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0970 - In Asmodis’ Schuld

0970 - In Asmodis’ Schuld

Titel: 0970 - In Asmodis’ Schuld
Autoren: Christian Schwarz
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Kopftuch verborgen und fiel wiederum auf einen Schal, der auf ihren Schultern lag. Der Blanc bemerkte auch ganz deutlich Halskette und Ohrringe. Das unheimlichste Utensil aber war die dunkle Brille, der das rechte Glas fehlte. Sie saß leicht schief auf ihrer Nase.
    Der Beobachter grinste leicht, auch wenn gleichzeitig etwas Angst in ihm hochstieg. Das war sie also. Maman Brigitte, die mächtige Herrin der Friedhöfe und Frau von Baron Samedi. Gut so. Das war doch schon mal ein toller Anfang. Sie sah tatsächlich so hässlich aus, wie sie allgemein beschrieben wurde. Und gab sich ebenso obszön. Gerade diese Obszönität war ihr Markenzeichen, ebenso wie ihre unbändige Lust auf Rum, in dem scharfe Chilischoten schwammen. Der Blanc wusste erst seit Kurzem von ihrer Existenz und ihren Vorlieben.
    Die anderen Eingeweihten stöhnten und gaben quiekende Laute von sich. Dann setzte ein monotoner Singsang ein. »Herren des Kreuzes, tretet vor sie, damit sie euch sieht. Maman Brigitte ist krank, sie liegt danieder auf dem Rücken. Viel Gerede wird die Toten nicht beschwören. Doch die, die den Fluch ausgesprochen haben, werden auf den Knien büßen.«
    Die Mambo, wie man die Priesterin nannte, kam mit einem Krug gelaufen. Sie hieß Odette und war Medines Geliebte, das hatte der Blanc bei den Vorgesprächen mitbekommen. Odette kniete sich neben die Besessene und hielt ihr den Krug an die Lippen. Sofort lag sie still und öffnete den Mund. Die Mambo ließ den Rum hineinlaufen.
    Maman Brigitte, die den Körper des Mediums nun vollständig übernommen hatte, trank in gierigen Schlucken. »Ah, sehr gut«, grunzte sie und richtete sich auf. Dann entblößte sie die Scham des Mediums und ließ den Rest des Rums darüber laufen. Die Totenherrscherin fasste nach einer der Chilischoten und rieb sich damit Bauch, Oberschenkel und Scham ein. Als Beweis, dass sie tatsächlich hier war und die Feiernden keiner Betrügerin aufsaßen. Denn nur von ihr besessene Menschen konnten den Kontakt der scharfen Schoten mit der Haut des Genitalbereichs schmerzfrei überstehen.
    »Mama Brigitte ist gekommen!«, rief die Mambo für alle hörbar über den Friedhof.
    Vor dem Friedhof hielt in diesem Moment ein altes, rostiges Auto mit Rotlicht auf dem Dach. Zwei Polizisten stiegen aus. Einer spähte neugierig über die Umfriedungsmauer, um zu sehen, welcher Houngan heute Religion machte, während der Andere sich an der offenen Autotür festhielt. Die Gesetzeshüter Jacmels hatten sich mit den Voodoo-Priestern arrangiert. Sie bekamen einen Teil der Opfergaben ab und machten ihnen dafür keine Schwierigkeiten. Da die Houngans gewisse Tage für ihre Zeremonien bevorzugten, rissen sich die Polizisten Jacmels bei der Diensteinteilung um diese Schichten. Selbstverständlich hatten sie einen Teil der »Beute« an den Polizeichef abzugeben.
    »Wer ist es, François?«
    »Hm, keine Ahnung. Ich seh’s nicht so deutlich.«
    Ein dumpfer Ruf hallte über den Friedhof. »Maman Brigitte!«
    François wurde bleich. Zwei rasche Schritte brachten ihn zum Auto zurück. »Zombification«, flüsterte er. »Lass uns abhauen.«
    Ti-Jean sagte erst gar nichts, sondern klemmte sich sofort hinters Steuer. Mit quietschenden Reifen startete er durch und fuhr, wie von bösen Furien gehetzt, in die Stadt zurück. Mit den Unheimlichen wollten sie absolut nichts zu tun haben.
    In der Zwischenzeit wusch sich Medine die Hände mit Rum. Und nahm ebenfalls einen kräftigen Schluck. »Auf dein Wohl, Maman Brigitte«, brummte er mit tiefer Stimme. Noch im selben Atemzug stieß er einen schrillen Schrei aus, schnellte in einer unerklärlichen Bewegung hoch und begann konvulsivisch zu zucken. Wie eine Marionette, der zwei oder drei Fäden gekappt worden sind, sah das aus. Damit war ihm die ungeteilte Aufmerksamkeit des Blanc sicher.
    Der weiße Beobachter bemerkte bei dem Malfacteur das gleiche Phänomen wie zuvor bei der Frau. Plötzlich flimmerte sein Körper leicht. Aus dem Flimmern schälte sich die hochgewachsene Figur eines finster dreinblickenden Mannes mit mulattischen Zügen über einem nabellangen, weißen Vollbart. Er trug einen Zylinder und einen korrekt sitzenden schwarzen Frack. Die großen, fast kreisrunden Augen wirkten wie zwei Fenster zur Hölle. Der Blanc hatte den Eindruck, als würde ihm der Dämonische für einen winzigen Moment höhnisch zulächeln. Dann sah er bereits wieder den zuckenden Körper Medines.
    Die Mambo trat neben ihn. »Baron Samedi weilt nun auch unter
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