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0953 - Der Fluch von Eden

0953 - Der Fluch von Eden

Titel: 0953 - Der Fluch von Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adrian Doyle
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beiden Jungs, die schon vorgegangen waren.
    Ein Hauch von Wärme empfing Nele jenseits der Schwelle. Es roch nach allem Möglichen, und nicht jede Nuance war angenehm. Aber insgesamt war es hier eindeutig besser als draußen in der Herbstkälte.
    Helligkeit verströmte fast ausschließlich das kokelnde Feuer im Herd. Die Fenster waren wieder verhangen, die Tür wurde von Frida geschlossen, nachdem sie eingetreten waren.
    »Alles mein«, lächelte sie zahnlos im Zwielicht und machte eine Geste, die den Innenbereich des Häuschens umschloss. Es gab nur einen großen Raum.
    Nele und ihre Geschwister waren Besseres gewohnt - aus besseren Zeiten.
    Aber die schienen mehr als ein Menschenleben weit hinter ihnen zu liegen.
    ***
    Später fragte Nele sich oft, wie Frida es geschafft hatte, dass sie so schnell Zutrauen zu ihr gefasst hatte - insbesondere nach der prägenden Erfahrung mit Wenzel, dem sie auch bereit gewesen war, ihr Herz auszuschütten und der sie so schmählich hintergangen hatte. Aber die alte Frida war ein anderes Kaliber, ganz entgegen ihrem bärbeißigen Auftreten, mit dem sie sich anfangs hatte Respekt verschaffen wollen. Nele und ihre Brüder hatten noch nie eine so selbstlose und fürsorgliche Person erlebt, wie Frida es war; nicht einmal Agnes, die gern gelittene Kinderfrau - der das Schicksal wohl auch übel mitgespielt hatte und die wahrscheinlich ebenfalls tot, zumindest aber in Knecht- oder Gefangenschaft geraten war - reichte daran heran.
    Noch am ersten Tag - abends, als die Geschwister noch tief und fest seit dem Morgenmahl schliefen - entlockte Frida ihr jedes noch so kleine Quäntchen Information, wie es zugegangen war, dass die Geschwister nach Libur gekommen waren.
    Von Inquisitoren des Erzbischofs, offenbar einem Orden, der für spezielle Belange der Kirche einstand, hatte auch Frida bis zu dieser Stunde noch nichts gehört gehabt. Aber sie sog alles in sich auf, was Nele dazu zu berichten hatte. Einmal atmete sie entsetzt aus - als Nele auf die wandelnden Toten zu sprechen kam, die ihres Vaters Lagerhaus bevölkert hatten. Und fast hatte Nele den Eindruck, dass Fridas Gedanken zu dem Geheimnis hin drängten, das Albrecht Großkreutz wohl dazu befähigt hatte, Tote wieder zum Leben zu erwecken. Instinktiv ahnte Nele, warum Frida diese Sache so beschäftigte: Wie alle alten Leute, die noch am Leben hingen, ersehnte wohl auch sie sich ein Pülverchen oder einen Trank, der ihr noch ein Zahl von Jahren mehr auf Erde beschert hätte, als Gott der Allmächtige für sie reserviert hatte.
    Nele fühlte kurz Mitleid in sich aufflammen, aber dann überspielte Frida ihr geheimes Sehnen; vielleicht merkte sie, dass das Mädchen vor ihr ein natürliches Gespür für Unausgesprochenes hatte.
    Das Einzige, worüber Nele nur verklausuliert mit Frida gesprochen hatte, war die seltsame Gabe, die offenbar in ihr erwacht war - und die immer dann zum Vorschein trat, wenn Nele sich bedroht fühlte. Dennoch schienen Fridas Blicke ihr zu sagen, dass sie zumindest eine vage Ahnung hatte, was Nele ihr da vorzuenthalten versuchte.
    »Ich habe nie eigene Kinder gehabt«, sagte sie an jenem ersten Abend, kurz bevor auch Nele sich schlafen legte. »Natürlich hatte ich Männer - aber sie hielten es nie lange bei mir aus. Dafür gaben sie mir die Schuld. Wahrscheinlich hatten sie recht. Ich fühlte mich immer zu gut für diese groben Klötze. Und ich ließ sie spüren, dass ich mir andere Männer wünschte, als sie es waren. Viele von ihnen schlugen mich.« Sie schob die Ärmel ihrer vielen Kleider hoch, darunter kamen Narben zum Vorschein. »Sie waren nicht zimperlich. Aber ich war es auch nicht.« Sie forschte in Neles Gesicht, ehe sie weitersprach. »Es gibt keinen Mann, gegen den nicht auch ein Kraut gewachsen wäre.« Sie senkte den Blick.
    Nele blickte sie erschrocken an. Die Art, wie Frida das Wort »Kraut« betonte, weckte ungute Gedanken. Konnte es tatsächlich sein, dass die alte Frau ihr gerade einen Wink mit dem Zaunpfahl gegeben hatte, wie sie ihre brutalen Männer los geworden war? Aber sie beruhigte sich. Gewiss wäre es nicht lange verborgen geblieben, wenn Frida immer wieder die Liebhaber weggestorben wären.
    Doch irgendetwas an dem Gesicht der Alten wollte den Einwand nicht gelten lassen.
    Nele verstand nicht, warum sie nicht das kalten Grausen packte. Warum sie Frida selbst nach Keimen eines solchen Verdachtes noch mochte.
    Aber genauso war es. Die alte Frau hatte an diesem Tag, seit sie in aller

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