der für ein so ehrwürdiges Haus eigensinnigen Thematik der Reihe - nach zu urteilen, wurde diese Retrospektive von Studenten für Studenten organisiert und zählte nicht zum Lehrplan des Semesters.
    »Verzeihung, aber warum sollte Winston sich hier aufhalten?«, fragte der Professor. Sie waren gekommen, um dem Mann, der Chief Taima zufolge massives Interesse an dem Gelände am Park Plaza gezeigt hatte, ein wenig auf den Zahn zu fühlen - denn ungeachtet des Geschehens vom Central Park, das ihnen nach wie vor Rätsel aufgab, hatte ein Doppelmord stattgefunden. Der an Ballantine und Champlain. Und Brognosian war zur Tatzeit definitiv kein Zombie gewesen. Sondern jemand, der wahrscheinlich im Auftrag unbekannter Hintermänner agierte. Hintermänner, die ein Interesse daran hegten, ihr wirres Treiben den Watumbi anzulasten? Hintermänner wie J. Cameron Winston?
    »Er ist Schirmherr dieses Spektakels«, antwortete Sanders, der sich ausgiebig informiert zu haben schien. »J. Cameron Winston, Ende Fünfzig, ist einer der ganz Großen in Manhattan. Geld wie Heu. Diverse Exfrauen, diverse Maseratis, diverse Feriendomizile in Dubai, auf den Keys oder wo auch immer sonst Leute wie Sie und ich nie hinkommen werden. Aber man sieht ihn selten auf den üblichen High-Society-Spektakeln, weil sich Winstons Einkommen aus einer anderen, eher backstage geschehenden Tätigkeit erwirtschaftet: Er ist Filmverleiher.«
    » Der Filmverleiher«, ergänzte Zandt. »Einen Einflussreicheren werden Sie in den ganzen USA nicht finden. In Hollywood entsteht kaum ein Blockbuster, bei dessen Personalentscheidungen Winston nicht seine Finger im Spiel hätte.«
    »Und er begann seine Karriere an der FAS/NYFA , hier.« Sanders deutete einladend auf die offen stehende Tür. »Die Studenten bitten ihn immer wieder zu ihren Feiern her, weil er jedes Mal ordentlich einen ausgibt.«
    Klingt jetzt nicht so unsympathisch. dachte der Professor skeptisch und folgte seinen Begleitern ins Innere von 568 Broadway.
    ***
    Sie kamen!
    Himmel, sie kamen tatsächlich.
    J.

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