Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0968 - Die Greise von Eden

0968 - Die Greise von Eden

Titel: 0968 - Die Greise von Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adrian Doyle
Vom Netzwerk:
Karims Zunge. »So sah es jedenfalls aus. Als hätte er - Flügel.«
    »Hauch mich an.«
    Karim gehorchte.
    »Du scheinst weder etwas geraucht noch getrunken zu haben, das deine Sinne verwirrt haben könnte. Trotzdem faselst du von Dingen -«
    Aus dem Burginnern drang Säbelrasseln zu ihnen vor. Ohne Zweifel wurde gekämpft.
    Feinde mussten sich eingeschlichen oder Bewohner der Burg den Verstand verloren haben - beides war denkbar.
    Im Gegensatz zu dem, was Karim zu berichten hatte.
    Er krümmte sich unter Tariks Faust, die ihn immer noch festhielt, ihn immer noch schüttelte.
    »Ich muss mich getäuscht haben«, presste Karim hervor. »Ich bitte um Vergebung, Herr. Ich nehme jede Strafe…«
    Tarik versetzte ihm im Loslassen einen Stoß, der ihn nicht nur zurücktaumeln ließ, sondern auch zum Verstummen brachte. »Narr! Komm mit! Wir werden sehen, ob du dich getäuscht hast! Irgendetwas ist jedenfalls da - und wie es sich anhört, schlachtet es gerade alles ab, was ihm in die Quere kommt. Hör nur hin!«
    Karim deutete den Lärm ebenso wie sein Hauptmann. Gemeinsam eilten sie den vorausgeeilten Männern hinterher. Im Innenhof, unweit der Stallungen, wurde offenbar, dass es sich bei dem Widersacher der Mameluken um eben jene Gestalt handelte, die Karim vom Wehrgang der Burg aus entdeckt, dann aber aus den Augen verloren hatte.
    Der Geflügelte war umringt von geübten Kämpfern. Aber ebenso viele wie ihn noch umstanden, lagen bereits am Boden; manche zuckten wie Hühner, denen man den Kopf abgeschlagen hatte, und tatsächlich waren ihre Häupter so grausam verstümmelt, dass sie im ersten Moment gar nicht mehr vorhanden zu sein schienen. Im Heranstürmen bemerkte Karim, dass die Schädel der Bedauernswerten aussahen, als wären sie so starker Hitze ausgesetzt gewesen, dass sie auf weniger als Faustgröße geschrumpft waren - nur die Köpfe. Der Rumpf, auf dem sie saßen, wirkte im Gegensatz dazu unversehrt.
    Karim spürte ein nie gekanntes Grauen über sich kommen. Und wie ihm erging es jedem, der den Monströsen zu Gesicht bekam.
    »Was bist du bloß für ein Ungeheuer?«, keuchte Tarik, bevor er durch den Ring seiner Männer nach vorn stürmte und die ihm zugerufenen Warnungen ignorierte. Er ließ den erhobenen Krummsäbel schräg nach unten sausen, sodass die Klinge in die Halspartie des regungslos dastehenden Mischwesens aus Mensch und Vogel hätte fahren müssen , wie die Schneide einer Axt in einen zu fällenden Baum.
    Doch Karim wurde wie jeder der noch aufrecht und in Kampfhaltung dastehenden Soldaten Zeuge, wie der Säbel den schockierenden Eindringling verfehlte, ihn nicht einmal streifte, sondern einfach in den hart gestampften Boden des Hofes schlug. Vom eigenen Schwung wurde Tarik auf den Geflügelten zu getragen, und der hob wie beiläufig einen Arm, spreizte die Finger, als wollte er nach einer ihm zugeworfenen Kugel greifen - und umschloss damit stattdessen den Kopf des Hauptmanns, der im selben Moment zu schrumpfen und zu verdorren begann.
    Als sich die Hand zurückzog, sank Tarik wie vom Blitz getroffen zu Boden und blieb zu Füßen des Ungeheuers liegen.
    Die Füße…
    Karim stutzte, als er sah, wie tief sich die nackten Füße der Kreatur in den eigentlich harten Untergrund gegraben hatten. Entweder war der Boden dort aus unbekannten Gründen aufgeweicht, oder… Karim bemerkte aus den Augenwinkeln weitere Bewohner der Burg, die vom Lärm und Treiben aus dem Schlaf gerissen worden waren und nun nach dem Rechten sehen wollten. Die Ankömmlinge lenkten Karim kurz von seiner erstaunlichen Beobachtung ab. Ein jeder, der des Geflügelten ansichtig wurde, erschrak so sehr, dass er zu keiner weiteren Handlung mehr fähig schien - insbesondere nicht, nachdem klar geworden war, welche Gräuel die Kreatur halb Mensch, halb Vogel bereits ungestraft begangen hatte.
    Niemand war überraschter als Karim selbst, dass plötzlich Befehle über seine Lippen kamen.
    »Hört auf! Hört auf, ihn zu reizen! So kommen wir ihm nicht bei. Wir müssen -«
    Seine Stimme brach, als sich der feurige Blick des Ungeheuers auf ihn richtete.
    Während die anderen langsam vor dem Geflügelten zurückwichen, fühlte Karim sich dazu außerstande. Ihm war, als gingen von den Augen des Monstrums greifbare Kräfte aus, die ihn wie unsichtbare Hände festhielten. Schlimmer noch: Die Blicke schienen ihn näher auf die Kreatur zu zuziehen!
    Er stemmte sich mit aller Macht dagegen und erkannte, dass weniger körperliche Kraft gefragt war

Weitere Kostenlose Bücher