Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0968 - Die Greise von Eden

0968 - Die Greise von Eden

Titel: 0968 - Die Greise von Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adrian Doyle
Vom Netzwerk:
Komischerweise scheinst du sein Kauderwelsch aber zu verstehen. Du redest permanent auf Englisch mit ihm, so als würdest du ihm gezielt antworten. Das ist verrückt! Sag endlich, was hier los ist!«
    Bayan Saleh verschränkte die Arme vor der Brust und blickte sie auffordernd an.
    »Er versteht Englisch«, mutmaßte Nele.
    »Mag ja sein. Aber wieso verstehst du ihn, obwohl er es nicht selbst benutzt?«
    Sie zuckte mit den Achseln, vergaß vorübergehend sogar das ihrer Meinung nach viel größere Rätsel um Pauls Befindlichkeit.
    »Es war, nachdem sie uns in unserem Hotel überfielen - nachdem einer der Saleh-Brüder, ich weiß nicht einmal mehr, ob es Bayan, Zalay oder Wafa war, mich trotz meines Rückzugs in diesen geisterhaften Zustand, du weißt schon, packte und überwältigte. Als ich danach wieder zu mir kam, begann es - ohne mein geringstes Zutun. Ich verstehe ihn, obwohl ich seine Sprache nie gelernt habe.«
    »Das ist doch krank.«
    »A propos…?«
    Pauls Miene verdüsterte sich noch mehr. »Ja, scheiße, meinst du, mir gefällt das?«
    »Was?«
    »Dass ich dauernd umkippe, seit -«
    »Also liegt es doch an mir.«
    Er war kurz davor, aus der Haut zu fahren. Langsam erhob er sich, strich seine Kleidung glatt, tastete über seinen Hinterkopf. »Noch eine Beule. Tut höllisch weh. Ich flippe aus!«
    »Du hast keine Schuld«, sagte Bayan Saleh.
    »Er tut's schon wieder«, ächzte Hogarth.
    »Verstehst du ihn wirklich?« Er warf Saleh misstrauische Blicke zu.
    Nele nickte.
    »Und was sagt er?«
    »Dass es nicht meine Schuld ist - wenn ich es richtig deute. Offenbar meint er, dein… Umfallen habe andere Gründe als den Kraftentzug, den ich dir antat.«
    Paul nickte widerstrebend. »Ich fürchte, das stimmt.«
    »Du fürchtest?«
    »Ich möchte es nicht noch mal durchmachen.«
    »Was?«
    »Das Wesen«, ergriff Bayan Saleh das Wort, bevor Hogarth zu einer Erklärung ansetzen konnte, »nachdem es dich außer Gefecht gesetzt hatte, trat es aus der Wand und glitt zu diesem Mann da.« Er zeigte auf Paul. »Es berührte ihn mit seinen Schattenhänden, als würde es ihn untersuchen. Dabei erschlaffte er plötzlich und sank zu Boden. Der Schemen ließ von ihm ab und verschwand in der Wand. Er sprach kein Wort mehr und kehrte auch nicht wieder. Als ich nach deinem Begleiter sah, war er tot. Aber… er kam nach Minuten wieder zu sich. Was du gerade erlebt hast, war das dritte Mal insgesamt.«
    Nele musterte erst Paul, dann Saleh kritisch. »Das dritte Mal in welchem Zeitraum? Wie lange war ich besinnungslos?«
    »Neun Stunden«, sagte Bayan Saleh. »Das Ganze hat System. Demnach stirbt uns dieser Mann alle drei Stunden unter den Händen weg.«
    ***
    Zur gleichen Zeit, nahe Al Karak
    »Geht nun«, bestimmte der Zerfressene.
    Die drei Knaben standen ganz in seinem Bann. Sie hatten ihre Handschuhe abgestreift, und das Licht, das darunter zum Vorschein gekommen war, ließ es so aussehen, als wären ihre Hände miteinander verschmolzen.
    Hand in Hand standen sie vor dem Tor.
    Hand in Hand schritten sie vor ihrer Nemesis her.
    Das Tor war nur ein Strich, der sich vom Boden bis in den Himmel und weiter bis zum Ende des Universums zu spannen schien.
    Rami, Naru und Aun passierten nacheinander den Spalt. Ein zufälliger Betrachter hätte das Tor gar nicht zu sehen vermocht. Und erst recht nicht den Zerfressenen - es sei denn, er hätte dies gewollt. Die Kinder wiederum verschwanden einfach vor den Augen ihres Verfügers, von einem Schritt zum nächsten, als hätte es sie nie gegeben.
    So betraten drei Salehs mit klar umrissenem Befehl den einstigen Garten Eden.
    ***
    »Wo bin ich?« Nele sah sich um, während sie damit umzugehen versuchte, was Bayan Saleh gerade von sich gegeben hatte.
    »Immer noch im Haus meines Bruders Wafa.«
    »Und Wafa?«
    Bayans Gesicht überschattete sich. »Er hat sich zurückgezogen. Mit seiner Familie.«
    »Der Junge?«
    »Aun?«
    »Heißt er so?«
    Bayan nickte. »Er wurde verschleppt. Wie mein eigener Sohn und der meines Bruders Zalay auch schon.«
    Neles Blick ruhte auf Paul, während sie weiter mit Bayan sprach. »Ihr kennt dieses Wesen«, sagte sie. »Zumindest kennt es euch. Seine Worte lassen keinen anderen Schluss zu.«
    »Indirekt«, sagte Bayan. »Wir kennen es nur aus den… Überlieferungen. Aus dem, was jeder Saleh in die Wiege gelegt bekommt - zusammen mit dem Fluch, der ihn zeitlebens daran erinnert, dass jedes Wort darüber wahr ist.« Er hob seine Hände. Die Handschuhe waren aus einem

Weitere Kostenlose Bücher