0963 - Wächter der Blauen Stadt
das etwa Energie für den Angriff auf die Stadt sein?«, fragte er sich im Selbstgespräch. Dann sah er, dass sie sich zuerst mit Worten, dann mittels Magie bekriegten.
Auf einmal war das Dämonenmädchen verschwunden.
»Verdammt, sie wird doch nicht etwa hierher kommen!«, entfuhr es dem Wächter über die Del'Alkharam.
***
»Eine Nachricht aus der Antarktis«, murmelte Robert Tendyke überrascht.
»Aus dem am Indischen Ozean gelegenen Wilkesland«, wiederholte Sue Tyler. »Eine Funkanlage hat sich eingeschaltet und sendet nicht identifizierbare Sprüche. Sie befanden sich vor einigen Jahren in diesem Gebiet. Und die Funkverbindung wurde damals von Rico Calderone eingerichtet.«
Seine Sekretärin musste nicht mehr sagen. Tendyke schloss, von alten Gefühlen überwältigt, die Augen. Damals, im Dezember 1999, hatte er die schlimmsten Minuten seines Lebens verbracht. Er gehörte einer Expedition an, die eine Blaue Stadt in der Antarktis untersuchen sollte. Zur gleichen Zeit war der Erzmagier Amun-Re geweckt worden, der sich für seine Befreiung bedankte, indem er alle Expeditionsmitglieder tötete.
Nein, an diese Zeit und an die schlimmen darauf folgenden zwei Jahre, als er in die Spiegelwelt versetzt worden war, wollte Tendyke nicht erinnert werden.
Sue Tyler überspielte die Geräusche der Sendung aus der Antarktis. Dann brach sie das Gespräch mit ihrem Chef wieder ab.
Luc Avenge hatte sich während des Gesprächs still verhalten. Er beobachtete Tendyke genau, ihm entging nicht das leichte Zittern von dessen Händen. Jetzt galt es vorsichtig zu agieren und die Gunst des Augenblicks zu nutzen.
»Sie sind bekannt dafür, dass sie Expeditionen begleiten oder sogar anführen«, sagte der Silbermond-Druide schließlich. »Werden Sie die Antarktis besuchen?«
Tendyke öffnete die Augen und schüttelte den Kopf.
»Nein, Monsieur, das werde ich nicht«, wehrte er eine Spur zu schnell ab. »Ich bin derzeit hier unabkömmlich, die Antarktis muss warten. Es gibt Termine, die darf man nicht verschieben. Und so wichtig wird das Funksignal am Südpol nicht sein.«
Avenge presste die Lippen aufeinander und betrachtete sein Gegenüber eindringlich.
»Ich kenne Sie nicht weiter, Mister Tendyke, und bestimmt steht mir eine Meinung darüber nicht zu«, sagte er betont langsam, »aber eins weiß ich: Sie haben Angst vor der Reise in die Antarktis.«
Tendyke zuckte zusammen, er wirkte gerade so, als hätte man ihn soeben geschlagen. Er setzte sich in seinem Sessel zurück, die Stirn in Falten gelegt, den Blick in die Ferne gerichtet. Normalerweise war er als Abenteurer bekannt, und als jemand, der sich ohne zu Zögern ins nächste Wagnis begab, die nächste Karawane begleitete oder nach versunkenen Städten forschte. Das lag ihm weitaus mehr, als hier im Büro den »Sesselpupser« zu spielen, wie er schon oft und laut genug betont hatte.
Nur konnte er nicht immer dann weg, wenn ihm der Sinn danach stand. Als Firmeninhaber hatte er gewisse Regeln einzuhalten, sobald ein Abschluss bevorstand und seine Gegenwart gefragt war.
»Sie haben recht, Monsieur«, gab er schließlich nach endlos erscheinenden Sekunden zu. »Alles in mir sträubt sich dagegen, in die Antarktis zu reisen und nachzusehen, was dort passiert ist. Zu… schrecklich… sind die Erinnerungen an damals. Außerdem kann die Funkanlage nicht mehr arbeiten. Amun-Re hatte damals ganze Arbeit geleistet.«
»Wir wissen beide, dass durch Magie sehr viel möglich ist«, gab Avenge zu bedenken. »Möglicherweise auch nach so langer Zeit und nachdem der Verursacher tot ist.«
Das Stichwort Magie gab Tendyke eine Idee, wer ihm helfen könnte. Er kannte jemand, den man den Meister des Übersinnlichen nannte. Außerdem war Zamorra schon einmal an dieser Stelle in der Antarktis gewesen.
Tendyke bat Avenge um Geduld und benutzte das Transfunk -Gerät. Er rief den Code-Namen »Charlemagne« an, der für Professor Zamorra stand - an welchem Gerät auch immer er sich befand, egal ob daheim im Château Montagne oder irgendwo sonst.
Tendyke und Zamorra hatten erst vor Kurzem zusammengearbeitet, als der Professor unter Mithilfe des Vampirs Dalius Laertes Tendykes Mitarbeiter Artimus van Zant aus dem Dschungel Kolumbiens und damit aus dem Machtbereich des Vampirs El Royo befreit hatte.
Niemand meldete sich. Es kam nur die Nachricht, dass der Inhalt des Funkanrufs gespeichert und dem Empfänger so bald wie möglich zur Kenntnis gebracht werde. Gerade als Tendyke abbrechen
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