Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0980 - Der Fluch des dunklen Apfels

0980 - Der Fluch des dunklen Apfels

Titel: 0980 - Der Fluch des dunklen Apfels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Schwarz
Vom Netzwerk:
Tiere in Selbstentzündungen verbrannten, um aus der eigenen Asche strahlender als zuvor aufzuerstehen. Auch sonst trafen sie auf jede Menge seltsamer und wunderlicher Wesen, die sie wegen des Amuletts alle äußerst respektvoll behandelten. Die Tonkan, düstere Gesellen, begleiteten sie hoch in den Ästen bis zum Zentrum Brocéliandes, in dem der Zauberbrunnen aufragte.
    Zamorra und Nicole verharrten einen Moment, als sie vor dem größten Heiligtum des Zauberwaldes standen. Der Brunnen besaß die Gestalt einer gut zweieinhalb Meter hohen, aus Backsteinen gemauerten Röhre mit einem Durchmesser von gut drei Metern.
    Zwischen den Bäumen, die die kreisrunde Lichtung säumten, traten Tonkan hervor, sieben an der Zahl, denn nur wenige verdiente Schwarzelfen waren befugt, so dicht an den Brunnen herankommen zu dürfen. Ehrfürchtig näherten sie sich den Neuankömmlingen.
    Nicole lächelte. Sie erkannte Rollor, dem sie in letzter Sekunde aus den Klauen Buraals befreit und ihm damit das Leben gerettet hatte. Sie verneigte sich vor dem Schwarzelfen, der so gut wie keine Brandwunden mehr hatte.
    »Wie geht es dir, mein Lieber?«
    »Sehr gut, danke«, gab Rollor in der eigentümlich keckernden Sprache der Tonkan zurück. »Wie du siehst, sind kaum noch Wunden geblieben. Das hängt mit der wunderbaren Kraft zusammen, die aus dem Brunnen strömt, weißt du. Als ›Bewahrer des Brunnens‹, was ich jetzt bin, da ich mich Buraal heldenhaft entgegengestemmt habe, darf ich das Heiligtum jetzt sogar berühren. Und so kann mich dessen göttliche Kraft direkt heilen. Die Alten sagen, dass die Kraft, die aus dem heiligen Brunnen strömt, noch größer ist, seit Asmodis diesen wunderbaren Wald wieder aufgeforstet hat. Wisst ihr, sie ist so groß, dass sie sogar dem Sterben, das hier nach Merlins Tod überall eingesetzt hat, innerhalb kürzester Zeit Einhalt geboten und alles wieder neu gestaltet hat.«
    Nicole und Zamorra sahen sich kurz an. Sie nahmen diese Aussage nicht besonders ernst, da die Tonkan Asmodis als ihren Stammvater ansahen und ihn deswegen natürlich erhöhten, wo immer sie konnten.
    Sie geboten dem plappernden Schwarzelf Einhalt, indem sie Vorgaben, große Eile zu haben. Und so betraten sie den Brunnen, der die einzige Verbindung zwischen Brocéliande und Avalon darstellte. Dazu mussten sie sich nicht einmal die Brüstung hoch schwingen und sich fallen lassen, sondern es genügten die Vorstellung und ein einziger Schritt. Vorausgesetzt, man besaß Merlins Stern oder sonst wie die Berechtigung dazu. Sonst ging man in den sicheren Tod.
    Zamorra nahm Nicole bei der Hand. Sie taten den Schritt. Und fanden sich im nächsten Moment in einer zähen, gelblich schimmernden, durchsichtigen Masse wieder, in der sie sich eingeschlossen fühlten wie ein Insekt in Bernstein. Einst war das Wasser im Brunnen echt gewesen, bis es die russische Hexe Baba Yaga in ihrer grenzenlosen Gier vollkommen ausgesoffen hatte. Wiederbelebt worden war der Brunnen erst einige Jahre später durch eine von D’Halas Seelentränen. In deren fremdartiger Magie schienen sie nun zu schwimmen.
    Aber nicht lange. Nachdem sie für einen kurzen Moment das Gefühl hatten, durch den Weltraum zu fallen, vorbei an unglaublich schön leuchtenden Galaxien und Raumnebeln, materialisierten sie auch schon auf festem Boden.
    Nicole stand auf der Klippe, Zamorra saß auf dem Hosenboden. Sie streckte ihm die Hand entgegen und half ihm auf. Über ihnen leuchtete nun eine völlig andere Sonne als die, die Brocéliande beschienen hatte. Größer war sie und weißer und sie spendete angenehmere Wärme. Einen Moment lang schauten sie ergriffen über die wunderbare Bucht hinweg, die Zamorra ein wenig an die irdische Halong-Bucht in Vietnam erinnerte. Sie genossen die frische Brise, die vom Meer her wehte und pressten sich aneinander wie frisch Verliebte bei ihrem ersten Date in romantischer Umgebung.
    »Ob das Meer irgendwo abrupt aufhört?«, fragte Nicole. »Immerhin treibt Avalon zwischen den Zeiten und so schrecklich viel Inselumgebung treibt da sicher nicht mit.«
    »Keine Ahnung«, brummte Zamorra. »Ich hoffe bloß, dass die Herrin vom See uns nicht in dem Dahinter versenkt, egal, was immer es auch sein mag. Bekanntlich ist sie ja keine so gute Gastgeberin für Besucher von außen.«
    »Aber mit Merlins Stern müssten wir auch hier freien Eintritt haben.«
    »Eher geduldeten Zutritt. Na, egal.«
    Nicole lächelte, streckte die Hand in die Luft und rief das Amulett.

Weitere Kostenlose Bücher