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0976 - Die Leichen der schönen Charlotte

0976 - Die Leichen der schönen Charlotte

Titel: 0976 - Die Leichen der schönen Charlotte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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schrill klingendes Splittern, als an den Wänden und an der Decke zugleich die Spiegel brachten und sich der Raum plötzlich in ein Todeszimmer verwandelte…
    ***
    Charlotte ging die Leiter hinab. Schritt für Schritt, ohne daß sie einmal ausrutschte.
    Die kleine Strecke kannte sie. Sie war Charlotte in Fleisch und Blut übergegangen. Sie war der Anfang, der sie zu einem bestimmten Ziel führen würde.
    Noch lag eine weite Strecke vor ihr. Sorgen machte sie sich deswegen nicht. Sie war allein und befand sich in der Welt, die sie zu lieben gelernt hatte.
    Die Lampe gab genügend Licht, um die unmittelbare Umgebung zu erhellen. Charlotte hatte den Kegel nach unten gerichtet, wo sich ein helles Feld abmalte, an dessen Rand etwas aufblinkte. Es war die Schneide eines Beils, das wie verloren auf dem Boden lag, als hätte es jemand hier vergessen.
    Charlotte ließ auch die letzte Sprosse hinter sich, griff dann nach dem Beil und steckte es ein. Dann erst drehte sie die Hand mit der Lampe und leuchtete in den Stollen hinein, der sich vor ihr auftat.
    Ein ins Endlos führender Tunnel mit zahlreichen schrecklichen und unheimlichen Geheimnissen, die sich in den feuchten, dicken Erdwänden verbargen.
    Die Hand mit dem Licht blieb nicht still. Das Licht tanzte. Es wurde zu einem hektischen Geisterarm.
    Wo Licht ist, gibt es auch Schatten. Die bildeten sich ebenfalls. Zumeist an der Decke des Stollens, wo riesige Fledermäuse herumzuwirbeln schienen, in die sich die Schatten verwandelt hatten.
    Charlotte ließ die Luke offen, als sie sich auf den Weg machte. Sie würde dem Stollen bis zum Ende folgen, ihrem Ziel.
    Der Tunnel war hoch genug. Sie brauchte nicht einmal den Kopf einzuziehen, und mußte auch keine Angst vor einem Einsturz haben. Er hatte lange Zeit gehalten und würde auch weiterhin Bestand haben, das stand fest.
    Es war absolut finster. Das stellte sie einsame Frau fest, als sie ihre Lampe ausschaltete. Sie kam sich vor, als wäre sie von der Finsternis aufgesaugt worden, und sie umgab zudem eine Stille, die den normalen Menschen Angst einjagte.
    Charlotte war nicht zu stoppen. Schritt für Schritt drang sie tiefer in die unterirdische Röhre. Den Atem hielt sie unter Kontrolle, und ihre Augen bewegten sich nur, wenn sie mit den Blicken den Bewegungen des Strahls folgte.
    Er zerstörte das Dunkel. Er schnitt hinein. Der helle Streifen bohrte sich hüfthoch in die Tiefe. Es war niemand da, der Charlotte störte, nicht mal eine Ratte, und selbst die Käfer hatten sich zurück in ihre Verstecke begeben, wo sie nicht durch das grelle Licht gestört wurden. Die Frau wußte genau, wo sie war, denn der Weg führte direkt auf den Brunnen zu.
    Sie lächelte.
    Es war wie immer.
    Sie würde sich das anschauen, für das sie die Verantwortung trug, und sie wußte auch, daß sie ihre große Herrin zufriedengestellt hatte.
    Manchmal, wenn sie den Stollen durchschritt, konnte sie sich vorstellen, nicht mehr auf der normalen Welt zu sein, sondern sich durch eine andere zu begeben.
    Vielleicht ins Jenseits, vielleicht in das Reich, in dem der Teufel regierte.
    Nur wollte sie dort auf keinen Fall hin. Sie war voll und ganz auf Lilith fixiert, und das würde auch bis zu ihrem Lebensende so bleiben, falls es überhaupt ein normales Ende für sie gab, denn eine Person wie Lilith war für Überraschungen immer gut.
    Keine Angst, keine Furcht, nicht mal der Hauch einer Beklemmung. Für Charlotte war diese Strecke normal. Sie stolperte nicht einmal über irgendwelche Unebenheiten oder Steine. Daß sie sich tief unter der Erde befand, stellte sie nur an der Veränderung der Luft fest. Sie schien zähflüssig geworden zu sein. Es war schwerer, Luft zu bekommen. Sie mußte sich immer mehr anstrengen.
    Das Gefühl für Zeit gab es hier unten nicht mehr. Hier regierte die Schwärze, nur unterbrochen von diesem einen Strahl, der Charlotte Sicherheit gab.
    Das Ziel war nah.
    Sie konnte es nicht sehen, aber riechen.
    Von ihm wehte ihr etwas entgegen, als wäre dieser bestialische Leichengestank von unsichtbaren Flügeln getragen. Es roch nach Moder und Verwesung. Nach Feuchtigkeit, altem Wasser und wahrscheinlich nach geronnenem Blut.
    Da lagen sie. Sie lachte rauh auf. Dieser Gefühlswallung mußte sie einfach nachgeben, denn sie trat immer dann ein, wenn ihr dieser Zielgeruch entgegenwehte.
    Die Männer, die Kerle, die gehofft hatten, sich mit ihr vergnügen zu können, um sich so ihre Befriedigung zu holen. Als sie daran dachte, umfaßte sie

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