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0968 - Die Greise von Eden

0968 - Die Greise von Eden

Titel: 0968 - Die Greise von Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adrian Doyle
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Leder gemacht, das Spuren großer Beanspruchung aufwies. »Letztlich geht es darum.«
    »Was ist mit deinen Händen?«, fragte Nele, die sich erinnerte, vorübergehend an einen der Saleh-Brüder gekettet gewesen zu sein und dabei die immense Macht gefühlt zu haben, die sich unter dem Leder verbarg. »Du und deine Brüder - ihr alle tragt diesen… Schutz. Ist es das? Ein Schutz? Und wenn ja, wovor genau?«
    »Alle männlichen Saleh sind damit geschlagen«, sagte Bayan. »Sie kommen zur Welt - und es beginnt. Unsere Familien sind darauf vorbereitet. Schon die Kleinsten erhalten ihren Schutz. Mit dem sie nicht sich selbst, sondern ihre Umgebung schützen. Unsere Hände können Schlimmes anrichten.«
    Nele wurde immer neugieriger, während Paul merklich ungeduldiger wurde. Er verstand nichts von alledem, was Bayan äußerte. Zwischen ihm und dem Jordanier gab es nicht dieses seltsame Band blinden Verstehens.
    »Du und deine Brüder, ihr wisst also, wer dieses Wesen ist, das euch heimsucht?«
    Bayan nickte.
    »Habt ihr ihm etwas angetan?«
    »Das würde ich so nicht sagen. Angefangen hat wohl es - der Rest war Reaktion. Man musste damals handeln, sonst wäre es das Ende aller gewesen.«
    »Ihr habt etwas, das ihm gehört.«
    Bayan zögerte, zuckte dann mit den Achseln.
    »Ich stehe auf eurer Seite - wenn ihr es verdient habt«, sagte Nele. »Paul ebenfalls, ich kann da sicher für ihn sprechen.« Sie vertröstete Hogarth mit den Worten: »Nachher. Ich erkläre dir nachher alles.«
    »Irgendetwas an dir zwingt einen ja regelrecht, Vertrauen zu dir zu fassen, alte Frau.«
    »Das ›alte Frau‹ darfst du dir gerne sparen.«
    »In unserer Kultur bedeutet Alter etwas Respekt Gebietendes.«
    Nele lächelte. »Eure Kultur gefällt mir. Dort, wo ich die meiste Zeit meines Lebens verbrachte, werden alte Menschen - und das ganz ohne Gabe - mit der Zeit unsichtbar.«
    Er blickte fragend.
    »Unsichtbar für die Jüngeren um sie herum. Meine Erfahrung. Jugend ist nur auf Jugend fixiert. Während Ältere überwiegend auch Jüngere interessiert und offen betrachten, verhält es sich umgekehrt eher bescheiden. Es ist, als würden alten Menschen durch das Wahrnehmungsraster der Jungen fallen.« Nele seufzte. »Es freut mich, wenn das bei euch anders ist und Ältere mindestens ebenso geschätzt werden wie die, die noch auf der Höhe ihrer Leistungsfähigkeit sind.«
    »Jedes Alter hat seine eigenen Schätze, sagt man bei uns.«
    Neles Lächeln vertiefte sich. »Hier könnte es mir gefallen, selbst wenn ich nicht fündig werde.«
    »Ich vergaß, du bist eine Suchende. Und behauptest, jemanden zu kennen, der…« Auf Bayans Stirn legten sich Falten. »… ungefähr zu der Zeit durch Al Karak gekommen sein muss, als es die Leute hier angriff. Hieß er nicht… Nikolaus?«
    Nele nickte. »So hieß er. Und er war meine große Liebe.«
    Sie merkte, wie diese Worte Bayans Verstand beanspruchten.
    Schließlich fragte er, als würde er die damit verbundenen Konsequenzen wahrhaftig akzeptieren: »Wie konntest du so alt werden? Ich kenne niemanden, der das sonst noch geschafft hätte.«
    »Das ist meine Geschichte, die ich dir erzählen werde, nachdem du mir deine - die Geschichte, die mit der jetzigen Bedrohung zu tun hat - erzählt hast. Meine mag interessant sein, deine ist ungleich brisanter. Immerhin geht es um mittlerweile drei Entführte, allesamt Kinder. Aber wem sage ich das? Ich sehe, wie dich die Ungewissheit quält, was aus ihnen geworden ist. Es ist deine Entscheidung, ob du mir verrätst, was dahinter steckt. Ich kann keine Wunder wirken, ich kann nur versuchen, euch beizustehen.«
    Er dachte lange über ihre Worte nach. Schließlich nickte er. »Lasst uns zu meinem Bruder gehen. Er soll dabei sein. Ich werde auch Zalay verständigen. Er muss mit seiner Familie herkommen. Alle Salehs sollten in dieser schweren Zeit unter einem Dach sein. Vielleicht können wir uns dadurch schützen. Wir sind nicht machtlos, und wir haben immer noch das Pfand.«
    »Das Pfand«, echote Nele. »Darum geht es, oder? Davon hat das Wesen gesprochen.«
    Bayan ging zur Tür. »Bleibt noch eine Weile hier. Ich rufe meine Brüder zusammen. Wenn sie einverstanden sind, sollt ihr unser Geheimnis erfahren. Rede du mit deinem Freund. Damit er auch weiß, was ihn erwartet. Um was es geht. Ihr werdet dazu kommen, sobald wir vollzählig und bereit sind.«
    Mit diesen Worten ging er.
    Nele wandte sich Paul zu und berichtete ihm, was sie von Bayan Saleh erfahren hatte

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