096 - In Soho regiert der Tod
gelegt zu haben.
Sie vermeinte, den Druck zu spüren, und brachte nicht mehr als ein verzweifeltes Krächzen heraus.
Da ergriff sie die Flucht, und Keenan Aprea folgte ihr. Er verschwendete keinen Gedanken an die beiden Männer, die hinter ihm her waren, konzentrierte sich nur auf sein Opfer, das ihm nicht entkommen durfte.
Die hochhackigen Schuhe behinderten Julie. Sie konnte damit nicht schnell genug laufen, und als sie umkippte, glühte ein heftiger Schmerz in ihrem rechten Knöchel auf.
Sie schüttelte die Schuhe ab. Das kostete sie Zeit, obwohl sie sich beeilte.
Der Stecher kam auf sie zu. Auf Strümpfen lief sie humpelnd weiter. Die nackte Angst war in ihrem Gesicht zu lesen.
Sie biß die Zähne zusammen und versuchte den Schmerz im Knöchel zu ignorieren.
Es war nicht so schlimm, Schmerzen zu ertragen. Schlimmer war es, sterben zu müssen.
Der bullige Killer holte auf. Julie hörte ihn hinter sich keuchen. Wie lange würde es noch dauern, bis er sie erreichte und zustach?
Seit Wochen hatte sich Julie schon überlegt, ob sie sich eine kleine Pistole kaufen sollte. Bisher war sie stets ohne Waffe ausgekommen, aber es konnte einmal eine Situation geben, wo ihr ein solches Ding sehr nützlich gewesen wäre.
An eine solche Situation hatte Julie allerdings nie gedacht.
Keenan Aprea holte sie ein. Er gab ihr einen Stoß, und sie fiel gegen die Hausmauer.
Verstört drehte sie sich um, und als sie in die glitzernden Augen des Mörders sah, entrang sich ihrer Kehle doch ein greller Schrei.
***
McDiarmid und Yates hörten den Schrei.
»Der verfluchte Mistkerl schert sich überhaupt nicht um uns!« stieß Gordon Yates hervor. »Gerade waren wir ihm noch dicht auf den Fersen, und gleich um die nächste Ecke fällt er über ein Mädchen her. Als wären wir überhaupt nicht vorhanden.«
»Komm, Gordon!« keuchte Burt McDiarmid. »Wir müssen dem Mädchen helfen.«
»Hoffentlich kommen wir nicht zu spät!«
Sie liefen durch die dunkle Straße. Yates lag bald vorn. Er bog als erster um die Ecke. McDiarmid bemühte sich, nicht zu weit zurückzubleiben.
Yates wies mit der Pistole auf einen offenen Gullyschacht. »Er entwischte uns durch die Kanalisation. Und hier kam er raus!«
Gordon Yates blieb nicht stehen. Soeben schrie das Mädchen wieder, und im nächsten Augenblick bemerkte Yates die hochhackigen Pumps, die mitten auf der Straße lagen.
Und dann sah er zwei Gestalten. Vage war zu erkennen, daß es sich um ein Mädchen und um einen Mann handelte.
Und der Mann hielt ein Messer in der Hand. Seine Linke umklammerte jetzt die Kehle des Mädchens, während er die Rechte zum tödlichen Stoß hob.
Gordon Yates' Kopfhaut spannte sich. Er federte in Combatstellung, hielt die Pistole im Beidhandanschlag, um die Treffsicherheit zu erhöhen.
Er keuchte schwer, und sein Herz trommelte wie eine Dampframme. Das blonde Haar hing ihm wirr in die schweißglänzende Stirn.
»Laß das Mädchen los!« brüllte Yates.
»Weg von dem Mädchen!« schrie Burt McDiarmid und blieb neben dem Freund und Partner stehen.
»Laß das Messer fallen!« verlangte Yates. »Das Spiel ist aus! Zwing uns nicht, auf dich zu schießen!«
Julie Hudson hing schluchzend im Griff des Mörders. Keenan Aprea zögerte einen Moment.
Aufgeben? Sollte er kapitulieren? Das kam für ihn nicht in Frage. Er hatte dieses zitternde Mädchen vor sich. Sie war ihm ausgeliefert, und er wollte ihr das Leben nehmen. Er brauchte nur zuzustechen.
Sein Mordtrieb wurde übermächtig. Er konnte nicht mehr denken, konnte sich die Folgen nicht mehr überlegen.
Das angstverzerrte Gesicht des Mädchens verschwamm vor seinen Augen. Ein roter Schleier senkte sich auf sie, und Aprea zögerte nicht länger.
Burt McDiarmid traute seinen Augen nicht. Verdammt, er tut es trotzdem! schrie es in ihm, und gleichzeitig drückte er ab.
Der Schrecken hatte ihn veranlaßt, den Stecher durchzuziehen. Gordon Yates erging es ähnlich.
Keenan Aprea wurde von beiden Kugeln getroffen. Er kippte nach vorn, ließ das Mädchen los, und sein Messer ratschte mit einem häßlichen Geräusch über die Hausmauer.
Julie Hudson sackte ohnmächtig zusammen, als Aprea sie nicht mehr festhielt. Die Panik forderte ihren Tribut.
Obwohl lebensgefährlich verletzt, fuhr der bullige Keenan Aprea kraftvoll herum.
»Verdammt, wieso geht er nicht zu Boden?« preßte Yates aufgeregt hervor. »Was hält ihn auf den Beinen?«
Der Stecher kam mit festem Schritt auf sie zu.
Für McDiarmid war die
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