0953 - Der Vampirwolf
harter Fall bevorstand. Möglicherweise einer der härtesten in seinem Leben. Aber er war guten Mutes. Seit kurzem brauchte er sich nicht mehr nur auf seinen alten Eichenpflock zu verlassen, er hatte inzwischen eine neue Waffe bekommen, das Vampirpendel, das wie ein Sensor auf das Vorhandensein der Blutsauger reagierte. Und sicherlich auch auf eine Mutation von Vampir und Werwolf…
***
Schon nach wenigen Minuten hatte der Pfähler den Eindruck, durch unsichtbares in der Luft treibendes Eis zu gehen, so kalt war der Wind. Wie mit zahlreichen Messern gespickt schnitt er in seine Gesichtshaut.
Er hielt den Kopf gesenkt, der von seiner Mütze einigermaßen geschützt wurde, und auch die Ohren waren unter den nach unten gedrückten Klappen verschwunden.
Die Gegend hier war nicht nur vom Wetter her kalt, auch landschaftlich machte sie einen ungemütlichen und abweisenden Eindruck. Die zahlreichen Schienenpaare, die vielen Leitungen, die alten und schmutzigen Waggons, die Signale, die Lichter, das Rollen der Räder über die Metallstränge, das Pfeifen der Loks oder die harten Geräusche, die entstanden, wenn die Waggons zusammengekuppelt wurden.
Selbst der Atem schien vor ihren Lippen zu gefrieren, und Marek fuhr mit dem Handballen einige Male über seine Nasenspitze hinweg, denn er wollte nicht, daß ihm die Nase einfror.
Wenn sich der Winter so zeigte, konnte man ihn nur hassen.
Man konnte dieser Umgebung nichts Positives abgewinnen. Selbst die silbrige Eisschicht auf vielen Metallteilen sah schmutzig aus. Sie hatte sich eben den Umständen angepaßt.
Die beiden Männer gingen nebeneinander her. Sie schauten zu Boden, um den Hindernissen auszuweichen, die sich in Form von Gleisen oder Schotter aufbauten. Nicht weit entfernt rollte eine alte Diesellok vorbei, die ihnen den Geruch von Öl und Metall entgegentrieb.
Hier wurde gearbeitet, rangiert. Manchmal hallten die megaphonverstärkten Stimmen der Arbeiter an ihre Ohren. Das Eis wollte sich überall bilden, sogar in ihren Augen wurde das Tränenwasser hart. Kein gutes Wetter, um Blutsauger zu jagen, dachte Marek und schaute in die Richtung, in die der ausgestreckte Arm des Kommissars wies.
»Da ist es passiert! Zumindest haben wir den Toten dort gefunden.«
Es war ein freier Platz zwischen den Schienen, aber auch durch ein kleines Haus gebaut.
Die Mitarbeiter des Kommissars hatten den Ort noch nicht verlassen. Mit der Untersuchung aber waren sie durch. Nun standen sie zusammen, unterhielten sich, rauchten und sahen aus, als wären sie dabei, allmählich zu erfrieren.
Als jemand die beiden Ankömmlinge sah, gab er den anderen Bescheid. Vier Augenpaare richteten sich auf Marek und den Kommissar.
»Was befindet sich in dem Haus dort?« fragte Frantisek.
»Nichts von Bedeutung. Nur Werkzeuge und Geräte. Zumeist wird das Haus als Pausenraum benutzt.«
»Ist der Mann dort getötet worden?«
»Nein, vor dem Haus, wo er auch noch liegt.«
»Wann ungefähr passierte das?«
»Kurz nach Mitternacht. Jemand von der Nachtschicht hat ihn gefunden, er ist beinahe über die Leiche gestolpert. Ich habe bewußt dafür gesorgt, daß der Mann erst nach unserer Besichtigung abtransportiert wird.«
»Kennt man seinen Namen?«
»Ja, aber der ist unwichtig. Früher hat der Tote hier auf dem Gelände gearbeitet.«
Mehr brauchte und wollte Marek nicht wissen. Sie stoppten ihre Schritte, als sie die Plane erreicht hatten, die über der Leiche lag. Der Kommissar bückte sich und zog sie zur Seite.
Marek starrte auf den Toten!
Er schluckte, denn dieser Mann sah wirklich schlimm aus. Er war durch einen Biß getötet worden, allerdings nicht durch einen normalen Vampirbiß, sondern durch ein Maul, in dem Zähne hatten wachsen können wie Säbel.
Das Blut hatte sogar eine dünne Eisschicht bekommen, und es sah beinahe so aus, als hätte dieses Gebiß den Kopf des Mannes vom Rumpf getrennt. Grauenvoll.
»Nun, Marek, was sagen Sie?«
»Decken Sie den Toten wieder zu. Ich habe genug gesehen.«
Das tat der Kommissar, und er erklärte seinen Leuten, daß sie die Leiche abtransportieren konnten.
Die beiden Männer aber gingen zur Seite und blieben im Schutz der kleinen Mauer stehen, wo es nicht ganz so kalt war, weil der Wind abgefangen wurde.
»Haben Sie das schon einmal gesehen, Marek?«
»Nein, nicht so.«
»Wie denn?«
»Ich kenne natürlich Vampiropfer. Ich weiß, wie sie aussehen. Ich habe die Einstiche am Hals oft genug gesehen. Sie sehen ja noch aus wie Menschen,
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