0982 - Die Kinder der Zeitsäufer
ihm hoch.
Sorgte sich der Kerl etwa um ihn? Es geschahen noch Zeichen und Wunder!
Dylan bewegte die Finger, als spiele er Klavier. Der Schmerz hielt sich in Grenzen. Offenbar war nichts gebrochen. Er machte einen Probeschritt. Beim Auftreten schrie das Knie zwar vor Protest, aber er ignorierte es. »Geht schon. Los, weiter!«
Zamorra übernahm die Führung und leuchtete ihnen mit dem TI-Alpha den Weg.
Von unten hörten sie das Geschrei des Gosh. Anscheinend war er nicht damit einverstanden, dass sie ihn verlassen wollten.
So schnell es Dylans lädiertes Knie zuließ, eilten sie über die Galerie. Zurück zum Riss im Felsen.
»Wovor laufen wir eigentlich davon?«, fragte der Meister des Übersinnlichen, als sie den Spalt passiert hatten und im Wäldchen am Steilhang standen.
»Ich dachte vor dem… dem Dämon«, keuchte Hernandez.
Dylan blieb keine Zeit, sich über den Triumph der Bekehrung zu freuen. Stattdessen zeigte er durch die Bäume. »Nein. Davor!«
Zamorra und der Spanier drehten sich in die Richtung, die Dylan gewiesen hatte.
»Merdel«
Durch den Wald wälzte eine Welle aus Menschenleibern: die Bewohner des Dorfes Abruceta! Die vorderste Reihe mochte noch fünfzig Meter entfernt sein. Viele trugen Ketten und zusammengerollte Seile über den Schultern, anderen hielten Werkzeuge wie Hämmer und Stemmeisen.
Sie alle hatten eines gemeinsam: Obwohl ihre Augen tot und leer wirkten, waren ihre Gesichter hassverzerrt.
***
»Die sehen nicht freundlich aus«, sagte Hernandez. Er hob die Dienstpistole und zielte auf die Menge.
Zamorra drückte ihm den Arm nach unten. »Sind Sie irre? Das sind Unschuldige, die nicht mehr Herr ihres Willens sind.«
»Was schlagen Sie vor?«
»Weglaufen«, meinte Dylan.
»Guter Plan fürs Erste.«
Ansatzlos drehte sich der Schotte nach rechts weg und spurtete parallel zur Steilwand los - bis ihm nach drei Schritten das Knie mitteilte, dass es nicht gewillt war zu spurten. Er verfiel in ein Tempo, das er gerade noch durchhalten konnte, ohne vor Schmerzen zu schreien.
Er sprang über einen kleinen Graben, ignorierte die Proteste des Gelenks mit zusammengebissenen Zähnen, umkurvte einige Bäume und blieb schließlich hinter einem Gebüsch stehen. Keine Sekunde später kamen auch Zamorra und Hernandez an und gingen neben Dylan in Deckung.
»Vielleicht haben sie uns nicht gesehen«, flüsterte der Polizist.
»Woher weißt du überhaupt, dass sie hinter uns her sind?«, fragte der Professor.
Dylan erzählte von den Flüsterstimmen, die er belauscht hatte.
»Kannst du sie noch hören?«, wollte Zamorra wissen.
»Nein. Funkstille.«
»Und jetzt?« Hernandez’ Stimme hatte jegliche Selbstsicherheit und Überheblichkeit verloren.
Der Parapsychologe sah auf den E-Blaster herab. »Ich hätte nicht zögern dürfen, ihn zu benutzen und den Gosh zu vernichten. Damit hätte ich die Menschen von dem Bann befreit.«
»Noch ist es dafür nicht zu spät!«, sagte Dylan.
»Wie sollen wir an ihn herankommen, wenn er die Leute als Schutzschild benutzt?«, wandte Hernandez ein.
»Dabei wird es nicht bleiben«, gab Zamorra zu bedenken. »Wenn die anderen erst frei sind, werden sie Hunger haben! Ich kann nicht zulassen, dass ein ganzes Dorf zu Staub verwandelt wird!«
»Verdammte Zwickmühle!«
Der Professor schaltete den E-Blaster auf Betäubungsmodus.
Dylan zweifelte, dass das die Lösung darstellte. Nicht gegen eine solche Übermacht.
Er spähte an dem Gebüsch vorbei.
Und sah die Beeinflussten!
Er hatte gehofft, dass die Verfolger sie aus den Augen verloren hatten und deshalb in die Höhle gegangen waren. Für den Großteil galt das auch, doch mindestens fünfzig Mann walzten noch immer durch den Wald und auf sie zu.
Zu viele, um sie alle mit dem Blaster auszuschalten.
Unter ihnen erkannte Dylan auch den beleibten Wirt aus Abruceta. Wie war doch gleich sein Name? Peter irgendwas? Egal, er sah ohnehin nicht so aus, als ob er Lust hätte, sich so nett mit ihm zu unterhalten wie noch vor einigen Stunden.
Doch nicht nur Dorfbewohner entdeckte der Schotte. Er sah unter den hassverzerrten Grimassen auch das Gesicht von Rodrigo Santoa, dem schwatzhaften Dolmetscher.
Zamorra spähte ebenfalls um den Busch.
»Das sind gar nicht mehr so viele! Ich versuche es mit Plan B. Vielleicht können wir sie aufhalten.« Er nahm Hernandez die Pistole aus der Hand.
»Sie wollen sie doch nicht erschießen?«, stieß Hernandez hervor. »Mich haben Sie davon abgehalten und nun wollen Sie
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