098 - Der Kerkermeister
Es darf auch niemand wissen, wohin du ihn bringen wirst."
Coco nickte widerstrebend. Sie mußte ihr Wort halten. Langsam ging sie zur Tür.
„Rufe deine Monster zurück", sagte sie.
„Wie gefallen dir meine Diener?" fragte Olivaro. „Es sind einige besonders hübsche Exemplare darunter. Tagsüber sind sie zur Bewegungslosigkeit verdammt, doch in der Nacht wachen sie auf und gehorchen mir."
Coco antwortete nicht. Die Tür schwang auf, und sie trat in den großen Saal. Die Monster umringten sie, berührten sie aber nicht. Rasch verließ sie das Haus.
Mit einem Taxi fuhr sie in die Jugendstilvilla in der Baring Road. Trevor Sullivan und Martha Pickford hatten sich schon Sorgen um sie gemacht. Coco gab nur ausweichende Antworten auf ihre Fragen.
Sie zog sich in ihr Zimmer zurück, aß einige belegte Brote und trank eine Kanne Tee. Gegen Mitternacht telefonierte sie mit Abi Flindt. Doch er konnte ihr nichts Neues berichten. Dorian schlief die meiste Zeit.
Um sieben Uhr stand Coco auf. Auf ein Frühstück verzichtete sie. Sie holte den Mini Cooper aus der Garage und fuhr ins Hospital.
Sofort ging sie zu Dr. McClusky. Als sie ihm sagte, daß sie Dorian aus dem Krankenhaus holen wolle, wehrte er sich mit Händen und Füßen dagegen.
Coco blieb keine andere Wahl: Sie hypnotisierte den Arzt und befahl ihm, einen Krankenwagen zur Verfügung zu stellen.
Dann ging sie zu Dorian. Vor dem Zimmer saß Fred Archer, der Abi Flindt abgelöst hatte. Sie schickte Archer nach Hause und trat ins Krankenzimmer.
Dorian schlief. Sein Aussehen hatte sich kaum geändert. Das Gesicht war noch immer eingefallen, und seine Lippen waren blutleer.
McClusky gab Dorian eine Spritze. Dann betraten zwei Sanitäter mit einer Tragbahre das Zimmer, legten Dorian darauf und trugen ihn aus dem Zimmer.
Coco folgte ihnen. Sie hatte alle Dämonenbanner entfernt. McClusky versprach, daß er täglich zweimal in den Abraham Road vorbeisehen würde. Außerdem schärfte sie ihm ein, daß er keinen Menschen erzählen durfte, wohin sie Dorian bringen ließ.
Der Dämonenkiller wachte erst im Reihenhaus auf. Er merkte nicht, daß er sich nicht mehr im Hospital befand. Kurz blickte er Coco an, dann schlief er weiter.
„Gut gemacht", sagte plötzlich Olivaros Stimme. „Laß ihn noch zwei Stunden schlafen. Dann wecke ihn auf."
Niemand hätte Unga für einen Steinzeitmenschen gehalten. Er war überdurchschnittlich groß, über zwei Meter. Sein männlich schönes Gesicht war tiefbraun, und die hohen Backenknochen traten stark hervor. Sein Blick war stechend, und die meisten Menschen fühlten sich wie kümmerliche Zwerge, wenn er sie fixierte. Er war glatt rasiert und trug das pechschwarze Haar mittellang. Der gut geschnittene Anzug minderte etwas den Eindruck von geballter Kraft, der von seinem muskulösen Körper ausging.
Er war einige tausend Jahre alt. Nicht einmal er selbst wußte, wann er geboren worden war. Unga war ein Cro-Magnon-Mensch, der auf geheimnisvolle Weise die Jahrtausende überlebt hatte. Er war Hermons Diener gewesen. Hermon war jetzt als Hermes Trismegistos bekannt.
An die moderne Zivilisation hatte er sich rasch gewöhnt. Die Technik ignorierte er - oder nahm sie gelassen hin. Angst konnte ihm kaum etwas einjagen.
Seine Auffassungsgabe und Lernfähigkeit war beachtlich. Innerhalb kürzester Zeit hatte er Deutsch, Französisch und Englisch gelernt. Außerdem hatte er jedes erreichbare Buch in einer dieser Sprachen verschlungen - vor allem Nachschlagewerke. Kaum etwas erinnerte noch an den einfachen Primitiven, der er noch bis vor wenigen Wochen gewesen war. Nur gelegentlich kam seine wahre Natur zum Vorschein - meist, wenn er wütend wurde. Dann tobte er manchmal wie ein Wilder.
Als die Privatmaschine Gunnarssons zur Landung ansetzte, schnallte sich Unga an und schloß die Augen. Er dachte an die Aufgabe, die vor ihm lag. Er mußte Dorian Hunter an ihr Abkommen erinnern. Magnus Gunnarsson wurde langsam ungeduldig. Ihre Suche nach Hermes Trismegistos' Vermächtnis mußte weitergehen.
Das Flugzeug landete weich wie eine Feder. Unga löste die Gurte und stand auf. Er war der einzige Passagier an Bord. Unga wartete, bis Thor Sunderstrom, der Co-Pilot, zu ihm kam. Zusammen verließen sie das Flugzeug.
Unga hatte kein Gepäck bei sich. Gunnarsson hatte ihn mit einem isländischen Paß ausgestattet, und sie hatten keinerlei Schwierigkeiten, durch die Zoll- und Paßkontrolle zu kommen.
An die neugierigen Blicke hatte sich Unga schon
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