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0985 - Libertys Tränen

0985 - Libertys Tränen

Titel: 0985 - Libertys Tränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Borner
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Erinnerung hatte, sondern ein lebendes, dämonisches, hochaktives Monstrum aus Stein, Metall und Höllenfeuer! Miss Liberty hatte die Arme erhoben. Fort waren Fackel und Tabula ansata. Wie eine von LUZIFER persönlich beseelte Dirigentin des Grauens stand sie auf ihrer kleinen Insel vor Manhattans Toren - und mit jeder Bewegung ihrer steinernen, riesigen Pranken bewegte sie Wind und Wellen! Wenn sie die Hand hob, nahm der Seegang zu, senkte sie sie, stürzten die Wellen in sich zusammen und versuchten, den Dämonenjäger unter sich zu begraben. Ballte sie sie zur Faust, krachte der Donner über die grauenvolle Szenerie. Und was Zamorra für Blitze aus den Wolken gehalten hatte, schien direkt aus ihren grün glühenden Augen zu kommen.
    Was… geschieht… hier…
    Der Dämonenjäger schrie innerlich, als die Unterkühlung die Oberhand gewann. Er durfte doch nicht aufgeben, musste sich wehren. Nur wer lebte, überlebte, verdammt! Und er brauchte Antworten, so viele Antworten.
    Aber die Bay und ihre höllische Herrscherin waren stärker. Schon verschwamm die Wirklichkeit vor Zamorras Augen. Die Abstände zwischen seinen Atemzügen wurden länger und länger. Und irgendwann - es mochte Sekundenbruchteile oder Ewigkeiten danach sein - gab auch sein Geist, seine stärkste Waffe überhaupt, auf. Dankbar, endlich die Ruhe zu erhalten, die das Schwarz jenseits der grausamen Realität versprach.
    Professor Zamorra, der Meister des Übersinnlichen, versank in den Fluten…
    ***
    ... und erwachte!
    Der Schrei, der von den dunklen Wänden, die ihm umgaben, widerhallte, riss ihn zurück in die Wirklichkeit. Erst dann begriff er, dass er selbst ihn ausgestoßen haben musste.
    »Was? Cherie, was ist los?«
    Nicole. Er musste sie geweckt haben, und im Gegensatz zu ihm, der noch vollends in seiner Verwirrung gefangen war, reagierten ihre Instinkte vorbildlich. Trotz der nachtschlafenden Stunde und der Tatsache, dass er sie aus tiefstem Schlummer gerissen hatte, war seine schöne Gefährtin so alert und kampfbereit, als wäre helllichter Tag.
    »Nichts, nichts«, keuchte er entschuldigend und sah ihr ins besorgte Gesicht. »Schlaf weiter. Ich… Ich hab nur schlecht geträumt.«
    Sie entspannte sich sichtlich, machte aber keinerlei Anstalten, sich wieder hinzulegen. Die Sorge in ihrem Blick wich nicht Müdigkeit, sondern Tadel. »Von Spanien? Cherie, ich hab dir doch gesagt, dass wir darüber reden sollten, was in Granada geschah. Kein Wunder, dass es in dir brodelt. Die Sache mit Dylan…«
    Zamorra schüttelte den Kopf. »Es war nicht Dylan. Und nicht Granada. Zumindest bezweifle ich, dass es einen Zusammenhang dazu gab.«
    Nicole setzte sich aufrecht hin. Die Decke glitt von ihrem Oberkörper ab, sodass die verlockenden Brüste sichtbar wurden. Wie üblich, schlief sie hier im Château Montagne nackt - eines der vielen Geschenke, die das Leben an ihrer Seite für Zamorra bereithielt. »Erzähl.«
    Er blinzelte. »Was?«
    »Na, von deinem Traum. Wenn’s nichts mit der jüngsten Vergangenheit zu tun hat, würde mich interessieren, womit dann.«
    »Es war ein Traum, Nici.«
    Sie nickte spöttisch. »Mhm, und bei jedem anderen Menschen würde ich ihn ebenso schnell abtun wie du. Aber nicht beim Meister des Übersinnlichen. Also: Solltest du in dieser Nacht überhaupt noch mal schlafen wollen, empfehle ich dir dringend, den Mund aufzumachen, Monsieur. Andernfalls löchere ich dich so lange mit Fragen, bis Madame Claire den Frühstückskaffee aufsetzt.«
    Er seufzte. Auch das war Nicole: Wenn sie wollte, konnte sie sturer sein als der sturste Sturkopf. Doch meist hatte sie recht, wenn sie so handelte.
    »Ich war in New York und…«
    »Ahal«, rief sie aus. »Also doch jüngere Vergangenheit. Ich hab nur auf den falschen Schauplatz getippt.«
    »Ich sagte Traum, Nici. Du erinnerst dich? Nur ein Traum.«
    »Gestatten, Nicole Duval. Erinnerst du dich? Ich bin schlau - und ich kenn dich. Besser als du.« Sie schüttelte ihr Kissen auf, setzte sich dagegen und verschränkte die Arme vor der verlockenden Brust. »New York. Weiter?«
    Mit wenigen Worten beschrieb er ihr, woran er sich noch erinnern konnte. Viel war es nicht.
    Als er geendet hatte, sah sie ihn an, und in ihren Augen funkelte es entschlossen.
    »Ich bin keine Therapeutin, aber wenn du mich fragst, ist die Sache sonnenklar.«
    »Ach ja?«
    »Ach ja. Dein Kopf mag es als Unsinn abtun, aber dein Bauchgefühl suggeriert dir gerade ziemlich deutlich, dass es zwischen den

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