0964 - Schwingen des Geistes
hochblickten. Maina folgte ihrem Beispiel.
Zuerst sagte ihr der Anblick der Sterne überhaupt nichts. Sie waren ihr fremd, und sie bildeten Konstellationen, die sie noch nie gesehen hatte. Aber langsam merkte sie, daß von ihnen eine eigene Faszination ausging. Und je länger sie ihre Blicke zwischen den blinkenden Lichtern wandern ließ, desto stärker wurde das Gefühl, daß sie dadurch eine Erkenntnis gewann, die für EDEN II von ungeheurer Bedeutung war.
Es war ein starkes metaphysisches Erlebnis, das Maina in diesem Moment hatte. Die Sternbilder waren ihr auf einmal nicht mehr fremd, sondern sie bekamen etwas Vertrautes. Wo hatte sie solche Konstellationen schon einmal gesehen?
Die Antwort war eindeutig: Noch nie. Woher dann diese Vertrautheit? Was strahlten diese Sterne aus?
Es war eine starke Beziehung zu ES. Aber die Ausstrahlung kam an sich nicht von den Sternen selbst, sondern vom Umraum.
EDEN II war am Ziel angelangt!
Das also hatte Fothus damit gemeint, daß man es keinem Konzept erklären konnte, wenn es diese Empfindung nicht selbst hatte. Fothus hatte die Erkenntnis im Sumpf der überschwemmten Wüste von Oskun gewonnen, sie, Maina, hatte erst die Hochebene von Tassuan erreichen müssen, um gemeinsam mit den einheimischen Konzepten die elementare Bindung zu ES zu erfahren, die dieser Teil des Kosmos offenbarte.
Dies hier war die eigentliche Heimat von ES. Das exakte Zentrum der Mächtigkeitsballung der Superintelligenz.
Hierher hatte EDEN II kommen müssen, damit die Konzepte ihre endgültige Bestimmung erfuhren.
Aber ES war nicht hier.
Maina fand fröstelnd in die Realität zurück.
Und mit ihr Tausende wie zu Stein erstarrte Tassuan-Konzepte.
Sie warfen alle nur noch drei Schatten, denn über Ikarien war die Nacht hereingebrochen.
BASIS
3.
„Was fällt dir ein", herrschte der Kommandant der MEGALIS die blutjunge Biologin an, „über den Bart des Alten zu lästern, während ich mit ihm in Funkverbindung stehe! „ „Aber, Hank, das war doch nur eine Redewendung", verteidigte sich Sheila Winter.
„Die in dieser Form aber erst existiert, seit Reginald Bull einen Schnauzbart trägt", erwiderte Hank Defoeld. „In Wirklichkeit heißt es Prophet statt Prolet, habe ich mir sagen lassen. Der Alte hat das bestimmt mitbekommen."
„Wenn schon", sagte Sheila leichthin. „Du hast mich ohnehin nach der ersten Silbe unterbrochen."
„Bull wird uns sein Kontra geben, wenn er an Bord kommt", sagte Hank Defoeld. „Und verlaß dich darauf, daß er auftauchen wird, wenn er meinen Bericht erst gelesen hat. Er wartet doch nur auf eine solche Gelegenheit, die BASIS verlassen zu können."
„Interessiert es dich nicht zu erfahren, was ich herausgefunden habe?" fragte die Biologin.
„Schieß los", bat der Kommandant und machte es sich in einem Kontursessel der Kommandozentrale bequem. Außer ihm und der Biologin waren nur noch drei Mannschaftsmitglieder anwesend, die jedoch mit ihren Instrumenten beschäftigt waren.
Die Korvette befand sich auf einem Gleitflug durch die Atmosphäre von Drink VII. Hank Defoeld hatte den Planeten wegen der verschiedenartigen Ammoniak-Verbindungen „Ammon" getauft - nicht zuletzt auch deswegen, weil Sheila bewiesen zu haben glaubte, daß der Planet auf dieser Basis Leben hervorgebracht hatte.
Dabei handelte es sich allerdings offenbar um eine recht primitive Lebensform von kristalliner Struktur.
Genauere Untersuchungen waren bis jetzt noch nicht möglich gewesen, weil diese Ammoniak-Kristalle unglaublich kurzlebig waren.
Fernortungen durch ausgeschickte Robotsonden hatten ergeben, daß in der Atmosphäre von Ammon riesige Gebirge solcher Ammoniak-Kulturen existierten, doch aufgrund des raschen Verfalls war es noch nicht gelungen, an ein solches Kristall-Gebirge heranzukommen und es aus der Nähe zu untersuchen. Die ganze Ausbeute ihrer Bemühungen waren einige winzige Kristalle, die Sheila aus der Atmosphäre gefischt hatte und in einem Forschungstank, in dem die natürlichen Umweltbedingungen simuliert wurden, künstlich „am Leben" erhielt.
Die Biologin zurnindest war felsenfest davon überzeugt, daß die Arnmoniak-Kristalle lebten, und sie nannte sie „Ammonier".
„Ich bin zu dem Schluß gekommen, daß die Ammonier eine gewisse Intelligenz besitzen", sagte Sheila.
„Was?" Defoeld sprang wie von der Tarantel gestochen aus dem Kontursessel. „Du bist verrückt, Sheila."
„Keineswegs", erwiderte die Biologin. „Bis jetzt habe ich die
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