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0953 - Der Fluch von Eden

0953 - Der Fluch von Eden

Titel: 0953 - Der Fluch von Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adrian Doyle
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Vorhaltungen -, aber schon während sie darüber redeten, ahnte sie, dass Fridas Idee in einer Katastrophe gipfeln würde.
    Dennoch duldete und unterstützte sie es, als Frida sich den kleinen Noah schnappte und ihn zu Neles Überraschung nicht einfach nur mit einem Seil festband, sondern mit einer Eisenkette, die irgendwann vielleicht einmal einen besonders starken und bissigen Hund gehalten hatte. Jedenfalls gab es sie schon, in irgendeiner Ecke zusammengerollt und fest im Mauerwerk des Häuschens verankert.
    Frida entwickelte nicht nur Kräfte, die ihr niemand zugetraut hätte, als sie den sich mit Händen und Füßen wehrenden Noah an die Kandare nahm. Sie war auch ungemein geschickt, als es darum ging, um eine Eisenschelle um das linke Fußgelenk zu legen und eine Niete so einzuschlagen, dass es Noah unmöglich sein würde, diese Fessel aus eigener Kraft wieder loszuwerden.
    Er tobte während der ganzen Zeit, und sein Bruder Julius stand wie unter Schock, während er zusah. Nele und Frida erklärten ihm und Noah den Grund für diese Maßnahme - wobei Nele längst bezweifelte, richtig zu handeln -, aber das änderte nichts daran, dass Noah sie wie eine Inkarnation Wenzels oder des Erzbischofs anschaute. In dem Moment, da sich die Klammer um sein Bein schloss, schien auch das letzte Heile in ihm zu zerbrechen. Nele erschauderte. Sie hatte das Gefühl, das Geräusch, mit dem es in Noah entzweiging, zu hören .
    Kurze Zeit später wurde er ganz apathisch. Nele wollte zu ihm, aber Frida hielt sie zurück. »Lass ihn. Er hat sich beruhigt. Wenn wir ihn jetzt wieder losmachen, ist nichts gewonnen.«
    Widerstrebend gab Nele nach. Noah kauerte neben dem Herd und starrte einfach nur auf die Fessel.
    Tags darauf verweigerte er jede Nahrung. Wieder wollte Nele einschreiten - alles schien durch Fridas Einfall nur noch schlimmer zu werden. Doch Frida schaffte es, Nele noch einen Tag abzuringen, bevor auch sie sich geschlagen geben wollte. »Wenn Noah seinen Hungerstreik dann nicht aufgibt, war es eine Schnapsidee. Dann ist er wieder frei.«
    Die kommende Nacht verlief erstaunlich ruhig. Noah zerrte nicht an seiner Fessel und gebärdete sich nicht so toll wie die Nacht zuvor.
    Doch als Nele am Morgen nach ihm schaute, war ihr kleiner Bruder steif und kalt. Er hatte sich die Kette um den Hals gewickelt und selbst stranguliert.
    ***
    Frida verkraftete den Tod des Jungen nicht. Sie knüpfte sich noch am selben Abend auf - an der Dorfeiche, die starke, niedrig hängende Äste hatte. Nachbarn fanden sie, als sie ausschwärmten, um nach ihrem Verbleib zu forschen.
    Noah war noch nicht unter der Erde, als auch schon das nächste Grab ausgehoben werden musste.
    Obwohl niemand Nele und Julius ins Gesicht sagte, dass sie - ihr Erscheinen in Libur - Unglück über die Gemeinde gebracht hatte, spürten beide doch von Tag zu Tag mehr die Ablehnung, die sich gegen sie aufbaute. Nach Fridas Tod wohnten sie weiter in ihrem Haus. Aber Ruhe oder gar Ansätze von Glück, wie zu Zeiten, als sie noch vollzählig gewesen waren, fanden sie darin nicht mehr.
    Julius versuchte Nele beizustehen, wo immer er konnte. Trotzdem kam er eines Tages mit blutig geschlagener Nase nach Hause. Er war in Streit mit anderen Kindern geraten, die ihn Mörder geschimpft hatten. Frida war allgemein beliebt und geachtet gewesen. Ihr Tod hatte eine Lücke hinterlassen, die niemand schließen konnte, und schon gar nicht Nele.
    Sie versuchte, ihrem Bruder Mut zuzusprechen, ihn darauf einzuschwören, dass sie beide immer füreinander da sein würden, ganz egal, was auch passieren mochte. Doch Julius sprach immer öfter davon, wieder in Köln zu sein, dort Arbeit und ein Dach über dem Kopf zu finden - so lange, bis Nele sich breitschlagen ließ, es zu riskieren. Sie hoffte, dass die Inquisitoren nicht mehr nach ihnen suchten und dass die Größe der Stadt ihnen eine Chance bot, irgendwo unerkannt ein neues Leben aufzubauen.
    Als das Frühjahr kam und die ersten Blumen zu blühen begannen, fühlte sie auch in sich und Julius die Lebensgeister neu erwachen.
    Er wirkte erleichtert, als sie ihm mitteilte, dass sie einverstanden sei - einverstanden, in den Schmelztiegel Köln zurückzukehren. Aber zu ihren Bedingungen und mit der gebotenen Vorsicht.
    Er erklärte sich mit allem einverstanden, Hauptsache, fort aus Libur, wo das Grab seines Bruders lag, das tags zuvor geschändet worden war. Jemand hatte die Erde wie einen Acker durchwühlt und das Grabkreuz mit seinem Namen

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