0971 - Ein Galgen für Morgana
die Wangen, schloß die Augen und nahm sich die Zeit für eine kurze Meditation.
Hin und wieder tat es gut. Vor Jahren, im Kloster, war es gang und gäbe gewesen, sich in diesen Zustand zu versenken, aber auch Suko hatte der modernen Zeit, dem Job und dem damit verbundenen Streß Tribut zollen müssen. So wurde die Zeit für Meditation zwangsläufig kürzer. Dabei war es wichtig, sich ausruhen zu können, besonders in diesem Fall merkte es der Inspektor.
Er gönnte sich die wenigen Minuten und fühlte sich danach besser. Natürlich hatte er den Schmerz nicht aus seinem Kopf verbannen können, aber er litt nicht mehr so stark darunter. Der Druck war leichten Stichen gewichen.
Der Vampir war vernichtet. Er hatte seine Chance gehabt, an das Blut eines Menschen heranzukommen, er hatte sie nur nicht genutzt, und das wunderte Suko. Wenn er daran dachte, wie wehrlos er vor dem Blutsauger gelegen hatte, wurde ihm jetzt noch komisch.
Gerettet hatte ihn die Peitsche.
Sie lag auf dem Boden. Die Riemen waren ausgefahren, und in sie hinein hatte der Untote gegriffen.
Er war durch sich selbst gestorben.
Suko schüttelte den Kopf. Man lernte eben nicht aus. Das war ihm in seinem Job auch noch nicht vorgekommen, aber er mußte seiner Peitsche dankbar sein. Ohne sie wäre er verloren gewesen.
Suko hob sie hoch, ließ die drei Riemen wieder in der Öffnung verschwinden und kehrte der Hütte den Rücken.
Es war jetzt richtig dunkel geworden. Ein Nachthimmel, an dem dünne Wolken entlangzogen. In der Nähe ein See, dessen Oberfläche durch den leichten Wind ein gekräuseltes Muster bekommen hatte.
Kein Geräusch und keine fremde Bewegung waren zu hören oder zu sehen. Einsamkeit pur.
Er hatte hier nichts mehr zu suchen. Suko dachte an John und an Cursano. Mit letzterem stand noch eine Rechnung offen. Für ihn gab es keine andere Möglichkeit. Diese Person hatte ihn niedergeschlagen, um seine eigenen Pläne durchzusetzen.
Der Ort der Kraft.
Dieser Begriff spukte durch Sukos Kopf. Er wollte hin, er mußte hin, denn nur dort konnten sich die wichtigen Dinge entscheiden. Deshalb machte er sich, ohne zu zögern, auf den Weg.
***
Will Mallmann war da!
Ja, es stimmte, denn Dracula II schob sich immer näher, und er genoß dabei seinen Auftritt.
Wir beide kannten uns. Wir kannten uns schon lange. Wir wußten, was wir voneinander zu halten hatten. Zwischen uns gab es keinen Konsens. Entweder der eine oder der andere, aber nicht beide zusammen.
Zwischen uns gab es nur eine lächerliche Distanz. Aber die war trotzdem unüberbrückbar. Die Welt, in der Dracula II herrschte, war für mich tabu.
Verändert hatte er sich nicht. Sein Vorbild mußte der echte Dracula gewesen sein, zumindest der, der in den alten Filmen gezeigt worden war, denn auch Mallmann hatte sich so gekleidet. Er trug die dunklen Stoffe, zumeist Anzüge oder Mäntel mit einer besonderen Lässigkeit. Aus dem Kragen ragte stets sein bleicher Hals. Das Gesicht gehörte dem ehemaligen BKA-Beamten Will Mallmann.
Verändert hatte er sich schon. So war die Haut noch bleicher geworden. Die Augen vielleicht noch dunkler. Der Mund um eine Spur schmaler und dünner. Die Lippen bleicher. Das Gesicht wirkte blaß und blutleer.
Im krassen Gegensatz dazu standen die Augen. Tief in den Höhlen lagen sie. Sehr dunkel und mit einem durchaus düsteren Blick versehen. Es waren schlimme Augen. Keine Gnade, keine Achtung vor dem menschlichen Leben, das für ihn nur geschaffen worden war, um es zu nehmen oder zu zerstören.
Blut trinken. Menschen leersaugen und sie letztendlich in die Kette seiner Vasallen einfügen. Darauf kam es ihm an. Alles andere wollte er nicht mehr akzeptieren.
Und er besaß einen Gegenstand, auf den er sich verlassen konnte. Es war der alte Blutstein. Der machte ihn so gut wie unbesiegbar. Ich hätte diesen Stein gern in die Hände bekommen, dann wäre die Chance groß gewesen, Mallmann zu vernichten, aber das war mir leider bisher noch nicht gelungen. Einige Male war ich dicht davor gewesen. Geklappt hatte es leider nie.
Die Vampirhexe Assunga war diesmal im Hintergrund geblieben. Sie hatte Mallmann das Feld überlassen, der mich ebenso sah wie ich ihn und seinen Triumph nicht unterdrücken konnte. Sein glattes Gesicht verzog sich zu einem kalten Grinsen. Die straffe Haut sah aus wie Talk. Seine Augen waren ebenso dunkel wie die glatten Brauen darüber. Das schwarze Haar hatte er zurückgekämmt.
Nicht unbedingt typisch für einen Vampir. Mit dieser
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