0978 - In den Ruinen von London
Dhyarra-Kristalle 8. Ordnung ausgerüstet, dazu einem E-Blaster und als besonderen Clou die beiden Zeitringe von Merlin mitgenommen, einen für Reisen in die Vergangenheit und einen für Reisen in die Zukunft.
»Starker Tobak«, kommentierte Nicole, als sie den blau funkelnden Zukunftsstein an Zamorras linker Hand und den rot schimmernden Vergangenheitsstein an seiner rechten entdeckte. »Ich hoffe, du kommst nicht in die Situation, einen davon benutzen zu müssen. Du weißt nicht, welche Folgen die Entfaltung dieser Kräfte innerhalb des Mikrokosmos London hat.«
»Ich bin mir der Risiken bewusst. Und jetzt bitte: die Bilder!«
Er hatte sich DIN-A3-große Abzüge von Aufnahmen angefertigt, auf denen ihm irgendein Detail bekannt vorkam. Sein Gehirn brauchte Krücken für eigene Erinnerungen. Nur so würde das Wünschen zu einem Zielort, an dem er noch niemals wirklich bewusst gereist war, funktionieren.
»Komm sofort zurück, wenn du dort warst«, ermahnte ihn Nicole noch einmal eindringlich. Sie stand ebenfalls fix und fertig ausgerüstet im Gewölbe, und bei ihr war William. Auch sie waren mit E-Blastern ausgerüstet.
»Bon. Dann fang an.«
Nicole hob, außerhalb des Beetes stehend, das erste Großbild in Augenhöhe.
Zamorra konzentrierte sich darauf -und nichts geschah.
»Das nächste!«
Auch hier: keine Reaktion.
Es folgten drei weitere.
Dann… war er verschwunden. Die Stelle zwischen den Blumen, wo er gestanden hatte, war leer.
Nicole schluckte, dann drehte sie das »Erfolgsbild« so, dass sie es betrachten konnte.
William trat neben sie und studierte es ebenfalls.
»Ich schlage vor, wir warten etwa eine Minute auf monsieur le professeur«, sagte er.
Sie nickte. »Wenn er dann noch nicht zurück ist, folge ich ihm.«
Sie blickte auf ihre Armbanduhr.
Der Countdown lief…
... und die Frist verstrich.
Zamorra tauchte nicht wieder auf.
Damit stieg das Risiko für sie, ihm zu folgen, ins Unkalkulierbare.
Aber das hinderte sie nicht, es zu tun.
***
Zamorra blinzelte kurz beim Betrachten des neuen Bildes.
Und dann war das Bild weg. Ebenso wie das Gewölbe und die darin befindlichen Personen.
In komplett veränderter Umgebung fand er sich wieder.
Zwischen…
Ja, zwischen was? Das sind doch keine Regenbogenblumen! Das … Es raschelte. Zweige eines dichten Gestrüpps wurden beiseite gebogen, und eine Gestalt drängte zu ihm.
Zamorra war nicht maßlos überrascht, das Mädchen zu sehen, das er bislang nur aus Erzählungen und den Aufnahmen der Überwachungskamera im Schlossgewölbe kannte.
»Lauf nicht gleich wieder fort!«, versuchte er vorzubauen.
Das Mädchen sah ihn furchtlos an. »Ich wusste nicht, dass andere das auch können«, sagte es plötzlich.
»Was? Die Blumen benutzen?«
Das dunkelhäutige Mädchen nickte.
Zamorra fiel auf, dass seine Haut von genau demselben Schwarz war wie die Blütenkelche, unter denen er stand.
Er blickte zur anderen Seite, die nicht von Gestrüpp verstellt war, und blickte auf die Ruinen von London hinab, wo eine Wildnis wie im tiefsten Urwald Südamerikas wucherte.
Genau das war der Ausblick gewesen, der sich ihm beim beinahe missglückten Transfer von Karenja geboten hatte.
»Wie ist dein Name?«, wandte er sich an das schwarze Mädchen.
»Carrie.«
Er nickte. »Du warst auf meinem Schloss. Du weißt, wovon ich rede. Mein Name ist Zamorra.«
»Du hast einen komischen Akzent.«
»Ja, das haben schon mehr Engländer behauptet. Aber ich bin Franzose, und da spricht man mit anderer Betonung. Unsere Sprache ist… weicher. Eleganter.«
»Aha.«
»Würdest du bitte dableiben, Carrie? Ich habe ein Versprechen gegeben. Dass ich gleich noch mal dorthin zurückkehre, von wo ich aufgebrochen bin. Aber ich komme unverzüglich wieder zurück - und bringe ein paar Freunde mit.«
Carrie sah ihn an.
Dann schüttelte sie den Kopf.
»Das geht nicht.«
»Was geht nicht?«
»Du kannst nicht wieder gehen.«
»Und warum nicht?«
»Weil…«, sagte Carrie und blickte ihn mit einem Ausdruck an, der ihm schlagartig klarmachte, dass er sich nur dem äußeren Erscheinungsbild nach einem kleinen Mädchen von elf, zwölf Jahren gegenübersah, »… weil ich dich nicht mehr gehen lasse.«
Zamorra spürte einen leisen Schauder.
Er konzentrierte sich.
Das Château!, dachte er so intensiv er nur konnte. Er schloss sogar die Augen.
Aber noch bevor er sie wieder öffnete, wusste er schon, dass er sich immer noch im Beet der schwarzen Blumen und in fast greifbarer
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