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0970 - In Asmodis’ Schuld

0970 - In Asmodis’ Schuld

Titel: 0970 - In Asmodis’ Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Schwarz
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gestand ihm aber zu, den Beifahrersitz benutzen zu dürfen, während normale Kriminelle in der Regel in den Fond gepresst wurden. Die Polizisten verzichteten ebenso darauf, ihm Handschellen anzulegen. Er hätte es sich auch nicht gefallen lassen.
    Die Fahrt in die Stadt verlief schweigend. Taran hatte keine Lust zu reden und die Polizisten schon zwei Mal nicht. Sie fuhren am Hafen entlang, wo Berge getrockneter Obstschalen darauf warteten, als Zutaten für verschiedene Liköre nach Frankreich verschifft zu werden. Noch waren kaum Arbeiter zu sehen. Schließlich lenkte der Anführer, der höchstpersönlich fuhr, das Auto durch verwunschen wirkende Häuserreihen, die hauptsächlich aus bunten Kolonialbauten mit schmiedeeisern verzierten Baikonen bestanden. Vom wohlhabenden Kaffeehafen, der Jacmel im 19. Jahrhundert gewesen war, war nicht mehr viel übrig. Heute nagte die Seeluft an den Herrenhäusern, die einen windschiefen Charme verströmten, weil für deren Restaurierung niemand die nötigen Gourdes besaß.
    Die Polizeistation machte da keine Ausnahme. Die Gitter vor den Fenstern waren so verrostet, dass Taran sie mit einem Ruck hätte zerbrechen können, dessen war er sich völlig sicher. Zwei Polizisten führten ihn in das muffig riechende Gebäude und ließen ihn an einem alten Holztisch in einem kleinen Raum Platz nehmen. Ein Bewaffneter stand direkt vor dem Fenster. Der Mestize wirkte ebenfalls ängstlich.
    Es dauerte zwei Minuten, bis die Tür aufging und der Polizeichef erschien. Er war gekleidet wie seine Untergebenen auch, trag aber statt des runden Hutes eine dunkelblaue Schirmmütze. Es handelte sich um einen Weißen mit einem gepflegten Menjoubärtchen und einem runden, freundlich aussehenden Gesicht. Über dem Gürtel drückte ein kleiner Bauch in die Welt hinaus. Irgendwie wirkte der Mann harmlos, wie der freundliche Nachbar von nebenan.
    Der Polizeichef Jacmels stellte sich als Boniface Alexandre vor.
    Das Amulettwesen wusste bereits, wie man sich auf dieser Welt höflich verhielt. »Angenehm. Mein Name ist Taran.«
    »Ob das hier angenehm für Sie wird, stellt sich noch heraus.« Alexandres Züge wurden plötzlich hart, fast verkniffen.
    »Was wollen Sie von mir?«
    Mit einer herrischen Handbewegung verscheuchte Alexandre den Bewaffneten aus dem Raum. Dann setzte er sich Taran gegenüber an den Tisch. Fast demonstrativ griff er an den Lauf seiner Pistole und lächelte. Es war ein kaltes Lächeln, das seine Augen nicht erreichte. »Monsieur Taran, soso. Hören Sie, meinen Leuten können Sie vielleicht Angst einjagen, mir aber nicht. Ich bin gefeit gegen diesen ganzen Humbug. Baron Samedi, Maman Brigitte, Papa Legba, Erzulie, magische Puppen, was für ein Unsinn. Nichts als abergläubisches Zeug.« Er fixierte sein Gegenüber nun mit leicht zusammengekniffenen Augen.
    Taran ahnte, woher der Wind wehte. Er lächelte, weil das Menschen in ähnlichen Situationen manchmal taten. »Aha.«
    »Ja, aha.« Alexandre setzte sich bequem in seinen Stuhl. »Wissen Sie, Monsieur Taran, ich bin gebürtiger Franzose. Aber ich lebe schon seit über drei Jahrzehnten auf Haiti. Ich habe viel vom Lebensstil und der Kultur der Haitianer angenommen. Trotzdem kann ich nicht behaupten, dass ich ein echter Haitianer geworden bin.«
    »Weil Sie nichts vom Voodoo halten.«
    Der Polizeichef nickte. Er setzte seine Mütze ab und platzierte sie sorgfältig ausgerichtet auf dem Tisch. Die Kopfbedeckung legte eine kugelrunde Glatze mit einem dünnen schwarzen Haarkranz frei. »Sie sind ein schlaues Kerlchen, Monsieur Taran. Ganz richtig ist das allerdings nicht, was Sie da gerade sagten. Schauen Sie, ich bin überzeugter Christ, so wie neunzig Prozent aller Haitianer auch. Während die aber gleichzeitig auch Voodoo praktizieren, ist meine Religion ausschließlich der Glaube an Jesus geblieben. Daran haben drei Jahrzehnte Haiti nichts geändert. Immerhin habe ich mich mit dem Voodoo arrangiert, das ist hier gar nicht anders möglich. Und eigentlich ist Voodoo ja auch gar nichts Schlechtes. Gut, es werden Tiere geopfert, aber die Houngans sind, würde ich mal so sagen, doch eher Weißmagier, die das Beste für ihre Klienten wollen und sich nicht auf verbrecherisches Zeug einlassen.«
    »So wie die Bokor, meinen Sie.«
    »So wie die Bokor, ja. Mögen Sie einen Kaffee, Monsieur Taran?«
    »Ich könnte einen vertragen, danke.«
    Alexandre klopfte auf den Tisch. Sofort erschien der Bewaffnete und ging postwendend, um den bestellten Kaffee

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