0971 - Alarm auf Martappon
Frau. Sie hielt etwas in der Hand. Es mochte eine Waffe sein.
Harden Coonor wagte es nicht, sich zu bewegen.
„Steh auf und sieh mich an!" befahl die Frau.
Coonor gehorchte. Er blickte in ein knabenhaft hübsches Gesicht mit großen, eindrucksvollen Augen und einem vollippigen Mund. Die junge Frau war von grazilem, formvollendetem Körperbau und war von einer Aura physischer Anziehungskraft umgeben, der sich so rasch kein Mann widersetzen konnte. Harden Coonor jedoch war, wenigstens in dieser Hinsicht, kein Mann. Er hatte nie das Gefühl körperlicher Zuneigung empfunden. Was er Liebe nannte - oder genannt hatte, in jenen glücklicheren Tagen, da er noch als Igsorian von Veylt das Universum durchstreifte -, war eine höchst platonische Art der Fürsorge für alle Schwachen, die unter der Drohung des Bösen zu leiden hatten, eher eine Version des Mitleids als eine Regung der Verbundenheit. Frauen gegenüber, auch wenn sie zu jenem Typ gehörten, den andere als schön bezeichneten, hatte er nie etwas Besonderes empfunden.
„Was willst du von mir?" fragte er unsicher.
Die großen, dunklen Augen der jungen Frau leuchteten „Die Erfüllung meines Traumes, weiter nichts", antwortete sie mit dunkler Stimme. „Dreh dich um und geh vor mir her."
Angesichts des undefinierbaren Objekts in ihrer Hand wagte Harden Coonor nicht, sich zu widersetzen. Er tat, wie ihm geheißen war. Die Frau dirigierte ihn durch den Wald auf einen Pfad, der zum Südrand des Parks führte.
Dort stand ein Haus. Die Frau umging es zunächst in weitem Bogen und näherte sich ihm sodann von der südwärts weisenden Rückseite. Es gab dort eine kleine Tür- dieselbe, durch die sich der Vario in der vergangenen Nacht Zutritt verschafft hatte. Die Frau warnte ihren Gefangenen: „Wenn dir dein Leben lieb ist, dann gib keinen Laut von dir!"
Sie öffnete die Tür und schob Harden Coonor vor sich her in einen finsteren Gang. Es ging um ein paar Ekken. Coonor hörte gedämpfte Stimmen. Schließlich erreichten sie einen hell erleuchteten Korridor. Die Frau -öffnete eine Tür und stieß Coonor in einen großen, behaglich eingerichteten Raum, in dessen rückwärtige Wand ein großes Fenster eingelassen war.
„So, hier wirst du es eine Zeitlang aushalten müssen", sagte sie, nachdem sie die Tür hinter sich geschlossen hatte. „Wer bist du eigentlich? Sag mir deinen Namen!"
Harden Coonor nahm allen Mut zusammen und verkündete: „Ich bin Armadan von Harpoon."
Ein verblüffter Ausdruck erschien auf ihrem Gesicht. Dann begann es, um die Mundwinkel zu zucken, und die junge Frau wäre ohne Zweifel in helles Gelächter ausgebrochen, wenn sie sich nicht im letzten Augenblick besonnen hätte, daß sie kein Aufsehen erregen wollte.
„Hör zu, das ist ein schleehter Witz", sagte sie. „Aber von mir aus sollst du deinen Spaß haben. Armadan, ich bin Engnal, und von jetzt an gehörst du mir. Setz dich auf den Boden - dort, mit dem Rücken an den Tisch!"
Der Tisch hatte eine schwere, imitierte Steinplatte, die von drei verzierten Metallsäulen getragen wurde.
Harden Coonor lehnte sich mit dem Rücken gegen eine der Säulen, ungewiß, was als nächstes geschehen sollte.
Engnal näherte sich ihm und hatte plötzlich eine dreifach geflochtene Leine in der Hand. Mit einer Geschwindigkeit, die Coonor keine Zeit zur Gegenwehr ließ, schlang sie ihm die Leine um den Leib und gleichzeitig um das schwere, metallene Tischbein.
Dann stand sie auf. Lächelnd öffnete sie die rechte Hand und ließ ein kleines Aststück fallen, das Harden Coonor bisher für den Lauf einer Waffe gehalten hatte.
„Das brauchen wir jetzt nicht mehr", sagte sie. Dann wandte sie sich an ihren Gefangenen und wurde ernst.
„Du nennst dich Armadan von Harpoon, aber in Wirklichkeit gehörst du zu den Horden von Garbesch. Ich weiß nicht, wie du nach Martappon gekommen bist, aber das kümmert mich nicht. Du bist die Erfüllung meines Traumes.
Bei mir hast du es gut, solange du dich nicht gegen mich auflehnst. Ich gehe jetzt zur Arbeit und lasse dich hier zurück. Wenn du klug bist, verhältst du dich ruhig. In diesem Haus sind zu jeder Zeit mindestens drei Personen anwesend, außer mir allesamt Männer. Sie haben keine solch verrückten Träume wie ich. Wenn sie dich finden, bist du verloren!"
Sie öffnete die Tür und schritt davon. Zurück blieb Harden Coonor, der nicht so recht wußte, wie ihm geschah, und nur dieses eine begriff: Sein erster Auftritt als Armadan von Harpoon war ein
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