0961 - Der Fluch des Kobolds
in seiner Umgebung.
Aber das stimmte nicht. Der Kobold hatte sich auf diese Art und Weise bemerkbar gemacht. Er war überrascht und wütend zugleich und richtete sich in seiner Astgabel auf. Die Krallen an den Füßen umklammerten einen Ast, damit er Halt bekam und nicht zu Boden fiel.
»Überrascht?« fragte Suko locker.
»Nein, jetzt nicht mehr.« Wieder kicherte Guywano. »Wir können mit offenen Karten spielen. Ich bin es tatsächlich. Ich bin Guywano. Ich bin der Herrscher in diesem Reich. Mir werden bald beide Hälften des Paradieses gehören. Ich habe endlich die Möglichkeit gefunden und auch die entsprechenden Helfer.«
»Deine Schatten.«
»Richtig. Sie wurden als Menschen durch mich getötet. Aber in ihnen steckte die Kraft dieses Landes, und so waren sie keine normalen Toten. Ich war in der Lage, mir ihre Seelen zu fangen, die nun als Schatten durch das Land geistern und mir gehorchen. Sie sind meine Diener, Suko, meine ersten, meine besten, und alle anderen werden folgen. Auch du gehörst zu ihnen. Ich baue mir hier etwas auf. In einem Bereich, der zur anderen Seite zählt. Ich habe ihn besetzen können. Meine Diener sind überall, und ich bin es ebenfalls.«
»Was baust du auf?«
»Es ist schon soweit. Ich habe mir alles geholt, was ich brauche. Meine Schatten waren in der Lage, und wenn ich es für richtig halte, werden sie alles wieder vernichten können. Diesmal aber endgültig, das sollte dir klar sein.«
»Ich weiß noch nichts, Guywano. Warum sprichst du weiterhin in Rätseln?«
»Tue ich das?«
»Ja. Denn ich…«
»Vergiß es«, sagte der Druidenfürst. »Du mußt es einfach vergessen. Du bist zu einem Teil dieser Welt geworden, du gehörst jetzt zu ihr, und ich weiß genau, daß du nur dann entfliehen kannst, wenn ich es für richtig halte. Aber das wird nicht der Fall sein. Ich lasse dir noch etwas Freiheit, bevor dich die anderen holen…«
Mehr wollte der veränderte Guywano nicht sagen. Suko sah, wie sich der Kobold von einem Augenblick zum anderen auflöste. Eine grüne Lichtaura zog sich dabei wie eine lange Fahne durch das Astwerk des Baumes und wurde dabei zu einer anderen Person, zum echten Guywano.
Eine geisterhafte Gestalt in einer langen, ziemlich hellen Kutte schwebte über dieser Welt. Sie hatte ein knorriges Gesicht, uralt, durchzogen von tiefen Furchen und Runzeln. In diesem Gesicht lagen die Augen wie kalte Perlen, und aus den knorrigen Händen sprühte ebenfalls grünes Licht.
Dann war er weg. Seine Welt hatte ihn verschluckt. Er war wieder zu einem Teil dieses Reiches geworden und ließ Suko allein zurück. Der mußte sich leider eingestehen, daß Guywano an Macht gewonnen hatte.
Daß er in der Lage gewesen war, sich zu verwandeln, damit hätte Suko nie und nimmer gerechnet, so hatte er seine Macht ausbauen können, und sein Plan, das gesamte Land unter Kontrolle zu bekommen, stand dicht vor der Erfüllung. Das gefiel Suko überhaupt nicht, aber er konnte nichts dagegen tun, auch wenn er es gewollt hätte.
Allein blieb er in diesem dichten, dschungelartigen Gewächs zurück. Er haßte diesen Ort der unheimlichen Begegnung und wollte ihn so schnell wie möglich verlassen.
Auf der Stelle drehte er sich um. Er dachte an seinen Wagen und schüttelte den Kopf, wenn er diese beiden so krassen Gegensätze miteinander verglich. Auf der einen Seite die uralte Magie, auf der anderen eben die Technik.
Seine Schuhe waren mit einem braunen, zähen Schlamm bedeckt. Er war froh, wieder härteren und trockeneren Boden zu erreichen, wo auch sein Audi parkte.
Guywano hatte von seiner Welt gesprochen, die er beherrschte. Das heißt, er hatte sie mit seinen Kreaturen gefüllt, die ihm sehr ergeben waren. Nach ihnen hielt der Inspektor Ausschau, bevor er die Tür aufschloß. Aber er sah sie nicht. Auch die Luft blieb rein. Es gab niemanden mehr, der auf einem Flugdrachen über die dichten Wälder und Hügel glitt. Und trotzdem steckte die Welt voller Gefahren. Der Kampf gegen den Lanzendämon war kein Traum gewesen. Da brauchte Suko nur die zerstörte Scheibe anzuschauen, deren Reste sich auf dem hinteren Sitz wie kleine Eiskörner verteilten.
Bevor er sich setzte, wischte er noch einige Glaskrümel vom Vordersitz.
Dann erst nahm er hinter dem Steuer Platz. Der Schlüssel steckte noch, und der Motor sprang auch an.
Für Suko gab es keinen anderen Weg, als nach vorn zu fahren, auch wenn sich der Weg dort verengte. Irgendwo würde es für ihn schon ein Durchkommen geben.
Er
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