0961 - Der verrückte Orbiter
Dafür hatte sich über die gesamte Körperoberfläche - mit Ausnahme der Hände und Füße - eine blaurot gefleckte Hornhaut ausgebreitet, die überall fingerdicke parizerartige Buckel aufwies.
Anscheinend hatte die von der Bauchflächenwucherung ausgehende Überschwemmung des Faltmaskenkörpers mit entarteten Zellen zu einer Veränderung des Metabolismus und dadurch zu einer fast umfassenden Metamorphose geführt.
Aus dem Knitter war etwas geworden, das einigermaßen treffend als „Panzergorillahahn" bezeichnet werden konnte.
Da diese Verkleidung auf Martappon ihren ursprünglichen Zweck nicht erfüllte, war sie wertlos geworden. Anson Argyris entschloß sich deshalb, sich von ihr zu befreien, zumal er in seiner nackten Grundform als Vario-Roboter mühelos durch die Klimaschächte schweben konnte, die für die Faltmaske zu eng waren.
Das würde es ihm außerdem ermöglichen, Olkyra zu suchen, ohne sofort aufzufallen.
6.
Da er aus Gründen, die er selber nicht herausfand, den Knitter nicht beschädigen wollte, brauchte er rund anderthalb Stunden, um sich von der nutzlosen Körpermaske zu befreien, denn sie hatte sich förmlich am eiförmigen Vario-500 festgesaugt.
Als er es endlich geschafft hatte und die auf dem Boden liegende Faltmaske musterte, stellte er verwundert fest, daß sie weiterlebte, obwohl der Kontakt zu den Versorgungssystemen- des Robot-Grundk örpers abgebrochen war.
Die Körperhöhlenöffnung, aus der er sich gezwängt hatte, schloß sich sogar wieder, dann richtete sich der „Panzergorillahahn" auf, breitete die Arme aus und tappte unbeholfen vorwärts.
Das ist unmöglich! durchfuhr es den Vario-Roboter. Der Knitter kann doch nicht autark existieren!
Aber er konnte es offenkundig doch. Möglicherweise war durch die Metamorphose eine nicht vorgesehene Ballung von Nervenmasse zu einem zentralen System erfolgt. Dann mußten sich aber auch Herz und Lunge gebildet haben, was beirn Knitter ebenfalls nicht vorprogrammiert gewesen war.
In der Enge des Hohlraums des Telekontrollsystems stieß der Knitter nach den ersten beiden Schritten mit dem metallenen Robotei zusammen. Leise grunzend betastete er es, dann wollte er es umarmen. Der Vario-Roboter zog sich hastig durch das Reparaturluk in das Ersatzteillager zurück.
Der verformte Knitter folgte ihm, verhielt sich aber keineswegs aggressiv, sondern schien nur anlehnungsbedürftig zu sein und sich zu dem Vario-Roboter hingezogen zu fühlen.
Anson Argyris vermutete, daß er im Unterbewußtsein diese Entwicklung vorausgeahnt hatte und deshalb so behutsam mit dem Knitter umgegangen war. Dennoch vermochte er es nicht zu fassen, daß aus einer unbeseelten Faltmaske ein offenbar beseeltes und autark existenzfähiges Lebewesen geworden war.
„Laß mich bitte in Ruhe!" rief er dem Knitter zu, der ihm wie ein treuer Hund auf Schritt und Tritt folgte und dabei ständig leise grunzte.
Doch der Knitter gehorchte nicht. Vielleicht konnte er gar nicht hören oder zumindest kein Interkosmo verstehen.
Kurz entschlossen verriegelte Argyris, nachdem er in den Hohlraum des Telekontrollsystems zurückgekehrt war, das Wartungsluk mit Hilfe seiner Teleskoparme.
Im selben Augenblick erfaßte sein Ortungskopf auf einem der Monitoren das Abbild Olkyras.
Die Schatten-Type schien unversehrt zu sein, aber aus der Eile, mit der sie sich bewegte, schloß der Va rio-Roboter daraus, daß sie verfolgt wurde. Aber erst nachdem sie hintereinander auf sieben Monitoren aufgetaucht war, erschien eine Gruppe von zehn Orbitern am Rand des Kontrollbereichs.
Dieselben zehn Orbiter, die vorher abmarschiert waren!
Anson Argyris erkannte, daß O1kyra das erste Versteck unbehelligt erreichen würde, falls nicht weitere Orbiter oder gar Rundumkämpfer in die Verfolgung eingeschaltet wurden. Aber wenn sie ihn dort nicht vorfand, würde sie sich nicht verkriechen, sondern das Versteck sofort wieder verlassen, um nach ihm zu suchen. Sie würde zwar mit großer Wahrscheinlichkeit seine Nachricht lesen, aber befürchten, daß er dem Suchtrupp in die Arme laufen könnte.
Er entriegelte das Wartungsluk, schob den auf der anderen Seite wartenden Knitter beiseite und schwebte aus dem Ersatzteillager. Aber draußen auf dem Korridor überlegte er sich, daß Olkyra vielleicht vor dem schwebenden Robotei davonlaufen würde, weil sie nicht wußte, daß es identisch mit dem Anson war, den sie in völlig anderer Gestalt kennengelernt hatte.
Und wenn sie vor ihm flüchtete, würde sie
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