0967 - Geister aus der Zukunft
anderen wieder in der Dämmerung stehen. Sie sah plötzlich das grelle Licht, sie hörte das leichte Heulen, das entstand, als das seltsame Schiff landete, und sie hatte genau den Schmerz an der Stirn gespürt, als das dritte Auge so stark erschienen war und dabei einen Druck bekommen hatte, als sollte es aus der Stirn herausgerissen werden.
Es war keine gute Zeit gewesen, aber doch entscheidend für ihre Zukunft.
Sie trieb die Gedanken zur Seite, öffnete die Augen, blieb zugleich stehen und schaute vor ihre Füße.
Der Rasen war da. Leicht verbrannt und noch nicht wieder ganz nachgewachsen.
Hier war die Grenze.
Ramona wollte auch keinen Schritt weitergehen. Nur merkte sie, daß etwas nicht stimmte. Sie spürte es in ihrem Kopf. Dort trat an der Stirn der Druck auf, und sie wußte, daß sich das dritte Auge bildete. Sie konnte es jetzt nicht beeinflussen. Andere Kräfte spielten dabei eine Rolle. Welche, die noch nicht verschwunden waren. Die anderen hatten sie eben zurückgelassen.
Ein kalter Schauer rann über ihren Rücken. Ramona wußte, daß dies kein guter Ort für sie war. Zu sehr belastet mit negativen Erinnerungen.
Sie wollte wieder zurück. Dabei drehte sie sich langsam um und hatte die Drehung noch nicht vollendet, als sie für einen winzigen Moment durch einen Lichtstrahl in den beiden normalen Augen geblendet wurde.
Es war nur ein Reflex gewesen, und er blieb auch nicht lange, aber sie hatte sich nicht geirrt.
Ihr Kopf ruckte hoch.
Sie schaute dorthin, wo sie hergekommen war. Auf ihre Augen konnte sich die Frau verlassen.
Zwar entdeckte sie keinen neuen Reflex, aber ungefähr dort, wo er aufgeblitzt war, bewegte sich das Gestrüpp.
Da war jemand!
Es gab für sie keine andere Erklärung. Der Verfolger war da. Sie stand hier auf der Fläche wie auf dem Präsentierteller und dachte wieder an den ausgebluteten Hasen.
Der Vergleich traf irgendwo zu.
Auch sie konnte abgeschossen werden wie ein Hase.
Warum nur? Warum bin ich hergekommen?
Eine Antwort auf die Frage konnte sich Ramona Sendi auch nicht geben…
***
Es gibt den gewissen Grad der Erlösung, den auch wir spürten, als wir Sukos Wohnung erreicht hatten, nach dem Aufschließen die Stimmen beider Frauen hörten, und gemeinsam tief und erleichtert aufatmeten.
Schon erschien auch Shao im schmalen Flur. Ihr Gesicht zeigte eine gewisse Anspannung trotz der Erleichterung, die sie bei unserem Anblick überkam. Sie umarmte Suko kurz, und ich bekam noch ihr Flüstern mit.
»Bin ich froh, daß ihr gekommen seid.«
»Das war doch Ehrensache.«
Ich hatte mich an den beiden vorbeigeschoben und betrat als erster den Wohnraum.
In diesem Augenblick drehte sich Thamar um, stand auf und nickte mir lächelnd zu. »Hallo, John«, sagte sie. »Ich bin froh, daß wir uns wiedersehen.«
Mein Lächeln fiel synchron mit dem Anheben der Schultern zusammen.
»Das hättest du auch einfacher haben können«, hielt ich ihr vor.
»Es ist deine Meinung.«
»Sicher.«
Wir setzten uns wieder, als auch Shao und Suko den Raum betreten hatten. Mein Freund kam direkt zur Sache und streckte vier Finger in die Höhe. »Das ist die Anzahl der Toten gewesen«, sagte er, »und wir haben ihr Sterben mit ansehen müssen.«
Thamar senkte den Kopf. Ob schuldbewußt oder nicht, konnte man offenlassen. »Ich habe es nicht gewußt.«
»Hätte es denn etwas daran geändert?« fragte ich.
»Nein!« erwiderte sie überraschend hart. »Sie haben sterben müssen. Sie hatten es verdient. Sie haben Estelle brutal getötet. Es war nur recht und billig. Ihr habt sie nicht halten können, aus welchen Gründen auch immer, aber ich habe mich darum gekümmert.«
»Recht und billig kann ich nicht gelten lassen«, hielt ich ihr vor, »aber zu ändern ist es nicht. Deshalb beschäftigt mich die Frage, wie du es geschafft hast.«
Sie deutete auf den Computer.
»Bitte?« fragte ich.
»Ja, durch ihn.«
»Stimmt das auch?« flüsterte Suko seiner Partnerin zu, die ebenso überrascht war wie ich.
Shao nickte. »Ja, sie hat es mit seiner Hilfe geschafft. Auch ich bin damit überrascht worden.«
Da Thamar unsere Blicke auf sich gerichtet sah, zögerte sie nicht, über ihren »Mord« zu reden. Freimütig berichtete sie von einem Phänomen, das uns in Staunen versetzte, aber es rieselte uns dabei kalt den Rücken hinab.
Für Laien wie wir waren diese technischen Möglichkeiten eine Utopie, und auch nicht jeder schaffte es, sie anzuwenden, aber Thamar war dazu in der Lage gewesen, und
Weitere Kostenlose Bücher