0982 - Der Auserwählte
Mein käfigähnliches Gefängnis öffnete sich, und ich konnte hinauskriechen. Einer der Androiden reichte mir meinen Schutzanzug.
„Dank dieses Extrasinns hat er offenbar alles viel schneller verarbeitet, als das unter normalen Umständen der Fall gewesen wäre", stellte Laire fest. „Auf alle Fälle sieht es nicht so aus, als hätte er Schaden genommen."
„Abgesehen von Kopfschmerzen fühle ich mich in Ordnung", sagte ich. „Was hat das hier alles zu bedeuten?"
„Du hast wieder einen Teil deines Trainings hinter dich gebracht", erklärte mir Perry.
Ich schaute mich um, denn ich erwartete eine ähnliche Anlage zu sehen, in der Rhodan sich aufgehalten hatte. Der Terraner deutete meine Blicke richtig und sagte: „Ich bin ausgestiegen."
„Freiwillig?" fragte ich ungläubig. „Oas kann ich mir nicht vorstellen."
Er verzog das Gesicht.
„Laire hat mich überzeugt", sagte er.
Mich konnte er nicht täuschen. Vielleicht hielt er sich auf Laires Veranlassung hin zurück, aber den Plan, an meiner Stelle zu den Kosmokraten zu gehen, hatte er bestimmt nicht aufgegeben. Irgend etwas hatte sich ereignet, was ihn veranlaßte, eine andere Strategie zu wählen, und sei es auch nur, um Laire zu täuschen.
Ich zog meine Uniformkombination und den Schutzanzug an.
„Normalerweise", verkündete Laire, „müßten wir dich noch zweimal an diese Anlage anschließen. Aber ich bin nicht sicher, ob wir das riskieren können. Leider gibt es keine Möglichkeit, das Phänomen- des Extrasinns den Kosmokraten so darzustellen, daß sie es obj-ektiv prüfen können. Sie überlegen jetzt, was zu tun ist."
Rhodan lächelte breit.
„Mit anderen Worten", sagte er freundlich, „denken Sie darüber nach, wer dein Ersatzmann sein wird."
Er hatte keinen Augenblick daran gezweifelt, daß letztlich er gehen würde.
Für ihn gab es nach wie vor nur einen richtigen Mann - und das war er selbst.
*
Die nächsten Stunden vergingen damit, daß Nartus und die Androiden die Anlage untersuchten und neu justierten. Laire hüllte sich in - Schweigen. Nach seiner eigenen Aussage kommunizierte er mit den Mächten auf der anderen Seite der Materiequelle. Nur Perry schien mit der Entwicklung zufrieden zu sein. Ich hatte ihn im Verdacht, daß er Laire falsche Informationen über meinen Extrasinn gegeben hatte, und entschloß mich, das so schnell wie möglich richtigzustellen. Im Augenblick jedoch war der Roboter nicht ansprechbar.
„Ich habe einige aufsehenerregende Einzelheiten über ES erfahren", berichtete Rhodan. „Sie werden dich interessieren."
Ich traute ihm zu, ein Ablenkungsmanöver zu versuchen, aber was er mir dann berichtete, schlug mich in den Bann.
„Was könnte dieser - von ES und den Kosmokraten benutzte Ausspruch bedeuten?" rätselte ich, nachdem Rhodan geendet hatte. „Ein Unsterblicher, der bald überall sein kann - das muß doch sicher symbolisch verstanden werden."
„Ich habe verschiedene Vermutungen." Er wirkte sehr nachdenklich. „Aber sie sind widersprüchlich und verdienen daher nicht, ausgesprochen zu werden."
„Wenn du wirklich bald überall sein kannst, wird es dir auch keine Schwierigkeiten bereiten, die Materiequellen zu durchqueren und die Kosmokraten zu besuchen", sagte ich ironisch. Kaum, daß ich diese Worte gesagt hatte, bedauerte ich sie bereits. Ich durfte den Terraner in dieser Lage nicht herausfordern, das erhöhte nur seine Hartnäckigkeit.
Er bedachte mich mit einem schwer zu deutenden Blick.
„Ein eitler Bursche warst du schon immer", stellte er fest. „Ich kann auch verstehen, daß es dein Selbstbewußtsein steigert, daß die Kosmokraten dich ausgewählt haben, aber du solltest nicht vergessen, daß alles, was sie tun, nicht auf einzelne Personen bezogen ist. Du bist doch nur ihr Werkzeug."
Diese Bissigkeit war ich von ihm nicht gewohnt. Im allgemeinen pflegten wir mit größerem Verständnis füreinander zu verkehren. Daß unsere Beziehungen so getrübt waren, hatte seine Ursache in den Maßnahmen der Kosmokraten. Ich war überzeugt davon, daß sie uns bis zu einem gewissen Grad manipulierten. In den letzten Tagen hatten Perry und ich uns verschiedentlich wie zwei unreife Halbstarke verhalten, und das war sicher nicht allein auf die nervliche Anspannung zurückzuführen, unter der wir litten.
Ob es einen Sinn hatte, mit Perry darüber zu reden? Wahrscheinlich dachte er nicht viel anders über unsere Lage. Merkwürdigerweise konnten wir aus unseren Erkenntnissen keine Vorteile
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