0964 - Blutfehde
aufstellten.
»Wo steckst du, Kind?«, hörte sie die Stimme ihres Vaters aus dem Hörer. Zweifellos hatte er mitbekommen, dass etwas nicht stimmte. »Was ist da bei dir los?«
Auf der Stirn des Hünen sprossen jetzt dichte stahlgraue Haarbüschel. Sein fleischiges Gesicht begann sich zu verformen, bis es vage an eine Wolfsschnauze erinnerte.
Mit einem Mal wusste Valerie, dass das Gefühl, verfolgt zu werden, keine bloße Einbildung von ihr gewesen war. Man hatte sie tatsächlich beschattet! Die Kerle mussten ihr schon seit Eastwood auf den Fersen gewesen sein!
Auch die Gefährten des Hünen hatten jetzt begonnen, sich zu verwandeln.
Das sind Werwölfe , schoss es ihr durch den Kopf. Das kann doch nur verdammter Albtraum sein!
Sie wusste, wenn sich Werwölfe nach Newcastle trauten, dann stand die Lage schlimmer, als sie es sich vorgestellt hatte.
Zu weiteren Überlegungen kam Valerie nicht. Schon fetzte sich der Koloss mit seinen krallenartigen Fingern das Shirt vom Körper und enthüllte die pelzbedeckte Brust. Gleich darauf setzte er zum Angriff an.
Valerie LaGrange ließ das Telefon fallen und sprang instinktiv einen Schritt zurück.
Warte nur, so leicht bin ich nicht zu haben , dachte sie gallig. Schließlich war sie die Tochter von Edward LaGrange und gehörte damit ebenfalls zu den Werdingos. Übergangslos leitete sie die Metamorphose ein.
Dichtes rostrotes Fell spross auf ihren Armen und Handflächen. Ihr Gesicht begann sich zu verformen, während gleichzeitig ein schmerzhaftes Ziehen in ihrem Kiefer verdeutlichte, dass ihre Zähne zu wachsen begonnen hatten.
Aber sie hatte zu spät reagiert. Schon hatte der Hüne sie erreicht und stürzte sich mit seinem ganzen Körpergewicht auf sie. Valerie stieß ein wütendes Heulen aus, als sie nach hinten stolperte und das Gleichgewicht verlor.
Die entsetzten Schreie der umstehenden Passanten nahm sie wie durch einen dichten Nebel wahr. Niemand machte Anstalten, ihr zu helfen. Aber andererseits, in den Augen der Menschen musste schließlich auch sie wie ein Monster aussehen.
»Haltet sie fest, sie darf nicht entkommen«, knurrte der Hüne. Kurzerhand hatte er sich auf die verzweifelt zappelnde Valerie gesetzt und nagelte sie mit seinem Körpergewicht am Boden fest.
Die beiden anderen Werwölfe gehorchten. Brutal packten sie Valerie an Hand- und Fußgelenken.
Der haarige Koloss auf ihr zeigte plötzlich ein schmieriges Grinsen. Übergangslos hielt er eine Spritze in der Hand, die mit einer silbrig leuchtenden Flüssigkeit gefüllt war. Ehe sich Valerie fragen konnte, worum es sich dabei handelte, rammte er ihr die blitzende Nadel tief in den Hals.
Gleich darauf wurde es Nacht um sie.
***
»Raus aus dem Wagen«, rief Zamorra, »sofort!«
Die Silberscheibe auf seiner Brust war mit einem Mal glühend heiß geworden. Gefahr war im Verzug. Dies festzustellen, hätte es allerdings nicht des Amuletts bedurft.
Das Geschöpf auf dem Dach des Fahrzeugs stieß ein schauerliches Heulen aus. Immer wieder trommelte es mit den Fäusten auf den Wagen. Das Geräusch, mit dem seine Krallen über das Metall kratzten, ging den Insassen durch Mark und Bein.
Der Parapsychologe wusste, sie mussten ins Freie. Solange sie im Wagen gefangen waren, hatten sie keine Chance, sich angemessen zur Wehr zu setzen. Er hatte den Eindruck, dass der unbekannte Angreifer in der Lage war, jeden Moment durch das Dach zu ihnen vorzudringen und dann würden sie ihm in der Enge des Fahrzeugs völlig ausgeliefert sein.
Neben ihm verlor Seagrove keine Zeit. Der Chief Inspector stieß die Fahrertür auf und stürzte hinaus. Schon hielt er seine Dienstwaffe in den Händen, um auf den unbekannten Angreifer anzulegen. Von seinem früheren Erlebnis musste Seagrove eigentlich klar sein, dass er hier mit normaler Munition nichts ausrichten konnte, dennoch begann er, mit weit aufgerissenen Augen zu feuern.
Auch Nicole und Shado stürzten hastig ins Freie, wie Zamorra aus den Augenwinkeln bemerkte. Schon zückte die Französin ihren Blaster.
»Bleib hinter mir«, zischte sie Shado zu. Im Gegensatz zu ihr war der Aborigine schließlich völlig unbewaffnet.
Auch Zamorra selbst sprang aus dem Wagen. Jetzt erst sah er den unbekannten Gegner von Angesicht zu Angesicht. Es handelte sich um eine heulende, geifernde Albtraumgestalt mit stahlgrauem Fell, die mit gefletschten Zähnen auf dem Dach des Wagens kauerte und bereit war, sich jeden Moment auf die potenziellen Opfer zu stürzen. Man konnte dem Wesen
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