0953 - Der Vampirwolf
der sich nicht.
»Besetzt?« fragte Suko, der natürlich mitbekommen hatte, was los war.
»Nein, es hebt nur keiner ab.«
»Dann ist er nicht da.«
Ich nickte über den Schreibtisch hinweg. »Das denke ich auch.«
Suko lehnte sich zurück. »Vielleicht befindet er sich schon auf dem Weg, um den Vampirwolf zu suchen.«
»Ich schließe nichts aus.«
Suko deutete mit einem Kugelschreiber auf mich. »John, vielleicht haben wir beide einen Fehler begangen.«
Natürlich wußte ich, worauf er hinauswollte. »Du meinst, wir hätten auf das Angebot der Wölfin eingehen sollen?«
»Ja.«
Ich wiegte den Kopf. »Gab es denn Anhaltspunkte? Nein, wir hätten nur auf einen Verdacht hin umherfahren können. Vielleicht sogar nach Rumänien starten und was weiß ich nicht tun sollen. Und das alles ohne Spuren, ohne Hinweise oder wie auch immer?«
»Gefällt mir auch nicht«, gab er zu.
»Also warten wir«, sagte ich.
Er grinste mich an. »Große Lust hast du aber auch nicht, wie?«
»Nein, denn bei dem Wetter gefällt es mir sogar hier im Büro. Aber ich könnte mir vorstellen, daß Morgana Layton versuchen wird, uns zum zweitenmal zu treffen, wenn sie etwas mehr weiß.«
Suko war anderer Meinung und tat sie auch kund. »Die ist sauer, John, verdammt sauer sogar.«
Ich schaute in meine leere Tasse. »Das mag alles sein. Geht es aber um ihren Vorteil, vergißt sie alles. Darauf kannst du dich verlassen. Zugleich möchte ich dich noch beruhigen. Auch mir hat die Entwicklung nicht gefallen. Vielleicht haben wir in der vergangenen Nacht einen Fehler gemacht. Aber wer ist schon fehlerfrei?«
»Stimmt auch wieder.« Er stand auf. »Ich werde mir noch eine Tasse Kaffee holen.«
»Okay, dann bring mir eine mit.«
Suko hob auch meine Tasse an und ging ins Vorzimmer. Ich blieb zurück und gab ehrlich zu, daß ich mich nicht eben wohl fühlte. Es konnte durchaus sein, daß wir einen Fehler begangen hatten, aber wenn möglich, bügelten wir ihn wieder aus. Irgendwann würde ich unseren Freund in Rumänien ja erreichen.
Die Gewißheit war da, aber ich konnte mit ihr nicht viel anfangen. Ein Stück schlechtes Gewissen blieb doch zurück…
***
Auch in Rumänien hatte der Winter mit Schnee, Frost und brutaler Kälte zugeschlagen. Das Land lag unter einer weißen Decke, die in den Bergen höher war als in den größeren Städten, aber auch in der Hauptstadt Bukarest war die weiße Pracht noch nicht getaut, sie hatte nur im Laufe der Zeit Schmutz angesetzt. Wenn eben möglich, blieben die Menschen in den mehr oder weniger gut und schlecht geheizten Wohnungen. So hielt sich selbst in der großen Stadt Bukarest der Verkehr in Grenzen.
Trotz aller Veränderungen war das Land noch immer relativ arm. Es gab eine Schicht, die gut verdiente, doch die meisten der Bewohner lebten von der Hand in den Mund. Irgendwie war es noch wie damals. Die Korruption war überall. Es hatten sich auch Banden gebildet, die von Rumänien aus ins Ausland vorstießen, dort raubten und plünderten.
Spezialisiert hatten sie sich auf Tresore. So waren schon fast tausend Tresore von ihnen abtransportiert worden. Bevorzugtes Einbruchsland war Deutschland geworden, auch weil sie es dort mit einer ziemlich humanen Polizei zu tun hatten.
Über diese und weitere Probleme wußte Frantisek Marek, der Pfähler, zwar Bescheid, aber er kümmerte sich nicht darum, weil es nicht seine Aufgabe war. Sein Leben wurde durch andere Dinge diktiert, eben durch die Existenz der verfluchten Blutsauger, die Marek vernichten wollte.
Vor Jahren noch hatte man über ihn gelacht, ihn nicht für ernst genommen, aber die Zeiten hatten sich auch für ihn geändert. So war er schon von der Polizei anerkannt worden, auch wenn man es offiziell nicht zugeben wollte. Wenn aber wirklich Not am Mann war und ein Fall eintrat, wo die Polizisten vor einem Rätsel standen und dieser Fall zudem noch in eine bestimmte Richtung wies, dann wurde eben ein Mann wie Frantisek Marek hinzugeholt.
Außerdem wußten seine Landsleute auch, welche Geschichten und Legenden in diesem Land erzählt wurden, und nicht alle waren frei erfunden.
Daran mußte Marek denken, als er in dem kleinen Bahnwärterhaus hockte, seine Hände an der mit heißem Kaffee gefüllten Tasse wärmte und durch die angeschmutzte Scheibe nach draußen auf den großen Güter- und Verladebahnhof schaute, der so etwas wie ein Zentrum war. Von hier aus fuhren die Züge in alle Richtungen.
Aus diesem Grund war Marek nicht hier. Er wartete
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