0974 - What happens in Las Vegas...
hervor, erhob sich und machte einen Schritt auf den Dämonenjäger zu. »Du hältst es am Leben, Mann! Ernsthaft. Du lebst es.«
Zamorra verharrte für einen Moment vor der Bude. Er fühlte keinerlei Bedrohung von dem Typen ausgehen, weder auf direkter, noch auf magischer Ebene. Dennoch erfüllte es ihn mit Skepsis, plötzlich so unprovoziert angesprochen zu werden. Es wäre nicht das erste Mal, dass das Amulett mich in falscher Sicherheit wiegt. »Was meinen Sie?«, fragte er vorsichtig und dachte an die Zeit, in der Merlins Stern ihn mit seinen Fehlfunktionen fast das Leben gekostet hätte.
»Na, das!« Der Schmale klopfte ihm auf die Schulter, sah bewundernd an ihm auf und ab. »Dein ganzes Outfit, Mann. Weißer Anzug, weinrotes Hemd, aufgeknöpft bis zum Gehtnichtmehr. Dieses Mörderamulett! Wirklich: Ich hab Respekt vor Typen, die zu ihrer Zeit stehen.«
»Zu ihrer Zeit?«
»Ich muss ehrlich sein, Freund: Deine Siebziger haben mich nie begeistert. All dieses Disco-Gehabe, die Schlaghosen, der Glitzer, dieser Travolta-Stil! War mir immer zu glatt, zu steril. Aber sieh mich an.« Dabei deutete er zuerst an sich hinab, dann zu seiner bunt bemalten Behausung. »Ich lebe meine Zeit seit über dreißig Jahren weiter. Genau wie du, wenn ich dich so ansehe. Respekt, mein Bester.«
Zamorra unterdrückte ein Schmunzeln. Der lobt meinen Kleidungsstil. Auch mal was Neues. »Äh, ja, und Si-du? Bist du schon lange hier?«
Der alt gewordene Deadhead lachte. »Lange? Das hier ist meine Welt, Meister! Ich komme jedes Jahr, seit 1990. Und in den anderen fünfzig Wochen versuche ich, den Geist dieser Sause in mir aufrechtzuerhalten. Von der Energie zu zehren, die ich nur hier bekomme, verstehst du? Na ja, nur hier und auf Konzerten der Dead, aber damit hat sich’s ja leider! Ach, ich bin übrigens Kyle. Kyle Finnegan. Kannst mich Ky nennen, wenn du magst.«
Zamorra zögerte nicht, die ausgestreckte Hand zu schütteln. »Zamorra. Freut mich.« Denn ich hoffe, du kannst mir ein paar Auskünfte geben. »Ich bin zum ersten Mal hier. Kannst du mir ein wenig über das Festival erzählen? Über den Burning Man?«
Ky schüttelte den Kopf und schmunzelte väterlich. »Typisch Frischlinge: Ihr wollt immer alles sofort. Immer direkt zum Kern. Meister, hier geht’s nicht ums Ziel. Sondern um den Weg.«
Sein Joint drohte, auszugehen. Er zog daran, inhalierte und wollte den Selbstgedrehten gerade an Zamorra weiter reichen, als dieser dankend ablehnte.
»Die meisten, die herkommen, müssen das erst lernen«, fuhr Ky schulterzuckend fort. »Beim Burning Man geht es weit weniger um das rituelle Feuer am letzten Abend, als um das Erlebnis der gesamten Woche im Nirgendwo. Um die Erfahrung, sich völlig entfalten zu dürfen. Um persönliche Freiheit.«
»Deswegen hast du wohl auch keine Probleme mit denen da«, sagte Zamorra und deutete den beiden Polizisten hinterher, die ihre Streife die Straße hinunter fortgesetzt hatten.
Ky lachte nur. »Was? Wegen dem hier?« Er hielt seinen Joint in die Höhe. »Ganz und gar nicht. Hier draußen gelten andere Gesetze.«
Nun war es an Zamorra, zu lachen, hatte Ky doch eine Formulierung gewählt, die sich wörtlich mit der aus seinen eigenen Überlegungen deckte.
»Aber nicht für Sie, Mister! Klar?«
Der plötzliche Lärm in seinem Rücken ließ den Professor herumwirbeln. Die Tür des rotschimmernden Wohnwagens, der links neben Kys Brett- und Wellblechbude stand, war aufgeflogen. Weißer, weihrauchähnlicher Dunst drang aus der Öffnung, und zwischen Kys fröhlich-entspannte Greatful Dead -Musik mischten sich nun sphärische Meditationsklänge.
Auf der Schwelle des Wohnwagens erschien eine Frau. Sie zählte vielleicht vierzig Lenze, sah aber älter aus. Dafür sorgten schon der verbissene Ausdruck in ihrem Gesicht und die grauen Strähnen in ihrem braunen Haar, das sich hartnäckig jeder Frisur zu verweigern schien. Sie trug eine weite weiße Leinenhose und ein langärmeliges Oberteil mit Knopfleiste aus gleichem Material. Um ihre Schultern hatte sie - wohl teils als modisches Accessoire, teils als Statement - ein hellblaues Tuch gelegt, auf dem ein Sternenmuster prangte.
»Hören Sie?«, zeterte sie Ky weiter entgegen. »Für Sie gelten hier keine anderen Gesetze, Mister Finnegan! Und das da«, ihr ausgestreckter Arm fuchtelte in Richtung von Kys offenem Fenster, aus dem Jerry Garcias Gesang ins Freie dudelte, »ist eindeutig Ruhestörung! Ich habe soeben die Behörden informiert,
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