0978 - In den Ruinen von London
zusammen.«
Er griente. »Da magst du recht haben.«
Sie las laut vor: »›20. November 2011. Wir sind nur der Tropfen - auf dem heißen Stein. Wir sind nur noch der Bodensatz - des Lebens. Vergessen, verlassen - von euch! Warum hilft uns niemand? Ahnt ihr denn nicht, was hier passiert? Wisst ihr denn nicht, wie zerbrechlich die Barriere ist, die euch vor IHNEN schützt? SIE können sie jederzeit überwinden. Fühlt euch nicht zu sicher. Alles, was wir bereits durchleiden, wird auch euch zuteilwerden. Es sei denn, ihr handelt endlich! Helft uns - und damit euch! Oder… FÜRCHTET DEN TAG!‹« Sie atmete tief durch. »Das hört sich ja gruselig an!«
»Damit hätte es seinen Zweck erfüllt. Es soll aufrütteln.«
»Aber wir können nichts tun. Solange wir nicht reinkommen in die Stadt…«
»Ich habe eine vage Idee, wie man vielleicht ungeschoren nach London gelangen könnte. Aber die Zeit drängt, herauszufinden, ob sie praktikabel ist.«
»Was meinst du mit: Die Zeit drängt? Weil du fürchtest, dass die Gefahr, vor der man uns zu warnen versucht, schon sehr bald akut werden könnte?«
Er schüttelte den Kopf. »Weil jedes weitere Opfer eines zu viel ist! Ich rede von den Boten, die sicherlich noch im Tagesabstand folgen werden, solange die Initiatoren nicht wissen können, dass die Botschaft bereits angekommen ist und verstanden wurde.«
***
Zamorra war nicht hypnotisierbar. Nicht einmal mit einem starken Dhyarra-Kristall. Das verkomplizierte sein Vorhaben ein wenig - beziehungsweise zwang es ihn, nach einem anderen Lösungsansatz zu suchen. Denn einfacher wäre es gewesen, in Hypnose eine genaue Skizze jenes Panoramas anzufertigen, wie es sich ihm irgendwo in London bei seinem »abgebremsten« Transfer von Karenja zur Erde präsentiert hatte.
Denn darum ging es: Er musste mit einer Toleranz von 500 Metern jenen Ort bestimmen, an dem sich ein potenzielles und bislang unentdecktes Regenbogenblumenfeld in London befand. Dann hatte er die Chance, sich dorthin versetzen zu können. Sich und andere.
Nachdem er sein Vorhaben erklärt hatte, unterstützte ihn Nicole nach Kräften, und auch William schloss sich ihnen an.
Von drei Arbeitsplätzen gleichzeitig recherchierten sie die nächsten Stunden in Dateien und im World Wide Web. Als Hilfe für die anderen hatte Zamorra zuvor mittels Stadtplan die ungefähre Richtung ermittelt, aus der er auf Tower Bridge, Big Ben, Buckingham Palace und Millennium Dome hinabgeblickt hatte.
Jetzt galt es, eine Simulation zu erstellen, die Rückschlüsse auf die Entfernung zu diesen Punkten und den möglichen Standort, den er während des »Aufenthalts« eingenommen hatte, zuließ.
Nicole fluchte schon nach kurzer Zeit ihr diesbezügliches Repertoire rauf und runter. Selbst William machte einen verbisseneren Eindruck als sonst. Nur Zamorra selbst arbeitete einfach stumm und verbissen vor sich hin, bis er - dank Tipps und Zuarbeit von zwei Seiten plötzlich rief: »Ich glaub, ich hab’s! Highgate!«
»Highgate?« Nicole schwenkte auf ihrem Stuhl zu ihm herum und flitzte dann auf den Rollen zu ihm hinüber.
William wählte den konventionellen und damit würdevolleren Weg.
Jeweils über eine Schulter Zamorras hinweg blickten sie auf das, was der Professor mit viel Geschick hingezaubert hatte.
»Highgate«, wiederholte Zamorra. »Das dürfte hinkommen. Angesichts der Perspektive, die ich hatte, würde ich ›möglichst weit oben‹ tippen. Also fast… hier.«
»Highgate Woods«, sagte Nicole.
»Treffer«, sagte Zamorra. »Ich kann mich am Rand meines Blickfeldes an Bäume erinnern, so zahlreich, dass ein bewaldetes Gebiet eher infrage kommt als ein bloßer Park.«
»Dann also Highgate Woods?«, fragte Nicole. »Und wie wollen wir sichergehen?«
»Versuch macht kluch«, erwiderte Zamorra. »Aber zuerst brauche ich Detailaufnahmen von möglichst vielen Plätzen in diesem Wäldchen!«
»Du willst dich in die Höhle des Löwen wagen? Allein?«, fragte Nicole ablehnend, »Zunächst allein. Wenn alles klappt, komme ich zurück und hole dich nach -falls du dich der Herausforderung stellen willst. Macht euch bewusst, dass da drüben etwas lauert, das womöglich mächtiger ist als alles, wogegen wir jemals gekämpft haben!«
»Wir haben die Hölle pulverisiert«, widersprach Nicole.
Zamorra nickte. »Und genau das könnte der Fehler gewesen sein.«
***
Zamorra trat nicht unvorbereitet zwischen die Regenbogenblumen. Er hatte sich mit einem der beiden verbliebenen
Weitere Kostenlose Bücher